Schlafstörungen und Gesundheit

Fakten zur Zeitumstellung: Raubt sie uns den Nerv?


Eine Fahrerin gähnt am Steuer - Frauen macht die Zeitumstellung einer Umfrage zufolge mehr zu schaffen als Männern.

Eine Fahrerin gähnt am Steuer - Frauen macht die Zeitumstellung einer Umfrage zufolge mehr zu schaffen als Männern.

Von Tabitha Nagy

So mancher klagt über schlechte Nachtruhe, wenn an der Uhr gedreht wird. Doch was hat die Zeitumstellung mit Schlafstörungen zu tun - und wie schaden diese der Gesundheit?

München - Die Abstimmung zwischen äußeren Einflüssen und der inneren Uhr funktioniert ziemlich gut, so auch der Schlaf-Wach-Rhythmus. Wenn nur nicht jedes halbe Jahr die Zeitumstellung dazwischen käme. Am kommenden Samstag ist es wieder so weit. Doch wie stark beeinflusst sie uns tatsächlich? Und welche Folgen hat es, wenn man langfristig zu wenig schläft? Ein Faktencheck:

Bis zu zwei Wochen: Schlafstörungen durch Zeitumstellung

BEHAUPTUNG 1: Man braucht Wochen, um sich von der Zeitumstellung zu erholen.

BEWERTUNG: Trifft nur auf manche Menschen zu.

FAKTEN: Wissenschaftler beschäftigen sich seit Langem mit den gesundheitlichen Auswirkungen des Uhren-Drehens - vor allem mit der Umstellung auf die Sommerzeit. Bis vor gut zehn Jahren kamen so gut wie alle Studien zu dem Ergebnis: Probleme wie Schlafstörungen seien spätestens innerhalb von ein bis zwei Wochen behoben.

In Einzelfällen langsamere Anpassung

In der jüngeren Forschung gibt es jedoch Hinweise, dass sich der biologische Rhythmus bei manchen Menschen etwas langsamer harmonisiert - so eine Meta-Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag aus dem Jahr 2016. Der Zeitsprung unterbricht die Anpassung an die jahreszeitlich bedingten Veränderungen. "Durch die Umstellung wird man gezwungen, das Aufwachen um eine Stunde vor oder nach hinten zu verschieben. Deshalb gerät die Harmonie zwischen dem Äußeren und der Inneren Uhr durcheinander", erklärt Gregor Eichele. Der Leiter der Abteilung Gene und Verhalten am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie beschäftigt sich damit, wie Moleküle den biologischen Rhythmus beeinflussen.

Die Stunde Verschiebung werde besonders von den Menschen bemerkt, die einen regelmäßigen Schlafrhythmus hätten, so Eichele. Die Innere Uhr des Menschen lässt viele Prozesse in Zyklen von rund 24 Stunden ablaufen - etwa Veränderungen der Körpertemperatur und des Blutdrucks, die Ausschüttung von Hormonen sowie den Schlaf-Wach-Rhythmus.

Wichtig für die Gesundheit: Sieben Stunden Schlaf

BEHAUPTUNG 2: Zu wenig Schlaf macht krank.

BEWERTUNG: Stimmt.

FAKTEN: Wer dauerhaft zu wenig und/oder schlecht schläft, dessen Wohlbefinden und Gesundheit sind gefährdet. Dabei geht es um direkte Auswirkungen und um langfristige Risiken. So leiden zunächst die kognitiven Fähigkeiten: Schon nach wenigen Tagen Schlafmangel sind die meisten Menschen unkonzentrierter, vergesslicher, und sie reagieren messbar langsamer. Wenn man über einen längeren Zeitraum schlecht schlafe, gehe das an die Gesundheit, erklärt Schlafforscher Ingo Fietze von der Berliner Charité in einem Interview mit "Zeit online". "Die Blutzuckerwerte erhöhen sich, das Diabetesrisiko steigt, und das Immunsystem beginnt zu schwächeln."

Darüber hinaus zeigen Studien aus verschiedenen Ländern, dass Menschen, die langfristig schlecht schlafen, ein erhöhtes Risiko für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Der Schlafbedarf ist zwar von Mensch zu Mensch verschieden. Doch die Empfehlung der "American Academy of Sleep Medicine" lautet: Mindestens sieben Stunden Schlaf pro Nacht sollten es bei einem Erwachsenen sein - um Gesundheitsrisiken zu vermeiden.

Blaues Licht hält wach

BEHAUPTUNG: Wer vor dem Schlafengehen lange aufs Smartphone schaut, schläft schlechter ein.

BEWERTUNG: Kann zutreffen.

FAKTEN: Schuld ist der meist hohe Anteil an blauem Licht, mit dem die Bildschirme von Smartphones und Computern arbeiten. Das kurzwellige Licht sorgt dafür, dass man wach bleibt: Es bremst die Ausschüttung von Melatonin. Das Hormon regelt den Schlaf-Wach-Rhythmus des Körpers. Bei fehlendem (Tages-)Licht wird es aus den körpereigenen Speichern ins Blut abgegeben, und man wird müde. Wer vor dem Schlafengehen aufs Handy schaut, kann außerdem durch die dabei entstehenden Gefühle wach gehalten werden. "Der größte Schlafkiller der jüngeren Geschichte ist allerdings die Entwicklung des elektrischen Lichts", so Ingo Fietze.

Abschaffung der Zeitumstellung: 80 Prozent der Frauen dafür

Die KKH Kaufmännische Krankenkasse hat eine Umfrage zur Zeitumstellung durchgeführt - das Ergebnis: Rund zwei Drittel der Frauen kann nach dem Dreh an der Uhr entweder abends schlechter einschlafen, schlechter durchschlafen oder haben Probleme beim Aufstehen.

Und bei den Männern? Nur 42 Prozent von ihnen merken einen Effekt. Jede vierte Frau gibt dagegen weiter an, aufgrund der Zeitumstellung tagsüber gereizt oder müde zu sein. Von den Männern hadert nur jeder sechste mit diesem Problem.

Tagsüber fühlen sich viele Mütter nach der Zeitumstellung gereizt.

Tagsüber fühlen sich viele Mütter nach der Zeitumstellung gereizt.

80 Prozent der Frauen hoffen auf einen positiven Effekt, wenn die Umstellung auf Sommer- und Winterzeit abgeschafft wird.

Auch Kindern macht die Umstellung zu schaffen, das zeigt die KKH-Umfrage weiter. 57 Prozent der Mütter sagen demnach, dass ihr Kind abends Probleme mit dem Einschlafen hat. Jede dritte Mutter sagt, dass ihr Kind durch die Umstellung tagsüber gereizt oder müde sei.

Zeitumstellung: Eine Stunde geschenkt

In der Nacht auf Sonntag (27. Oktober) werden die Uhren auf Winterzeit umgestellt. Das heißt: Um 3 Uhr nachts wird um eine Stunde auf 2 Uhr zurückgedreht. Wie die Münchner Chronobiologin Dr. Eva Winnebeck der AZ in einem Interview erklärte, entspricht die Winterzeit der "Normalzeit". "Die Zurückstellung können wir daher ganz gut verkraften." Die Sommerzeit dagegen sei "künstlich", daher werde das Drehen an der Uhr im Frühjahr schlimmer empfunden.

Dem stimmt auch Patric Stamm von der KKH zu. "Im Herbst ist die Zeitumstellung für die Innere Uhr etwas verträglicher als im Frühjahr." Es sei einfacher, später ins Bett zu gehen und später aufzustehen, als sich wie im Frühjahr vor der gewohnten Zeit hinzulegen und früher wach zu werden.

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