Flutpolder

Das Unglück kam in Sekundenschnelle

Hochwasser hat die Donau-Anlieger in den vergangenen Jahren arg mitgenommen


So hoch stand das Wasser im Juni 2013: Herbert Pfeffer zeigt auf die alte Haustüre, in die sich der Wasserstand damals förmlich eingebrannt hat. Er und seine Frau Franziska mussten damals viel aushalten.  Foto: pk

So hoch stand das Wasser im Juni 2013: Herbert Pfeffer zeigt auf die alte Haustüre, in die sich der Wasserstand damals förmlich eingebrannt hat. Er und seine Frau Franziska mussten damals viel aushalten. Foto: pk

Von Peter Kallus

Das Unglück brach über Deggendorf innerhalb weniger Minuten herein: Am 4. Juni 2013 wurden große Teile von Fischerdorf und Natternberg komplett überflutet, und viele Häuser standen metertief im Wasser. Mehr als tausend Häuser wurden unbewohnbar, und wie durch ein Wunder kam niemand direkt zu Schaden. Doch das, was der Dammbruch den Donau-Anwohnern beschert hatte, glich nichtsdestotrotz einer Apokalypse: Viele Menschen schafften es nicht mehr, ihre wichtigsten Dinge aus den Häusern zu retten.

Für verendete Haustiere - und derer gab es sehr viele - wurden in den Tagen darauf an vielen Straßenkreuzungen eigens große Container aufgestellt. Die Luft in der Großen Kreisstadt war geschwängert vom Gestank von verwesendem Fleisch, gemischt mit den Kerosin-Dünsten der über dem Katastrophengebiet kreisenden Hubschrauber. Aus der Volksfestwiese war ein Hubschrauberlandeplatz geworden, und bis aus dem Straubinger und Chamer Land setzten sich gewaltige Hilfskolonnen in Richtung der "versunkenen Dörfer", wie unsere Zeitung seinerzeit titelte, in Bewegung.

Ganz Fischerdorf stand 2013 unter Wasser, darunter auch Haus und Hof von Herbert Pfeffer (im Bild rot markiert).  Luftfoto: pk

Ganz Fischerdorf stand 2013 unter Wasser, darunter auch Haus und Hof von Herbert Pfeffer (im Bild rot markiert). Luftfoto: pk

Von Außenwelt abgetrennt

In Passau hatte die Flut bereits am Abend des 3. Juni zur schwersten Überschwemmung seit 500 Jahren geführt. Die Häuser von Tausenden Menschen versanken in den anschwellenden Fluten.

Insbesondere in Deggendorf kam ein weiteres Problem hinzu: So waren Teile der Stadt regelrecht von der Außenwelt abgeschnitten. Denn blitzschnell hatten die Wassermassen auch die Autobahnen überflutet, und so mancher Brummifahrer konnte sich nur durch einen Klimmzug auf das Lastwagendach vor dem Ertrinken retten. Wie konnte es dazu kommen ? Auslöser für die Katastrophe war damals, dass der Rückstau der Donau einen Damm an der Isar brechen ließ.

So waren viele völlig überrascht, denn die Fluten kamen aus einer ganz anderen Richtung als erwartet. Inzwischen hat sich in und um Deggendorf viel getan, und nicht zuletzt erwies sich dabei der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter als Antreiber. So wurden die Deiche gesichert und erhöht und auch sonst allerhand Schutzmaßnahmen ergriffen. Doch ob das wirklich ausreicht, falls es erneut zu einem derartigen Hochwasser kommt ? Viele Politiker entlang der Donau setzen auf einen umfassenden Hochwasserschutz, der Hand in Hand mit dem Donauausbau umgesetzt werden soll. Für sie gehören die geplanten Flutpolder entlang der Donau unbedingt dazu. Ohne Wenn und Aber - und ohne Ausnahme.

Nur mit den Flutpoldern, auch bei Regensburg, lasse sich ein wirksamer Hochwasserschutz verwirklichen, davon ist auch der Passauer Landrat Franz Meyer überzeugt, der eine neue Katastrophe in seinem Landkreis verhindern will. Im Bauernhof des Fischerdorfers Herbert Pfeffer (45) stand im Juni 2013 das Wasser meterhoch. Seine 65 Kühe konnte er gerade noch in Sicherheit bringen, doch für sein Hab und Gut gab es keine Rettung mehr, so schnell kam das Wasser.

"Ich musste weinen"

"Als ich unsere Häuser und Ställe in den Fluten versinken sah, da musste ich weinen. Denn da wurde mir bewusst: Alles, was wir unser Lebtag erarbeitet haben, säuft ab", so Pfeffer. Zwei Millionen Euro Schaden hat er damals erlitten. Umso schlimmer war alles für Herbert Pfeffer, da er sich und die Seinen bis in Sicherheit wiegte. Er selbst, neben seinem Landwirtsberuf auch Feuerwehrler mit Leib und Seele, hatte bis zuletzt Sandsäcke aufgetürmt, um andere vor den Fluten zu sichern.

Doch dann kam das Wasser aus einer Richtung, aus der man es gar nicht erwartete. Nicht einmal die Autobahn konnte es aufhalten - auch sie wurde überspült. Die Wochen und Monate darauf waren für ihn und seine Frau Franziska ein Albtraum. Man versuchte zu retten, was noch zu retten war, und musste dafür unzählige Tage und Wochen quasi im Schlamm wühlen.

Herbert Pfeffer, auf dessen Schulter seine Franziska mit melancholischem Blick sanft ihren Kopf legt: "Ein zweites Mal würden wir das nicht wieder alles aufbauen. Deswegen hoffe ich, dass wir hier in Fischerdorf einen bestmöglichen Hochwasserschutz bekommen. Und dazu gehören auch die Flutpolder bei Regensburg. Unsere Sicherheit sollte den Menschen dort nicht gleichgültig sein."