Chamer Zeitung

Vermieter ist meist der Dumme


Wenn Mieter eine Wohnung in derart desolatem Zustand verlassen - das Archivbild entstand vor längerem in Furth im Wald - bleibt der Vermieter in der Regel auf den Kosten sitzen.

Wenn Mieter eine Wohnung in derart desolatem Zustand verlassen - das Archivbild entstand vor längerem in Furth im Wald - bleibt der Vermieter in der Regel auf den Kosten sitzen.

Von Redaktion idowa

Von Wolfgang Fischer

Furth im Wald. Von den Behörden im Stich gelassen fühlt sich ein Mann aus der Gemeinde Traitsching. Nachdem eine Hartz-IV-Empfängerin die Wohnung seiner Eltern in Furth im Wald zugemüllt, den letzten Tropfen Heizöl verbraucht und dann Hals über Kopf das Haus verlassen hatte, wandte er sich hilfesuchend an Landratsamt und Jobcenter. Zumal er das Wohl von Kindern gefährdet sah, die sich in der total verdreckten Wohnung über einen längeren Zeitraum aufgehalten haben sollen. Auf eine Antwort der Behörden hat er bis gestern vergeblich gewartet.

Was keinesfalls bedeutet, dass nichts passiert ist, wie der Pressesprecher des Landratsamtes, Friedrich Schuhbauer, sagt. Tatsächlich werde beim Jugendamt ein genau definierter Maßnahmenkatalog in Gang gesetzt, sobald ein Verdacht auf Kindeswohlgefährdung gemeldet wird. Das ist 2011 nach Schuhbauers Angaben 89-mal der Fall gewesen.

Innerhalb von Minuten nach Bekanntwerden des Verdachtsfalles werde ein Sachbearbeiter tätig, der sich anschließend mit zwei weiteren Fachkräften bespricht und - sofern sich der Verdacht erhärtet - vor Ort nach dem Rechten sieht. Sollten dort Verhältnisse festgestellt werden, die das Wohl des Kindes gefährdet erscheinen lassen, würden die Kinder sofort aus der Familie genommen und in andere Obhut gegeben. Allerdings müsse in diesem Fall das Familiengericht eingeschaltet werden, denn nur mit dessen Zustimmung könne das Sorgerecht der Eltern ganz oder teilweise entzogen werden.

Besagter Fall aus Furth im Wald sei dem Landratsamt bekannt, sagt Schuhbauer, eine Kindeswohlgefährdung liege hier nicht vor. Nähere Einzelheiten wollte der Landratsamtsprecher aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht bekannt geben. Genau deshalb erfolge auch keine Rückmeldung an Personen, die beim Landratsamt Verdachtsfälle anzeigen.
Beim Jobcenter kennt man Klagen von Vermietern, deren Wohnungen durch Leistungsbezieher vermüllt werden, wie Geschäftsführer Josef Beer bestätigt. Nicht täglich, aber doch regelmäßig werde er von Hausbesitzern mit solchen Beschwerden konfrontiert. "Es tut mir manchmal wirklich furchtbar leid, wenn ich die Bilder von völlig verdreckten Wohnungen sehe", sagt Beer, um gleichzeitig festzustellen: "Hilfe von unserer Seite ist aber ausgeschlossen."

Denn: Geld für Miete und Nebenkosten überweist das Jobcenter prinzipiell auf das Konto des Leistungsberechtigten. Nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Hartz-IV-Empfängers könne das Geld direkt an den Vermieter gehen. In jedem Fall aber müsse sich der Wohnungsbesitzer mit möglichen Schadenersatzforderungen an den Mieter halten, nicht an das Jobcenter.
Vermittler würden zwar versuchen, in Gesprächen auf die Leistungsberechtigten einzuwirken, damit diese ihre Mietwohnungen in ordentlichem Zustand halten, doch zwingen dazu könne man die "Kunden" nicht, räumt Beer ein: "Soweit reichen unsere Befugnisse nicht." Nur wenn der Außendienst feststelle, dass Kinder aufgrund der Wohnverhältnisse gefährdet sein könnten, würde das Jugendamt verständigt.

Der Mann aus Traitsching beziehungsweise seine Eltern werden also wohl auf den Kosten für die Wohnungsinstandsetzung sitzenbleiben. Obwohl sie inzwischen einen Anwalt und die Polizei eingeschaltet haben. Währenddessen hat die Ex-Mieterin mit ihren Kindern eine neue Wohnung bezogen.