Politik

Ministerin Lambrecht in der Kritik: Was plant Scholz?

Der Kanzler steht nach der jüngsten Panne der Verteidigungsministerin unter Druck. Er hat nun mehrere Optionen - eine gilt als wahrscheinlich.


Bundeskanzler Olaf Scholz im Gespräch mit Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (beide SPD).

Bundeskanzler Olaf Scholz im Gespräch mit Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (beide SPD).

Von Stefan Lange

Es gibt einige Parallelen zwischen Christine Lambrecht und Rudolf Scharping. Er war Verteidigungsminister, sie ist die amtierende Ressortchefin. Beide gehören der SPD an und sind in der Öffentlichkeit mit unglücklichen Aktionen aufgefallen. Die große Frage im politischen Berlin ist gerade, ob noch eine weitere Gemeinsamkeit hinzukommt: Scharping wurde vom damaligen Kanzler Gerhard Schröder gefeuert. An Lambrecht hält Regierungschef Olaf Scholz fest. Noch jedenfalls.


Lambrecht im Amt zu belassen, ist eine von drei Möglichkeiten, die Scholz hat. Der SPD-Politiker verdankt seiner Parteifreundin einiges. Die vormalige Justizministerin wollte der Politik eigentlich zur Bundestagswahl den Rücken kehren. Die 57-Jährige blieb und übernahm das Verteidigungsministerium.

Es gilt als das unbeliebteste Ressort im Kabinett, ist schwer zu führen und nur zäh zu reformieren. Die Modernisierung des Beschaffungswesens bleibt eine der größten Baustellen, doch der russische Einmarsch in die Ukraine mit all seinen sicherheitspolitischen Auswirkungen dominiert das Geschehen. "Olaf Scholz kann sich darauf verlassen, dass Lambrecht ihm den Rücken freihält", sagte eine aus der SPD-Spitze.

Christine Lambrecht sei keine, die so schnell aufgebe, heißt es

Gemeint ist, dass Lambrecht Forderungen aus der Koalition nach der Lieferung von schweren Panzern standhält. Wie Scholz gilt ihre größte Sorge dem Umstand, dass ein Zuviel an dieser Stelle Deutschland in den Krieg hineinziehen könnte. Gleichzeitig hat Lambrecht, nachdem sie für die Zusage von 5000 Helmen zunächst verspottet wurde, die Rüstungslieferungen beachtlich ausgebaut. Die Kritik zahlreicher Nato-Staaten, Deutschland sei zu zögerlich, ist verstummt.

Das spricht dafür, dass Scholz Möglichkeit Nummer Zwei, Lambrechts Entlassung, derzeit nicht in Betracht zieht. In SPD-Kreisen wird zwar nicht ausgeschlossen, dass die Ministerin von sich aus hinschmeißt, wenn es ihr der Häme zu viel wird und sie ihre Familie schützen will.

Gleichzeitig wird auf den Kampfes- und Durchhaltewillen der Verteidigungsministerin verwiesen. Lambrecht sei keine, die schnell aufgebe, heißt es. Scholz müsste sie also gegen ihren Willen feuern, das aber würde seine eigene Position schwächen. Er war es, der sie ins Amt holte, viel mehr noch zählt, dass in der Partei aktuell niemand so richtig Lust auf den Schleudersitz im Bendlerblock hat.

Unterm Strich deutet vieles auf Möglichkeit drei hin: Eine geordnete Kabinettsumbildung, die alle Beteiligten das Gesicht wahren ließe. Ausschlaggebend dafür ist, wie sich Innenministerin Nancy Faeser entscheidet. Die SPD-Politikerin könnte Spitzenkandidatin zur Landtagswahl in Hessen werden, die im Herbst stattfindet. Sollte sie antreten, wäre damit der Rückzug als Ressortchefin verbunden. Dass sie als Innenministerin während des Wahlkampfes im Amt bleibt und bei einer möglichen Wahlniederlage in Berlin weitermacht, gilt als ausgeschlossen.

Eine Entscheidung fällt möglicherweise Anfang Februar beim sogenannten Hessengipfel, der politischen Jahresauftaktklausur der Landes-SPD.

Scholz könnte die Juristin Lambrecht zur Innenministerin machen. Als Nachfolger für den Posten des Verteidigungsministers wird immer wieder SPD-Co-Chef Lars Klingbeil genannt. Auch der Name der Wehrbeauftragten Eva Högl fällt in diesem Zusammenhang. Die SPD-Politikerin allerdings ist wie Lambrecht Juristin und käme als Innenministerin auch in Frage. Möglich wäre auch eine "Experten-Lösung": Minister müssen keine Abgeordneten des Bundestages sein.

CDU und CSU finden, die Ministerin ist
nicht mehr haltbar

Die Union fordert in jedem Fall Lambrechts Rücktritt. Sie sei nicht mehr haltbar, sagte CDU/CSU-Fraktionsvize Johann Wadephul im Morgenmagazin. Aus der SPD springt ihr der Abgeordnete Ralf Stegner bei, nennt die Kritik im Deutschlandfunk "aufgebauscht und übertrieben". Die mächtigen Genossen hingegen halten sich zurück und warten ab.

Es gilt offenbar als ausgemacht, dass Lambrecht ihren letzten Fehlschuss abgefeuert hat. Sollte sie noch einmal daneben liegen, schließt sich auch die letzte Lücke zur politischen Biografie von Scharping.