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Helmer im AZ-Interview: "Thomas Müller hat einige Nackenschläge abbekommen"

Der frühere Bayern-Kapitän spricht im AZ-Interview über das Münchner Urgestein und die Klubführung: "Ich würde mit Kahn und Brazzo weitermachen."


Vertrag bis 2026 beim FC Bayern: Sportvorstand Hasan Salihamidzic.

Vertrag bis 2026 beim FC Bayern: Sportvorstand Hasan Salihamidzic.

Von Interview: Maximilian Koch

AZ: Herr Helmer, Thomas Müller wird unter Trainer Thomas Tuchel derzeit nur als Joker eingesetzt. Kann diese Konstellation über das Saisonende hinaus überhaupt funktionieren beim FC Bayern?

THOMAS HELMER: Es sieht aktuell nicht so aus, dass Thomas Müller unter Thomas Tuchel unangefochten ist. Und wenn Müller nicht spielt, wird es immer Probleme geben. Er kann natürlich nicht zufrieden sein mit dieser Situation.

Zumal Müller auf die EM 2024 im eigenen Land schielt und dafür Spielpraxis braucht. . .

Genau. Es ist logisch, dass Müller dieses Turnier noch spielen möchte - womöglich als Abschluss seiner Karriere. Dafür müsste sich seine Lage bei Bayern aber verbessern. Wenn man sich das Jahr 2023 anschaut, ist es schon so, dass Müller einige Nackenschläge abbekommen hat. Beim Spiel in Gladbach - noch unter Coach Julian Nagelsmann - ist er ganz früh in der ersten Halbzeit ausgewechselt worden, nachdem Dayot Upamecano mit Rot vom Platz geflogen ist. Nun erlebt er diese Serie mit mehreren Spielen, in denen er nur von der Bank kommt. Und das, obwohl Eric Maxim Choupo-Moting die meiste Zeit verletzt ausgefallen ist. Da wird man nachdenklich, das wird bei Müller derzeit auch so sein.

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Stark in der Kritik: Vorstandschef Oliver Kahn. Fotos: Sven Hoppe/dpa

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Sehen Sie Müller nach seiner aktiven Karriere in einer Führungsposition bei Bayern?

Der Typ Thomas Müller ist ein Aushängeschild für den FC Bayern, ein absoluter Sympathieträger. Selbst wenn er am Ende seiner Karriere zu einem anderen Verein wechseln sollte, könnte er immer zurückkommen. Müller wird man immer mit dem FC Bayern verbinden. Da kann gar nichts mehr passieren. (lacht)

Vielleicht wird Müller in der Führung ja schneller gebraucht, als gedacht. Am 30. Mai berät der Bayern-Aufsichtsrat über die Zukunft von Oliver Kahn. Sollte man Kahn weiter das Vertrauen aussprechen?

Ich habe Oli am Samstag beim Spiel in Bremen getroffen, das war ganz lustig. Das Erste, was er zu mir sagte, war: "Ich habe gehört, du hast gesagt, ich soll mehr kommunizieren." Da habe ich geantwortet: "Ja, mach das doch mal!" Das war ganz nett. Ich möchte hier mal eine Lanze für Oli und Brazzo (Sportvorstand Hasan Salihamidzic, d. Red.) brechen: Die Fußstapfen von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge sind ja gar nicht auszufüllen, machen wir uns doch nichts vor. Ich würde Olli und Brazzo weitermachen lassen, wenn ich im Aufsichtsrat wäre. Die Chance haben sie auf jeden Fall verdient. Vielleicht ist es manchmal auch gut, wenn man mal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird, weil alles nicht so reibungslos läuft wie in den Jahren zuvor. Dann muss man eben wieder mehr investieren. Klar: Momentan ist die Situation nicht so, wie man sie bei Bayern gewohnt ist. Aber das kann auch eine Chance sein.

Im Kader wird es Veränderungen geben, Priorität hat ein neuer Top-Stürmer. War es ein bisschen naiv, ohne Ersatz für Robert Lewandowski in diese Saison zu gehen?

Der Hauptgrund für die derzeitige Situation des FC Bayern ist sicher, dass zwei Weltklassespieler weggebrochen sind: Ganz hinten Manuel Neuer im Tor und ganz vorne Robert Lewandowski im Angriff. Für Neuers Verletzung konnten die Verantwortlichen natürlich nichts. Aber für Lewandowski keinen Nachfolger zu holen, war ein Fehler. Da hätte ein Hochkaräter kommen müssen, das hat Bayern versäumt. Ganz klar.

Nun wird der Frankfurter Randal Kolo Muani als Neuzugang gehandelt. An dem Franzosen ist auch Paris Saint-Germain interessiert. Würde Kolo Muani zu Bayern passen?

Zunächst einmal ist Bayern in einer schlechten Position, weil alle Vereine wissen: Die brauchen jetzt jemanden im Sturm. Kolo Muani finde ich persönlich sehr gut. Körperlich kann er vielleicht noch zulegen, aber das sollte kein Ausschlusskriterium sein. Lewandowski hat sich in diesem Bereich auch noch entwickelt im Laufe seiner Karriere.

Aus der Bundesliga wird zudem Leipzigs Dani Olmo mit den Bayern in Verbindung gebracht. Würde der Spanier Bayern helfen?

Olmo ist ein sehr guter Spieler. Er fliegt sogar noch unter dem Radar. Olmo spielt auch in der spanischen Nationalmannschaft stark, er hat die Qualität, um auch bei Bayern klarzukommen. Er wäre definitiv eine gute Verstärkung.