Überblick

Die Kahn-Explosion

Der Bayern-Boss gibt sich kämpferisch und zählt nach der Peinlich-Pleite in Mainz seine Spieler an: "Wer war die Mannschaft, die deutscher Meister werden wollte? Es war ganz bestimmt nicht unsere!"


Der Titan (Mitte) und die anderen Bayern-Bosse Herbert Hainer (l.) und Hasan Salihamidzic komplett frustriert: Nach der Pleite in Mainz platzte Vorstandschef Oliver Kahn der Kragen.

Der Titan (Mitte) und die anderen Bayern-Bosse Herbert Hainer (l.) und Hasan Salihamidzic komplett frustriert: Nach der Pleite in Mainz platzte Vorstandschef Oliver Kahn der Kragen.

Von Patrick Strasser

Tor für Bayern! Ein Stürmer! Wahnsinn, ein Wunder! Sadio Mané küsst nach seinem Kopfballtor zum 1:0 in Mainz lange und intensiv den Rasen, oben auf der Vip-Tribüne springt Hasan Salihamidzic freudig erregt auf, will mit Oliver Kahn abklatschen.

Doch der Vorstandsboss bleibt sitzen, ermattet von den letzten Wochen, und schlägt nur missmutig in seines Nachbarn Hand ein. Als hätte eine Glaskugel in der anderen Hand. Als wüsste er, was (wieder) kommen sollte. Bingo.

Nach dem 1:3-Endstand sah Oliver Kahn und sah den passenden Moment gekommen, nun die Spieler anzuzählen. "Wer war die Mannschaft, die deutscher Meister werden wollte? Es war ganz bestimmt nicht unsere!", polterte der Vorstandsboss zwischen den Kabinen und dem Spielertunnel zur Mewa Arena. Jeder Spieler müsse sich nun "selbst an die Nase fassen und sich fragen, ob das wirklich das ist, was reicht, um die Ziele zu erreichen", so der 53-Jährige. Trotz all der Enttäuschung steckte noch ein Funken Titan im Vorstandsboss der Bayern als er kämpferisch verkündete: "Ich werde keinen Millimeter nachgeben, auch nicht in dieser Saison. Trotz dieser schlechten Leistung können wir deutscher Meister werden, es ist alles möglich."

Kahn wusste, dass er sich einen kapitalen Wutausbruch nicht würde leisten können, eher einen wie ein Bonsai-Titan, da er selbst seit Donnerstag im Feuer steht, im Zentrum der Kritik an den Bossen. "Wenn ich das richtig verstanden habe, hat irgendeiner eine Twitter-Nachricht abgesetzt und alle anderen sind draufgesprungen. So ist ein Hype um das Thema entstanden", sagte Kahn angesprochen auf den Tweet des ehemaligen Stürmers und jetzigen TV-Experten Jan Aage Fjörtoft.

Laut des Norwegers stünde eine Ablösung Kahns bevor. Es gebe "einen laufenden Prozess" und sei nur "eine Frage der Zeit" bis der frühere Bayern-Kapitän seines Amtes enthoben werde, so Fjörtoft bei Twitter.

Kahn antwortete rein inhaltlich nicht konkret auf einen möglichen vorzeitigen Jobverlust (Vertrag bis Dezember 2024), den eine Abberufung durch den Aufsichtsrat bedeuten würde, sagte: "Für mich gibt es nur ein einziges Ziel, diese Saison rumzubringen, mit dem deutschen Meistertitel und dann in der nächsten Saison nochmal richtig anzugreifen." Herbert Hainer, Präsident und Aufsichtsratsboss, kündigte an, nach dem Ende des Titelkampfes "über alles andere" reden zu wollen. Die Chance dazu bietet sich nach am 22. Mai, dann kommt der Aufsichtsrat das nächste Mal zu seiner turnusmäßigen Sitzung zusammen.

Hainer, ein Vertrauter von Uli Hoeneß, gilt als möglicher Interims-Kandidat bei einem Aus für Kahn, dessen distanzierter Führungsstil an der Säbener Straße intern kritisiert wird. Unter dem Nachfolger von Karl-Heinz Rummenigge habe seit Sommer 2021 Harmonie und Nahbarkeit gelitten, heißt es auf den Fluren.

Und was ist mit Salihamidzic, dessen Transferpolitik Kahn (und der Aufsichtsrat) absegnete? Der Wallberg bei Bad Wiessee hält auf wundersame Weise bislang noch die dunklen Wolken fern von Brazzo.