Landshut

Erhalt vor Rendite

Ist eine Moserbräu-Sanierung zumutbar ? Sieben Fragen zum Stadtrats-Thema am Freitag


Der Moserbräu steht am Freitag erneut auf der Tagesordnung des Stadtrats.

Der Moserbräu steht am Freitag erneut auf der Tagesordnung des Stadtrats.

Von Uli Karg

Nachdem die Regierung von Niederbayern Ende November die Rechtswidrigkeit des Stadtratsbeschlusses vom 23. September zum Abriss des denkmalgeschützten Moserbräus festgestellt hat, steht das Thema am Freitag erneut auf der Tagesordnung des Plenums. In ihrer Begründung bezog sich die Regierung auf Vollzugshinweise des Bayerischen Kultusministeriums zur Behandlung von Abbruchanträgen. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung sieht daher vor, dass eine Abrisserlaubnis nur nach einer Wirtschaftlichkeitsberechnung in Aussicht gestellt werden kann, in der die Unwirtschaftlichkeit und Unzumutbarkeit einer Sanierung dargelegt ist. Vor der Stadtratssitzung gibt es hier nun die wesentlichen Fragen und Antworten zum Thema.

1 Wie wird Unzumutbarkeit einer Sanierung vom Kultusministerium bewertet ?

Auf der Basis einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1999, in der der hohe Rang des Denkmalschutzes betont wird, bewertet das Kultusministerium Unzumutbarkeit explizit als Ausnahmefall. Die Zumutbarkeit setze nicht voraus, dass mit dem Denkmal eine Rendite erzielt werden kann. "Ausreichend", heißt es, "ist eine Schwarze Null." Moserbräu-Eigentümer Johann Eller will sich im Falle einer Sanierung an hohen Wohnstandards orientieren und daher auch einen Aufzug im Gebäudezentrum installieren, was die Denkmaleigenschaft des Moserbräus stark beeinträchtigen könnte.

2 Bei wem liegt in Sachen Un- zumutbarkeit die Beweislast ?

"Die Beweislast für die Zumutbarkeit der Denkmalerhaltung liegt beim Eigentümer", stellt das Kultusministerium fest. Demzufolge ist es der Eigentümer, der eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorzulegen hat, aus der sich eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Denkmalerhalts ergibt.

3 Welche Rolle spielt die Mög- lichkeit eines Verkaufs des Denkmals?

Fehlende Verkaufbarkeit eines Denkmals ist neben fehlender Nutzbarkeit ein wesentlicher Faktor, wenn es um Zumutbarkeit geht. Hierbei trägt der Eigentümer laut Ministerium aber eine "Mitwirkungslast", die sich aus seinen Erhaltungs- und Nutzungsverpflichtungen ergeben, festgeschrieben in den Artikeln 4 und 5 des Denkmalschutzgesetzes. Mache der Eigentümer geltend, dass sich das Denkmal nicht verkaufen lässt, seien Belege für eine über einen längeren Zeitraum erfolgte Vermarktung des Objekts vorzulegen. Zumutbar sei ein Verkauf auch bei einer Wertminderung. Das Ministerium spricht von etwa zehn Prozent des Verkehrswerts des Grundstücks. Nach LZ-Informationen gab es in den vergangenen Jahren zwar Interessenten für den Moserbräu. Johann Eller lehnte einen Verkauf des Gebäudes bis dato aber ab.

4 Ist eine Gegenüberstellung von Sanierungs- und Neubaukosten zulässig ?

Das Kultusministerium hat zu derartigen Fällen festgestellt: "Die Gegenüberstellung von Sanierungs- und Neubaukosten ist nach aktuellen Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht zulässig." Johann Eller hat in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass die Sanierung des Gebäudes mehr als doppelt so viel kosten würde wie ein Neubau an gleicher Stelle.

5 Welche Verpflichtung hat die Stadt in Sachen Moserbräu ?

Artikel 141, Absatz 2 der Bayerischen Verfassung verpflichtet Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Denkmäler zu schützen und zu pflegen. "Die Vorschrift", so das Kultusministerium, "ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs für alle Träger staatlicher Gewalt bindendes objektives Verfassungsrecht." Demzufolge seien die Vollzugsbehörden verpflichtet, selbst bei Vorliegen eines Abbruchantrages "primär den Erhalt eines Baudenkmals zu verfolgen".

6 Kann eine Abrissgenehmigung selbst für den Fall versagt werden, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung eine dauerhafte Unterdeckung ergibt ?

Ja. Dann nämlich, wenn der Eigentümer das Grundstück "in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Denkmaleigenschaft" und des grundsätzlichen Sanierungsbedarfs erworben hat. "Das freiwillig übernommene Risiko mindert die Schutzwürdigkeit des Eigentümers." Eller kaufte den Moserbräu 1990 als Denkmal. 1986 hatte der Vorbesitzer erfolglos Abrissantrag gestellt. Bereits 1990 hat sich Eller mit dem damaligen Chef des Landesamts für Denkmalpflege, Prof. Michael Petzet getroffen. Petzet verweigerte einen Abbruch unter Verweis auf den Denkmalcharakter des Hauses. Als "grundsätzlich zutreffend" bezeichnet die Regierung die Ausführungen von Baureferent Johannes Doll, der am 23. September in seiner Beschlussvorlage festgestellt hat, dass auch nach einer Sanierung substanzielle Teile der denkmalwürdigen Substanz erhalten bleiben können (circa 50 Prozent).

7 Welche Rolle kommt der Bedeutung des Moserbräus als einem der prominentesten Denkmalfälle Bayerns zu ?

Der Landesdenkmalrat hat den Fall Moserbräu ebenso zu seinem Thema gemacht wie das Denkmalnetz Bayern. Prof. Mathias Pfeil, Chef des Landesamts für Denkmalpflege, sagte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er "von der Diskussion her keinen vergleichbaren Fall in Bayern" kenne. Außerdem sagt Pfeil über den Moserbräu: "Das Gebäude ist aus dem Mittelalter und damit ein Urbestand dessen, worauf die Stadt Landshut stolz ist: das historische Stadtbild." In den Vollzugshinweisen des Kultusministeriums heißt es diesbezüglich: "Ist die Bedeutung eines gefährdeten Denkmals hoch, spricht dies für eine weitreichende Inanspruchnahme des Eigentümers."