"K.o.-Schlag" für Scheuer?

Mautbetreiber fordern 560 Millionen Euro


Nach dem Aus für die Pkw-Maut fordern die gekündigten Betreiber 560 Millionen Euro vom Bund (Archiv).

Nach dem Aus für die Pkw-Maut fordern die gekündigten Betreiber 560 Millionen Euro vom Bund (Archiv).

Von mit Material der dpa

Die geplatzte Pkw-Maut und die Kündigung von Verträgen durch den Verkehrsminister könnte teuer werden für den Steuerzahler. Nun liegt die Forderung der Firmen auf dem Tisch.

Nach dem Aus für die Pkw-Maut fordern die gekündigten Betreiber 560 Millionen Euro vom Bund. Die Ansprüche seien in dieser Höhe beziffert worden und sollten in mehreren Schritten geltend gemacht werden, teilten die Unternehmen Kapsch und CTS Eventim am Donnerstag in einer Pflichtmitteilung für die Börsen mit.

Die Firmen seien überzeugt, dass ihre für die Maut gegründete Gemeinschaftsfirma Autoticket für den vorliegenden Fall der Vertragsbeendigung durch den Bund Anspruch auf den entgangenen Gewinn über die Vertragslaufzeit von zwölf Jahren habe. Weiterhin sehe der Betreibervertrag einen Ausgleich von "Beendigungskosten" vor, zu denen auch Schadensersatzansprüche von Unterauftragnehmern gehörten.

FDP und Grüne fordern Konsequenzen

Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic bezeichnete die Forderung als "K.o.-Schlag" für Scheuer. Luksic sagte am Donnerstag in Berlin, mit einer baldigen Klage der Betreiber und einem Schiedsverfahren sei zu rechnen. Scheuer müsse sich den Forderungen jetzt stellen, die Zeit der "Ablenkungsmanöver" sei vorbei. Scheuer habe durch eine übereilte Vertragsunterzeichnung sowie Vertragskündigung nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs Schadensersatzforderungen der beteiligten Firmen verursacht. "Mit seinem Vorgehen hat der Minister nicht nur einen Untersuchungsausschuss notwendig gemacht, sondern auch noch größeren Schaden verursacht als bisher gedacht", so Luksic. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte, der Betrag sei auf Grundlage der Verträge zu erwarten gewesen. "Die Rechnung geht auf Minister Scheuer, weil er bewusst und fahrlässig diese schlechten Vertragskonditionen zu Lasten des Steuerzahlers eingegangen ist. 560 Millionen Euro Schadensersatz, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch fällig werden, sind ein guter Grund für den Verkehrsminister, um endlich zurückzutreten."

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte mehrfach deutlich gemacht, dass die Betreiber aus Sicht des Bundes keinen Anspruch auf Entschädigung hätten. Es seien vertragliche "Meilensteine" gerissen worden. Das Ministerium hatte als Gründe für die Kündigung auch Mängel in der Leistung der Auftragnehmer und deren Verhalten nach der Kündigung genannt. Der Streit könnte nun in einem Schiedsverfahren landen, das mehrere Jahre dauern könnte.

Der Bund hatte die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit Kapsch und CTS Eventim 2018 geschlossen - bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Dann aber erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Maut Mitte Juni für rechtswidrig. Scheuers Ministerium kündigte daraufhin umgehend die Verträge. Daraus resultieren nun die Forderungen der Firmen - diese könnten letztlich zu Lasten der Steuerzahler gehen.

Scheuer ist wegen des Debakels bei der Pkw-Maut unter Druck. Die Opposition wirft ihm vor, Verträge Maut voreilig abgeschlossen, Haushalts- und Vergaberecht gebrochen und Regelungen zum Schadenersatz zu Lasten des Steuerzahlers vereinbart zu haben. Der Minister weist die Vorwürfe zurück. Zur Aufklärung des umstrittenen Vorgehens von Scheuer und seinem Ministerium hatte vor einer Woche ein Untersuchungsausschusses des Bundestags seine Arbeit aufgenommen.

Scheuer: Mautbetreiber haben keinen Anspruch auf Entschädigung

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat die Forderungen der gekündigten Pkw-Maut-Betreiber an den Bund zurückgewiesen. "Wir weisen mit aller Entschiedenheit die Forderungen der Betreiber zurück", sagte Scheuer am Donnerstag in einem Video auf Twitter. "Die Zahlen sind falsch und entbehren jeglicher Grundlage." Die Betreiber hätten keinen Anspruch auf Entschädigung. Sie hätten ihre vertraglichen Leistungen nicht erfüllt und "Meilensteine" gerissen. Sie hätten nach der Kündigung durch den Bund die Verträge "vorsätzlich und treuwidrig" verletzt.

Der Bund habe die Verträge deshalb aus mehreren triftigen Gründen gekündigt. In diesem Fall sei die Vertragslage ausdrücklich zugunsten des Bundes. "Die Betreiber nutzen das Spekulations- und Zahlenwirrwarr, das gerade auch in den letzten Wochen durch die Oppositionsfraktionen ausgelöst und entstanden ist", sagte Scheuer. Er habe am Vormittag den Prozess für ein Maut-Schiedsverfahren gestartet und die Betreiber für Mitte Januar zu einem Gespräch aufgefordert.