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Thomas Müller: Ein bekennender Roter

Thomas Müller kontert die Gerüchte, dass er die Bayern aufgrund mangelnder Wertschätzung verlassen will: "Nur der FCB!" Und Oliver Kahn sagt: "Er ist für das ganze Gebilde unheimlich wichtig"!


Macht er sich Gedanken über seine Bayern-Zukunft? Thomas Müller, das Urgestein beim Serienmeister.

Macht er sich Gedanken über seine Bayern-Zukunft? Thomas Müller, das Urgestein beim Serienmeister.

Von Matthias Kerber

München - Seinen Stammplatz hat er verloren, seinen Humor aber zumindest noch nicht. Thomas Müller, der notorische Gaudi-Bursch des FC Bayern, versucht, alle Gerüchte um seine Zukunft im Verein, dem er seit dem Jahr 2000 angehört, seine vermeintliche Wechselwilligkeit angesichts seiner wenig amüsanten Bankdrücker-Rolle unter Neu-Trainer Thomas Tuchel wegzuschmunzeln.

Humorige Urigkeit ist eine Kernkompetenz des Ur-Bayers. Einen Tag nachdem die Springer-Presse veröffentlicht hatte, dass Müller, der in neun Partien unter Trainer Thomas Tuchel, der am 25. März den geschassten Julian Nagelsmann ersetzt hatte, nur vier Mal in der Start-Aufstellung gestanden war, darüber nachdenkt, seiner sportlichen Heimat den knochigen Rücken zu kehren, konterte Müller in bester, valentinesker Freigeist-Mentalität.

Macht er sich Gedanken über seine Bayern-Zukunft? Thomas Müller, das Urgestein beim Serienmeister.  Fotos: Frank Hörmann/imago "Wenn du Zeitung lesen könntest, King D'avie!": Müller mit Pferd.  Facebook: www.esmuellert.de

Macht er sich Gedanken über seine Bayern-Zukunft? Thomas Müller, das Urgestein beim Serienmeister. Fotos: Frank Hörmann/imago "Wenn du Zeitung lesen könntest, King D'avie!": Müller mit Pferd. Facebook: www.esmuellert.de

Auf seinen Social-Media-Kanälen postete Müller, der sich laut "Sport Bild" über mangelnde Wertschätzung im Verein mokiert, ein Foto von sich, wie er entspannt lächelnd neben einem Pferd auf seinem Gestüt Gut Wettlkam kniet. Dazu textet er: "Wenn du Zeitung lesen könntest, King D'avie!" Die Worte garnierte er noch mit den Hashtags #jetztwirdsdannlangsamwild, #vollerfokusaufdieschale, #nurderfcb.

Müller mit einem Treueschwur - auch, wenn man die Worte schon auf diese Saison beschränkt lesen kann (wenn man das will). Müller ist - und bleibt - sofern man ihn lässt - bei seiner großen (fußballerischen) Liebe. Schon als Kind schlief er in Bayern-Bettwäsche. Als er zehn war, ging sein Herzenswunsch in Erfüllung, er wechselte vom TSV Pähl zu den Bayern, die Säbener Straße war seit dem seine sportliche Heimat. Seit 23 Jahren hält diese Liaison, in der Müller zu einem Weltstar reifte, an. Eine beiderseitige Treue, die in einem Gewerbe, das von Untreue und verlogenen Bekenntnissen nur so strotz, fast unter Artenschutz gestellt gehört.

439 Mal spielt er in der Liga für die Bayern (143 Tore), 144 Mal in der Champions League, 64 Mal im Pokal. Elf Mal war er Deutscher Meister, sechs Mal DFB-Pokalsieger, zudem zwei Mal Champions-League-Sieger.

Aber wie sieht es tief drinnen in Müller aus? Wie denkt er über die geringe Spielzeit, die angeblich mangelnde Wertschätzung? Vorstandschef Oliver Kahn schloss vorsorglich einen Wechsel des Fanlieblings aus.

"Das wird nicht passieren. Thomas ist für das ganze Gebilde unheimlich wichtig", sagte Kahn der "Sport Bild". Sollte Müller, dessen Vertrag bei Bayern 2024 ausläuft, einen Wechsel-Wunsch äußern, "würde ich ihm das mit aller Deutlichkeit ausreden", Kahn ist sich "sicher: Thomas wird noch sehr viele Spiele für uns machen."

Doch klar ist auch: Die Liebesbeziehung Müllers zu den Bayern ist auf eine harte Probe gestellt. Müller, der unter dem damaligen Trainer Louis van Gaal 2010 einen Freifahrtsschein erhalten hatte ("Müller spielt immer"), spielt eben nicht nur nicht immer, sondern immer weniger.

Er, der unter Ex-Coach Niko Kovac aufs Abstellgleis geschoben worden war ("wenn Not am Mann sein sollte, wird er auch seine Minuten bekommen"), ehe die Bayern 2019 Kovac ein Ticket für den "Zug ins Nirgendwo" buchten und den Trainer feuerten, muss regelmäßig auf der Bank Platz nehmen- Oder wird wie unter Tuchel-Vorgänger Julian Nagelsmann auch schon mal nach 16 Minuten (gegen Gladbach) ausgewechselt. Eine Situation, die für Müller, der damit professionell und als Teamplayer umgeht, maximal unbefriedigend ist. Insbesondere, da er ja Eigenwerbung für sich machen will, damit er bei der Heim-EM im kommenden Jahr noch mal dazu gehört und dort dann wohl die internationale Karriere mit einem Höhepunkt beenden könnte.

Das er sich Gedanken um seine Zukunft macht, ist mehr als legitim. Öffentlich sagt Müller dazu nichts. Er, der aufgrund seines oft ungebremsten Redeflusses den Spitznamen "Radio Müller" hat, hat sich eine Sendepause auferlegt. Tuchel wiederum ist von den Müller-Fragen nachhaltig genervt. "Ich weiß, dass er eine besondere Rolle einnimmt und die kriegt er auch von mir. Ich hoffe, dass er sie auch spürt. Das wird sich nicht immer nur an Spielminuten messen lassen. Alle Spiele sind Thomas-Müller-Spiele, ist doch völlig klar. Ich bin ein großer Fan von Thomas. Ich liebe ihn."

Dass Liebe nicht alle Probleme, selbst, wenn man sie wegschmunzelt, überwinden kann, ist bekannt. Denn ein Spielkind wie Thomas Müller will nicht nur geliebt werden, es will eben auch spielen.