Überblick

Nagelsmann-Entlassung: Kimmich und Goretzka machen aus ihrem Ärger keinen Hehl

Die Bayern-Stars Kimmich und Goretzka bedauern das Aus von Nagelsmann in München. "Wenig Liebe, wenig Herz."


Zwei, die das Nagelsmann-Aus schwer getroffen hat: Leon Goretzka (l.) und Joshua Kimmich.

Zwei, die das Nagelsmann-Aus schwer getroffen hat: Leon Goretzka (l.) und Joshua Kimmich.

Von Patrick Strasser

München - Thomas Tuchel spricht aus Erfahrung. Er hat schon ein paar Entlassungen verdauen müssen, ist etwa beim FC Chelsea im Januar 2021 ebenfalls mitten in der Saison eingestiegen. Wie nun Julian Nagelsmann beim FC Bayern vor den zwei entscheidenden Monaten, in denen er das Triple gewinnen oder in allen drei Wettbewerben scheitern kann.

Zunächst aber gilt es für den 49-Jährigen, knifflige zwischenmenschliche Aufgaben zu bewältigen. Denn der am Freitag entlassene Vorgänger Nagelsmann (35) ist noch nicht aus der Gedankenwelt der Bayern-Profis, die größtenteils bei ihren Nationalteams weilen. "Es werden jetzt auch nicht alle Spieler super-happy sein. Das ist ganz normal", sagte ein tatendurstiger Tuchel bei seiner Präsentation in der Allianz Arena.

"Es passiert ein großer Umbruch, wenn der Cheftrainer geht in der entscheidenden Saisonphase. Da kann Unsicherheit entstehen", meinte der gebürtige Coburger, "am allerschnellsten fasst man Vertrauen, wenn man auf den Platz geht." Was vor Tuchels brisantem Debüt gegen Borussia Dortmund am Samstag (18.30 Uhr) erst am Donnerstag in Kleingruppen und am Freitag mit dem gesamten Team möglich sein wird.

Die Schattenseiten der abrupten Entscheidung, sich nach 21 Monaten von Nagelsmann zu trennen, bekamen die Bayern-Bosse schon am Samstagabend zu spüren. "Am Ende des Tages ist so das Geschäft: Wenig Liebe, wenig Herz. Wir müssen lernen, damit umzugehen und auch mit der Entscheidung zu leben", sagte ein DFB-Kapitän Joshua Kimmich nach dem 2:0 der Nationalelf im Länderspiel gegen Peru am ZDF-Mikrofon.

In Abwesenheit des verletzten Manuel Neuer und des nicht immer eingesetzten Routiniers Thomas Müller war Kimmich auch bei Bayern oft Kapitän - dazu Nagelsmanns wichtigster Ansprechpartner und verlängerter Arm auf dem Platz. Allerdings wollte der 28-Jährige mit seinen Worten den Zustand des Fußball-Geschäfts im Allgemeinen verstanden wissen, nicht als Kritik an der Vereinsführung. Wenig Liebe, wenig Herz - andererseits Trauer und Trotz, die Schattenseiten des Jobs.

Später erklärte Kimmich seine Aussagen in den Katakomben der Mainzer Arena. Die Härten des Geschäfts "mussten schon viele von uns am eigenen Leib erfahren. Dementsprechend muss man immer wieder probieren, damit umzugehen und irgendwie daraus lernen. Das sind Entscheidungen, die getroffen werden. Es ist nicht immer so, dass es schön für einen ist, aber so ist das Leben nun mal nicht." Auch Leon Goretzka fand ehrliche Worte des Bedauerns über den Trainerwechsel, sprach von einem "Schock". Es sei "extrem in diesem Geschäft, wie schnell so was gehen kann. Wir haben eine sehr enge Beziehung zu Julian gepflegt. Wahrscheinlich habe ich ihn häufiger gesehen als meine Familie."

Bayerns Sportvorstand Hasan Salihamidzic hatte Nagelsmanns Demission unter anderem damit begründet, dass "die Konstellation zwischen Trainer und Mannschaft" nicht mehr gepasst habe - im Fußballer-Sprech: Er hat die Kabine verloren. Kimmich entgegnete: "Das war jetzt nicht so, dass es sich intern in der Kabine angedeutet hat, weil die Spieler unzufrieden waren." Andererseits steht Kimmich auch nicht für die Sichtweise der gesamten Mannschaft. Goretzkas Einschätzung klingt realistisch: "Ich wäre doof, wenn ich meinem Chef widersprechen würde. Ich persönlich hatte keine Risse zu Julian, aber ich weiß nicht, wie das bei anderen Spielern war."

Klingt danach, dass noch eine größere Aufarbeitung von Nöten sein wird.