Medikamente

Lauterbach will Lieferprobleme bekämpfen


Bessere Lagerung und mehr Geld für die Pharmakonzerne: So möchte Lauterbach den Lieferengpässengegensteuern. Für Kinderarznei dürfen Konzerne künftig bis zu 50 Prozent höhere Preise verlangen.

Bessere Lagerung und mehr Geld für die Pharmakonzerne: So möchte Lauterbach den Lieferengpässengegensteuern. Für Kinderarznei dürfen Konzerne künftig bis zu 50 Prozent höhere Preise verlangen.

In der Ampel-Koalition haben alle Ministerien gerade viel zu tun, das Gesundheitsressort von Minister Karl Lauterbach gehört wohl zu den Spitzenreitern. Cannabis-Legalisierung, Pflege- und Krankenhausreform sowie noch einiges mehr - die Aufgabenliste des SPD-Politikers ist lang. Eine Baustelle will Lauterbach bald abgeräumt haben.

"Auf die Lieferengpässe wird seit zehn Jahren hingewiesen und ein Gesetz gefordert: Hier ist es", verkündete er am Mittwoch in Berlin. Es geht um Arzneimittel für Kinder und Erwachsene, von denen viele extrem knapp geworden sind. Das Bundeskabinett verabschiedete einen Gesetzentwurf, der Missstand soll unter anderem durch eine bessere Lagerhaltung und mehr Geld für die Pharmakonzerne behoben werden.

Für Patienten und Eltern war der Gang zur Apotheke zuletzt mit Hoffen und Bangen verbunden. Ist das benötigte Medikament vorhanden? Und wenn nicht, wie lang ist die Lieferdauer? "Die Lage ist über die Jahre schlechter geworden und nicht besser", fasste es Lauterbach in Berlin zusammen. Der Minister will nun vorrangig darauf hinwirken, dass vor allem die Versorgung der Kleinen schnell besser wird. "Die erste Stufe: Kinder zuerst", gab der Minister als Parole aus.

Unternehmen verdienen im Ausland mehr

Lauterbach will den Pharmakonzernen unter anderem erlauben, für Kinderarzneimittel bis zu 50 Prozent höhere Preise zu nehmen. Im Politikersprech ist da von einer "Marktanpassung" die Rede, so ganz falsch ist der Begriff tatsächlich nicht gewählt. Denn Deutschland ist nicht nur deshalb zum Arzneimittel-Mangelland geworden, weil die Produktion weltweit zurückging und hierzulande keine Medikamente mehr ankamen. Es war und ist für viele Unternehmen schlichtweg attraktiver, ihre Arzneien ins Ausland umzuleiten, weil sie dort am Ende bessere Preise erzielen. An der Grenze zu Holland beispielsweise entwickelte sich ein reger Transitverkehr, weil es in den Niederlanden Produkte gab, die in Deutschland nicht verfügbar waren. In Lauterbachs Augen eine Unmöglichkeit. "Das ist kein ehrbarer Zustand", sagte er.

Im Gegenzug wird bei der Zuzahlungsbefreiung die Grenze von 30 auf 20 Prozent gesenkt: Liegt der Preis für ein Medikament mindestens 20 Prozent unter dem Festbetrag, kann der GKV-Spitzenverband Arzneimittel von der Zuzahlung freistellen. Lauterbach erhofft sich, dass dadurch der Preisdruck bei Festbeträgen gedämpft wird. Was das Ganze kostet, ist noch nicht bekannt. Er rechne mit einem "mittleren dreistelligen Millionenbetrag" an Zusatzkosten für die gesetzliche Krankenversicherung, sagte der SPD-Politiker. Nicht auszuschließen, dass die Kassen sich das Geld bei ihren Versicherten zurückholen.

Frühwarnsystem soll Lieferengpässe erkennen

Krankenkassen können mit den Pharmaherstellern Rabatte für bestimmte Medikamente aushandeln, Lauterbach will für diese Arzneimittel eine verbindliche, dreimonatige Lagerhaltung einführen. Sie soll kurzfristigen Lieferengpässen und gesteigerten Mehrbedarfen wie beispielsweise im letzten Winter vorbeugen. Zudem wird ein Frühwarnsystem zur Erkennung von drohenden Lieferengpässen eingerichtet. Falls in einer Apotheke dann in Zukunft ein Arzneimittel doch einmal nicht verfügbar sein sollte, dürfen Apotheker ein wirkstoffgleiches Präparat abgeben. Sie und der Großhändler sollen dafür einen Zuschlag bekommen - der natürlich auch irgendwo wieder hereingeholt werden muss, im Zweifel bei den Versicherten.

Ein besonderes Augenmerk hat der Gesundheitsminister auf die Antibiotika gelegt. Krankenhäuser müssen mehr davon bevorraten, gleichzeitig sollen die Regeln zur Preisbildung so angepasst werden, dass sich für die Pharmakonzerne der Anreiz für die Forschung und Entwicklung von neuen Reserveantibiotika erhöht.

Ob Lauterbach mit dem Gesetzentwurf einen Punkt von seiner langen Aufgabenliste als erledigt abstreichen kann, bleibt abzuwarten. Das Papier geht jetzt erst einmal ins parlamentarische Verfahren und es wäre außergewöhnlich, würde der Bundestag nicht noch Änderungswünsche anmelden.