Wiener Philharmoniker

Der erste Abend des Beethoven-Zyklus unter Andris Nelsons


Andris Nelsons dirigiert die Wiener Philharmoniker.

Andris Nelsons dirigiert die Wiener Philharmoniker.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Die Wiener Philharmoniker unter Andris Nelsons beginnen ihren Zyklus mit allen Symphonien von Beethoven

In der Symphonie Nr. 1 C-Dur wird das finale Rondothema schier draufgängerisch in den Raum geschleudert, und doch artikulieren die groß besetzten Violinen jeden Ton akribisch deutlich. Einen gemütlichen Ländler tanzen die Streicher im Larghetto der Symphonie Nr. 2 D-Dur, wie ihn so reizend halt doch nur die Wiener Philharmoniker hinbekommen. Die Hornisten wiederum entlocken im Jagd-Trio der Symphonie Nr. 3 Es-Dur "Eroica" ihren widerspenstigen Instrumenten die letzten Geheimnisse - und betören mit einzigartigem Obertonreichtum.

Das waren nur drei Impressionen aus dem ersten Konzert der Gesamtschau aller neun Symphonien von Ludwig van Beethoven. Würde man noch mehr hinreißende Details aufzählen, könnte leicht der Eindruck entstehen, die Wiener Philharmoniker würden diese Werke in veritable Konzerte für Orchester umdeuten. Dazu kommt, dass auch für Andris Nelsons, der den Zyklus in der Philharmonie dirigiert, das Feilen am einzelnen Augenblick immens wichtig ist.

Ein Auftakt weckt Erwartungen

In dieser Hinsicht unterscheidet er sich deutlich von seinem Lehrer und lettischen Landsmann Mariss Jansons. Hatte dieser bei Beethoven einzelne Momente weniger isoliert als in die symphonische Großform integriert, geht Nelsons gerade auf die Suche nach möglichst anschaulichen Situationen - und hebt sie heraus. Beispielsweise lässt er, der gelernte Trompeter, Fanfaren von den Blechbläsern stets auch als solche schmettern, unbekümmert und aus voller Brust. Die vielen komischen Wendungen im Finale der Zweiten zeichnet er so plastisch nach, dass sich eine ganze Komödie abzuspielen scheint: ohne Worte, doch mit sprechenden Gesten. Dramatische Entwicklungen, etwa im Kopfsatz und Trauermarsch der Dritten, spitzt er derart zwingend zu, dass die Zusammenbrüche, in die sie münden, die Bühne förmlich erzittern lassen.

Doch obwohl Nelsons schöne, hymnische wie auch katastrophische Stellen voll auskostet, läuft keine der drei Symphonien je Gefahr, in Episoden zu zerfallen. Dazu sind die Tempi von der ersten bis zur letzten Sekunde zu stark mit Spannung durchzogen. Nelsons hat nicht nur für die einzelnen Sätze, sondern vielmehr für die gesamten Werke deren Gesamtplan vor Augen, den er sogar überraschend geduldig realisiert. Einen so überwältigenden Detailreichtum so zielstrebig zu kanalisieren: Das können nur die großen Beethoven-Interpreten. Dieser Auftakt weckt Erwartungen.

Das zweite Konzert des Beethoven-Zyklus am Dienstag, den 10. März um 20 Uhr findet nach Angaben des Veranstalters statt