Bayern

Mit Humor gegen den Dreck: Hier werden Münchens U-Bahnen sauber geschrubbt

Kaugummi auf dem Sitz oder Schmierereien an den Scheiben: Alle paar Wochen werden die Münchner U-Bahnen grundgereinigt. Die AZ hat das Putzteam getroffen.


Die Halle 11 am Betriebshof Nord in Fröttmaning liegt nahe der Allianz Arena. Dort werden die Münchner U-Bahnen wieder sauber.

Die Halle 11 am Betriebshof Nord in Fröttmaning liegt nahe der Allianz Arena. Dort werden die Münchner U-Bahnen wieder sauber.

Von Carmen Merckenschlager

München - Umso weiter die Schritte an den überdachten Gleisen entlang führen, desto mehr wandelt sich der Geruch von Schmieröl und Metallwerkzeug zu dem von Reinigungsmittel. In der Halle 11 des Betriebshofs Nord in Fröttmaning werden die Münchner U-Bahnen gewartet - und gereinigt.

Damit die Fahrzeuge jeden Tag für die Münchner wieder sauber in die Stationen rollen, werden die Wagen täglich von Reinigungsteams gesäubert und von Müll befreit, das porentiefe Reinemachen einer U-Bahn findet alle vier bis fünf Wochen unter anderem in Fröttmaning statt. Täglich werden hier Fenster geputzt, der Boden gewischt und gepflegt oder Kaugummi von den Sitzen gekratzt.

"Wir sind hier wie eine Familie"

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Eine U-Bahn Modell A parkt in der Halle 11, um gereinigt zu werden. Alle vier bis fünf Wochen müssen die älteren Züge gewartet werden - dabei werden sie auch sauber gemacht.

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Die Halle 11 am Betriebshof Nord in Fröttmaning liegt nahe der Allianz Arena. Dort werden die Münchner U-Bahnen wieder sauber.

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Etwa fünf Liter Glasreiniger werden für eine ältere U-Bahn mit sechs Waggons benötigt, um alle Glas- und Fensterflächen von Fingerabdrücken und Schmutz zu befreien.

Das übernehmen Ourania Markanta, Regionalleiterin, und Despina Andronikidon, Objektleiterin, in der Halle 11 gemeinsam mit ihrem Team. Alle tragen orange Warnwesten. Beim AZ-Besuch lachen die Reinigungskräfte in die Kamera, machen Späßchen - obwohl der Job oft kein angenehmer ist. Aber: "Wir sind hier wie eine Familie", sagt Markanta. Spaß bei der Arbeit gehört für sie dazu. Man nimmt ihr ab, dass sie, auch wenn keine Kamera dabei ist, die gleiche familiäre Atmosphäre haben.

An einem Werktag zu Schulzeiten fahren in München rund zwei Millionen Fahrgäste pro Tag mit der U-Bahn. Rund 900 Menschen passen in einen Zug. Da ist er allerdings schon ganz schön voll, das passiert hauptsächlich nach großen Konzerten oder der Wiesn. Im normalen Pendelverkehr steigen rund 600 Menschen in eine U-Bahn.

Wenn der Zug richtig voll ist, wird er auch schneller dreckig. Keine Überraschung: Am schmutzigsten sind die Züge zum Oktoberfest. Darauf angesprochen, verdreht die gebürtige Griechin Despina Andronikidon erst einmal die Augen. Ob es so schlimm sei? "Nach so vielen Jahren nicht mehr. Aber dann ist mit Abstand am meisten zu tun - und beim Fußball", sagt sie. Ein bisschen scheint es, als würde sich das Team über die Wiesn- und Fußball-Saubären jedes Mal aufs Neue wundern.

Dabei kommen die ganz akuten Fälle kaum in der Halle 11 an. Übergibt sich beispielsweise jemand im Zug oder erleichtert sich gar auf einem Sitz, kann es sogar passieren, dass dieser direkt aufs Abstellgleis wandert, der Fahrer in eine neue U-Bahn umsteigt und mit dem sauberen Fahrzeug weiterfährt. Die schlimme Sauerei machen dann die mobilen Reinigungsteams sauber.

"Mehr Menschen bedeuten mehr Schmutz"

Martin Daxberger ist Reinigungskoordinator am Betriebshof Nord. Er weiß, wie es um die Sauberkeit in den Münchner U-Bahnen bestellt ist.

Beschwert wird sich eher selten. "Weniger als einmal im Monat erreicht uns eine Beschwerde über mangelnde Sauberkeit", sagt er. Ob es Komplimente für die sauberen Münchner U-Bahnen gibt? "Das auch nicht. Ich glaube, da greift die bayerische Weisheit: ‚Ned gschimpft, is globt gnua!', sagt er und lacht.

Und wahrlich: Nicht in allen deutschen Städten sind die U-Bahnen im Schnitt so sauber wie in München. Täglich werden die sogenannten Berühr- und Sitzflächen gereinigt und der Boden gewischt. Zur Wiesn gibt es zusätzliche Touren.

Rund alle vier bis fünf Wochen werden die älteren Modelle gewartet und bekommen dann auch gleich eine Grundreinigung. Die neueren Modelle kommen weniger oft in die Halle 11.

Und wo ist es am dreckigsten? Zwischen den Linien gibt es Unterschiede. Am stärksten verschmutzt ist im Schnitt die U2. Das liegt nicht etwa an den Schmutzfinken von Feldmoching bis zur Messestadt Ost. "Die Linie ist weit mehr ausgelastet als die U4 oder die U1", sagt Daxberger. Nach der U2 seien es noch U6 und U3, die stärker verschmutzt seien. Daxberger: "Mehr Menschen bedeuten eben auch mehr Schmutz."

Beim AZ-Besuch kullert noch das ein oder andere Rollsplit-Steinchen aus dem alten U-Bahnwaggon. "Durch Salz und Rollsplit ist im Winter mehr zu tun", erklärt Daxberger. Deshalb wischt Reinigungskraft Sammy mit dem Mopp doppelt gründlich.

"Die Arbeit macht Spaß", sagt er, deutet auf seine Chefinnen und streckt den Daumen nach oben. Die teils unschöne Arbeit versucht man hier mit Humor zu nehmen. Mit einem zweiten Mopp wischt Sammy auch die Decke im Waggon. Dabei macht er Witze und tanzt dann um seinen Mopp herum.

Um die Kaugummis, Brezenkrümel, Fetttapser und Schmierereien zu entfernen, braucht ein Reinigungsteam pro Schicht für einen P6, also einen Zug aus sechs Waggons der Klasse A oder B, 40 Liter Neutralreiniger und etwa fünf Liter Glasreiniger.

Vier bis fünf Stunden ist das Team von Markanta und Andronikidon beschäftigt. Sind die Fenster geputzt, die Sitze poliert und der Boden gewischt und mit Pflege eingelassen, werden die U-Bahnen wieder auf die Gleise geschickt.

Für das Reinigungsteam bedeutet das eine kurze Verschnaufpause - bis der nächste Zug aufs Reinigungsgleis rollt. Und das Team um Andronikidon und Markanta den Hinterlassenschaften der Münchner Schmutzfinken aufs Neue zu Leibe rückt.