Bayern

Endzeitstimmung im Galeria: Kaufhaus-Ära geht zu Ende

Das "Tietz"-Haus am Hauptbahnhof war seit 1905 ein Warenhaus. Nach der Sanierung sollte Galeria hier wieder einziehen. Nun hat Signa das Aus verkündet, 250 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Sie fühlen sich getäuscht. Auch eine Kaufhaus-Ära geht zu Ende.


"Weiterhin für Sie geöffnet", wirbt Signa groß auf seinen Baustellenzäunen am früheren Traditionskaufhaus am Hauptbahnhof - doch dieses Versprechen gilt nicht mehr.

"Weiterhin für Sie geöffnet", wirbt Signa groß auf seinen Baustellenzäunen am früheren Traditionskaufhaus am Hauptbahnhof - doch dieses Versprechen gilt nicht mehr.

Von Nina Job

München - Aus den Lautsprechern tönt Dudelmusik, auf den Verkaufstischen locken Osterartikel, leichte Kleidung für den Frühling und Handtaschen in Neonfarben. Es ist Dienstag, der Tag, nachdem die Mitarbeiter bei einer Betriebsversammlung erfahren haben, dass das Aus der Galeria-Filiale zwischen Hauptbahnhof und Stachus besiegelt ist. Das Kaufhaus ist wieder geöffnet, die Verkäuferinnen und Verkäufer beraten, bedienen, kassieren. Kunden kommen und gehen. Doch die bunten Verkaufsartikel und die fröhliche Musik können nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier Endzeitstimmung herrscht.

Verkäuferinnen stehen zusammen, trösten sich

Eine bleiern traurige Atmosphäre liegt in der Luft in einem der bekanntesten Kaufhäuser Münchens - eine Mischung aus Enttäuschung, Resignation und Wut. "Es ist, wie es ist", sagt eine Verkäuferin (52) zur AZ. "Wir können es nicht ändern", dann dreht sie sich schnell weg, sie möchte nicht, dass man sieht, dass ihr die Tränen in die Augen schießen.

In den Gängen stehen Verkäuferinnen in Grüppchen zusammen, um sich auszutauschen und Trost zu spenden. Es fallen die Worte Insolvenz, Transfergesellschaft und René Benko. Eine Mittvierzigerin sagt resigniert zu einer Kollegin, zur Not könne sie immer noch "zu Amazon" gehen. Eine andere sagt, dass ihr die Älteren leidtun, die schon so lange dabei sind und sich nun schwertun würden, etwas Neues zu finden.

"Wir haben auch ein Ehepaar hier", erzählt eine ältere Mitarbeiterin der AZ. "Die verlieren nun beide gleichzeitig ihre Arbeit, wenn hier am 30. Juni das Licht ausgeht."

An den Kassen wünschen Kunden den Angestellten zum Abschied "Alles Gute!"

Es waren vor allem viele Stammkunden, die der Filiale die Treue hielten. Attraktiv und einladend wirkte die Galeria Karstadt-Filiale (vormals Galeria Karstadt Kaufhof) von außen schon länger nicht mehr: Auf der Seite zum Stachus ist die Großbaustelle, auf der das Luxushotel Königshof entsteht. Direkt dahinter, vor dem Eingang zu Galeria steht ein Bagger - es ist laut und staubt. Auch die Zugänge an der Schützenstraße und Prielmayerstraße wirken wenig attraktiv. Über den Türen stehen Karstadt-Schriftzüge, daneben im Schaufenster prangen Galeria-Embleme - wie heißt das Kaufhaus?

Auch auf der anderen Seite gegenüber vom Hauptbahnhof, ist Großbaustelle. Hier lässt René Benkos Immobilien-Holding Signa das denkmalgeschützte "Hermann Tietz"-Haus, in dem früher Hertie war, grundsanieren.

Den Baustellenlärm, das Provisorische, die staubige Umgebung - all das, dachten die Galeria-Mitarbeiter sei bald überstanden. Die Filiale sollte in den Altbau umziehen, wenn dieser fertig saniert ist.

So wurde es den rund 250 Mitarbeitern versprochen. Und das verkündeten auch gestern noch große Ankündigungen an den Bauzäunen rundum: "Weiterhin für Sie geöffnet. Zukünftig in neuem Glanz" heißt es dort. Auf schönen Visualisierungen, die ein prächtig saniertes Gebäude direkt gegenüber vom Hauptbahnhof zeigen, prangt der Galeria-Schriftzug. "Alles zerplatzt wie eine Seifenblase", sagt eine Verkäuferin. "Benko hat uns verarscht."

Unter den Mitarbeitern macht gestern ein Gerücht die Runde: Nämlich, dass bereits eine Abrissgenehmigung für den Gebäudeteil vorliege, in dem sie derzeit noch arbeiten. Ende des Jahres könnte der neue Königshof fertig werden, dann sei die Bahn frei für einen Abriss - und einen schicken Neubau. Das ließ sich gestern nicht bestätigen.

Signa teilte auf Anfrage mit: "Als Eigentümer des Gebäudes hat es für uns höchste Priorität, das alte ,Hermann Tietz'-Haus im Einklang mit dem Denkmalschutz und der städtischen Verwaltung zu sanieren". Man wolle den Münchnern ein "glanzvolles Stück Architektur in der Münchner Innenstadt - auch ohne Warenhaus an dieser Stelle - zurückzugeben".

Einige Galeria-Mitarbeiter vermuten: Die einst für Galeria gedachten Verkaufsräume im irgendwann schick sanierten Altbau werde Benko dann lieber teuer vermieten - zum Beispiel an ein Luxuslabel.