Kultur

Weiblich neu

Lisette Oropesa singt die Amalia in "I Masnadieri" von Giuseppe Verdi, Antonino Fogliani dirigiert im Nationaltheater


Düstere Totale: Der Blick auf das Ensemble in "I Masnadieri" einer Oper von Verdi nach Friedrich Schiller.

Düstere Totale: Der Blick auf das Ensemble in "I Masnadieri" einer Oper von Verdi nach Friedrich Schiller.

Von Michael Bastian Weiß

Erstaunlich, wie schön manche Primadonnen singen können, während sie mit beiden Armen ein ausgewachsenes Violoncello über ihrem Kopf halten. In der bald drei Jahre alten Inszenierung von Johannes Erath verteidigt sich Amalia mit dem Instrument gegen den übergriffigen Bruder ihres Geliebten.

In der Premiere hatte Diana Damrau die einzige Frauenrolle in Giuseppe Verdis Oper "I Masnadieri" nach Friedrich Schillers provokant gewalttätigem Drama übernommen. Abgesehen von den beeindruckenden gewichtheberischen Fähigkeiten hat das Rollenporträt, das Lisette Oropesa in der Wiederaufnahme der Inszenierung gibt, mit dem ihrer Vorgängerin nichts gemein.

Bis zu der Schlüsselszene, in der sich die passive Frauengestalt emanzipiert, verkörperte Diana Damrau die Amalia als den Engel, als den sie Francesco bezeichnet, bevor er sie am Schluss unvermittelt ersticht. Während Damraus schwereloser, von Anfang an in den Himmel strebender Sopran die Verhaftung der Figur in der älteren Belcanto-Oper anschaulich machte, entdeckt Lisette Oropesa überraschend viele Wesenszüge von Verdis späteren Frauenrollen: Sie bindet in den Cavatinen und Cabalettas die Spitzentöne zwar makellos pianissimo in die Linie ein. Doch ihr Legato ist unter der zart lebendigen Oberfläche sehnig gestützt, die Melodien hält sie entschlossen fest und spannt sie in der Staatsoper zu enorm tragfähigen Bögen auf. Und Lisette Oropesas düstere Tiefe lässt an die Dramatik der Lady Macbeth denken, die wenige Monate vor den "Masnadieri" das Licht der Welt erblickt hatte.

Neu in der Produktion ist auch Christian Van Horn als Massimiliano. Mit Grabestiefe zeichnet er den unglücklichen alten Vater, wobei immer klar bleibt, dass Schwer- und Hinfälligkeit gespielt sind und Van Horn in Wirklichkeit sehr schön singt.

Starke Impulse
kommen aus dem
Orchestergraben

Neben dieser Charakterisierungskunst verblassen die beiden Söhne leicht: Wie schon in der Premiere kann Igor Golovatenko mit seinem allzu gepflegten Bariton die Dämonie des Francesco nicht einfangen, der Tenor Charles Castronovo wirkt als Carlo in der Höhe das erste Mal ein wenig angestrengt.

Da ist es gut, dass aus dem Orchestergraben starke Impulse kommen. Antonino Fogliani, der die Leitung dieser Aufführungsserie übernommen hat, verlässt sich nie allein auf die Verdi-Vertrautheit des Bayerischen Staatsorchesters.

Er hat vielmehr den Ehrgeiz, leise und langsame Szenen mit den Holzbläsern traurig zu vertiefen, das Blech mehr entschlossen artikulieren als laut dröhnen zu lassen und mit spritzig-zündenden Streichern Lunten für mitreißende Stretta-Passagen zu legen.

Weitere Vorstellungen morgen, 24. und wieder am 28. Januar, 19.30 Uhr, % 2185 1960, www. staatstheater-tickets.bayern.de