Kritik an der Politik

Wo Pflege-Pläne an der Realität vorbeirauschen


Eine Pflegerin schiebt eine ältere Dame im Rollstuhl über einen Flur in einem Seniorenpflegeheim.

Eine Pflegerin schiebt eine ältere Dame im Rollstuhl über einen Flur in einem Seniorenpflegeheim.

Von André Wagner

Das BRK übernimmt den Vorsitz für die Freie Wohlfahrtspflege. Die neue Chefin übt Kritik an der Politik: Zu hohe Hürden, viel Bürokratie.

Berlin/München - Die Spitze ändert sich - die Herausforderungen bleiben: Brigitte Meyer, Vizepräsidentin beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK), hat für 2019 turnusmäßig den Vorsitz der Freien Wohlfahrtspflege Bayern übernommen. In der Landesarbeitsgemeinschaft organisieren sich die regionalen Wohlfahrtsverbände von BRK, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt (AWO), Caritas, Paritätischem und der Israelitischen Kultusgemeinde.

Meyer warnte gestern vor dem massiven Fachkräftemangel in der Pflege und erläuterte auch den Zusammenhang zwischen Pflege und Zuwanderung aus dem Ausland. Sie kritisierte Gesetze und Entscheidungen der Politik - insbesondere hohe Bürokratiehürden würden dazu führen, dass gut gemeinte Maßnahmen letztendlich nicht wirklich etwas bewirkten.

Fachkraftmangel

Das Sofortprogramm Kranken- und Altenpflege sieht bundesweit 13 000 neue Stellen in der stationären Altenpflege vor, verankert sind diese im neuen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG). Grundsätzlich ein positiver Ansatz, findet Meyer - doch die entsprechenden Fachkräfte fehlten schlicht auf dem Arbeitsmarkt. Schon jetzt müssten deshalb ganze Abteilungen in Krankenhäusern und Heimen geschlossen werden.

Dazu kommt eine bürokratische Regelung: Die Heime bekommen neue Mitarbeiter erst bei einer Einstellung nach dem 1. Januar refinanziert - wer allerdings mit Blick auf das neue Gesetz seine begehrten Auszubildenden gleich im September angestellt hat, geht leer aus.

Ausbildung

Das Pflegeberufegesetz wurde auf den Weg gebracht, um die Attraktivität der Pflegeberufe zu verbessern - doch dieses Ziel habe man im Bereich der Altenpflege nicht erreicht, sagt die neue Wohlfahrtspflege-Präsidentin.

Die Idee war, mit einer "generalistischen Pflegeausbildung" besonders das unterschiedliche Image von Altenpflegern und Krankenpflegern anzugleichen. De facto gelte jedoch für die Altenpflege trotzdem ein anderes - und zwar niedrigeres - Qualifikationsniveau, was die Unterschiede laut Wohlfahrtspflege eher noch zementiere. Auch die Finanzierung der Pflegeausbildung steht in vielen Teilen auf wackligen Beinen.

Personal aus dem Ausland

Wohlfahrtsverbände sind sich weitgehend einig, dass eine Bewältigung des Fachkräftemangels in der Pflege ohne Personal aus dem Ausland praktisch nicht mehr möglich ist.

Doch auch hier werden hohe bürokratische Hürden gesetzt: etwa, weil die Visa-Verfahren für Bewerber zu lange dauern oder die Anforderungen so eng gesteckt sind, dass sie praktisch unerfüllbar werden. So sei zum Beispiel unverständlich, sagt Meyer, warum es für die Ausbildung eine Altersbeschränkung bis 25 Jahre gebe.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bayern will angesichts dieser Probleme die Pflege neben Integration und Ehrenamt zu einem der Schwerpunktthemen für das Jahr 2019 machen.