Geiselhöring/Straubing-Bogen

Verdunkelung bei Kreistagswahl? - Ministerium: Wenn, dann kreisweit wiederholen


Werden sie bald wieder gebraucht? Gut möglich, dass die Gemeinden ihre Wahlkabinen demnächst erneut aufstellen müssen. (Foto: Ralf Hirschberger)

Werden sie bald wieder gebraucht? Gut möglich, dass die Gemeinden ihre Wahlkabinen demnächst erneut aufstellen müssen. (Foto: Ralf Hirschberger)

Von Uschi Ach

Eigentlich wollen die Betroffenen gar nicht dran denken und schon gar nicht darüber sprechen - zumindest nicht öffentlich. Trotzdem wird derzeit von der Staatsanwaltschaft auch die Kreistagswahl überprüft. Sollte sich bei der Geiselhöringer Bürgermeister- und Stadtratswahl eine Wahlfälschung ergeben, so könnte dies auch für die Kreistagswahl fatale Folgen haben. Denn laut Innenministerium muss dann die Kreistagswahl im gesamten Landkreis nachgeholt werden. Und das wird nicht nur teuer.

Es ist ein besonderer Tag, dieser 16. März 2014 - es ist Wahltag. Monatelang haben sich die Parteien akribisch darauf vorbereitet. Sie haben Kandidatenlisten erstellt, waren von Wahlversammlung zu Wahlversammlung unterwegs, haben Infostände aufgestellt, Plakate aufgehängt und Tausende von Leberkässemmeln, Kugelschreibern oder schwarze Nudeln verteilt. Auch die Gemeinde- und Stadtverwaltungen haben sich für diesen Tag gerüstet, haben Wahllokale und Wahlhelfer organisiert, Wahlkarten verschickt und zum Teil bürgerwahlfreundliche Serviceportale ins Leben gerufen. Und auch das Landratsamt mit der Landkreiswahlleiterin Birgit Fischer-Rentel fühlte sich für den Wahltag gewappnet.

Der Blick zurück
Nur wenige Tage nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses ficht der abgewählte Geiselhöringer Bürgermeister Bernhard Krempl die Stadtrats- und Bürgermeisterwahl wegen vermeintlicher Unregelmäßigkeiten vor allem bei einigen Briefwahlbezirken offiziell an. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft. Sie war von Fischer-Rentel eingeschaltet worden, weil die Kreiswahlleiterin "auf den ersten Blick zahlreiche Unregelmäßigkeiten und identische Ausfüllmuster" bei den Wahlzetteln erkennen konnte. Allerdings nicht nur bei der Geiselhöringer Bürgermeister- und Stadtratswahl: Auch bei den Wahlzetteln der Kreistagswahl gab es Auffälligkeiten.

Ein Sitz geht hin und her
Und noch ein Blick zurück auf den Wahltag: Bei der Kreistagswahl wird es erstaunlich eng. Zwischen der ÖDP und der CSU geht ein Sitz ständig hin und her. Mal hat die CSU 30 und die ÖDP sechs, mal die CSU 31 Sitze und die ÖDP fünf. Schlussendlich geht der heiß umkämpfte Sitz an die CSU. Unterm Strich handelt es sich dabei um 650 Stimmen. Das sind 10,83 Wähler - rein rechentechnisch. Ein Wähler hat 60 Stimmen.

Der Blick in die Zukunft: Sollte sich der "Tatbestand der Wahlfälschung" als begründet erweisen, werde vom Landratsamt die Wahlverdunkelung festgestellt und die Wahl für ungültig erklärt, das hatte Fischer-Rentel damals angekündigt. Eine Wahlverdunkelung sei grundsätzlich dann anzunehmen, wenn die Wahlfälschung auf das Ergebnis der Wahl einen Einfluss hat. Somit muss die Kreistagswahl wiederholt werden, wenn sich eine Auffälligkeit bei den Stimmzetteln von nur elf Wählern ergibt. Zum Vergleich: Bei der Bürgermeisterwahl handelt es sich um 303 Stimmen. Diese hatte der abgewählte Bürgermeister weniger als sein Herausforderer Herbert Lichtinger. Dort gilt dasselbe. Sollten 304 Wahlunterlagen als gefälscht eingestuft werden, muss auch die Bürgermeisterwahl wiederholt werden.

Wahl kurzzeitig angefochten
Nachdem nach der Wahl der Verdacht auf Wahlfälschung bekannt geworden war, hatte der Kreisvorsitzende der ÖDP/PU, Bernhard Suttner, spontan die Kreistagswahl angefochten, nicht aber mehr bei der für die Kreistagswahlen zuständigen Regierung von Niederbayern. Als Erklärung für den Rückzug hatte er publik gemacht, dass er der Verwaltung und der Justiz vertraue. Allerdings hatte sich zu diesem Zeitpunkt auch bereits herumgesprochen, dass bei einer Wahlwiederholung der Kreistag im gesamten Landkreis neu gewählt werden muss. Somit war zu befürchten, dass bei einer Anfechtung durch Suttner auch die ÖDP für die entstandenen Kosten indirekt verantwortlich gemacht werden könnte.

Inzwischen wurde die damalige Vermutung durch den Pressesprecher des Innenministeriums bestätigt. Wie Stefan Frey erklärte, wurde der für Wahlen zutreffende Artikel 52 am 16. Februar 2012 geändert. Im Unterschied beispielsweise zur Rodinger Wahlwiederholung 2006 sei eine Beschränkung nicht mehr zulässig, wenn eine bewerbende Person die Wählbarkeit am Tag der Nachwahl nicht mehr besitzt oder von der Bewerbung wirksam zurückgetreten ist.

Im Klartext betrifft dies Landrat Josef Laumer. Stand er am 16. März als Spitzenkandidat auch noch auf der Kreistagsliste, so wird er als Landrat nicht mehr als Kreistagskandidat antreten können. Dazu sagt Pressesprecher Frey: "Ein gewählter Landrat ist nicht mehr als Kreisrat wählbar." Außer: Der Landrat würde sein Amt als Landrat aufgeben und als Kreisrat tätig werden wollen. Und das will Josef Laumer nicht.

Damit ist sicher: Sollte bei nur elf Kreistagsstimmzetteln eine Wahlfälschung nachgewiesen werden, dann liegt eine Wahlverdunkelung vor und es muss im gesamten Landkreis nachgewählt werden. Nicht nur in Geiselhöring selbst.

Wer darf wählen?
Bis dahin sollte vonseiten des Innenministeriums allerdings zuverlässig geklärt sein, ob bei den nächsten Wahlen auch die osteuropäischen Mitbürger wieder wählen dürfen. Ministeriumssprecher Frey äußert sich diesbezüglich eher etwas vage: Ob EU-Bürger wahlberechtigt sind, sei anhand der Umstände des Einzelfalls zu klären. Sind sie im Melderegister und im Wählerverzeichnis einer Gemeinde eingetragen, spricht eine Vermutung für eine Wahlberechtigung. Dass der Lebensmittelpunkt tatsächlich ein anderer ist, müsse anhand der Umstände des Einzelfalles nachgewiesen werden. Dass Gemeindeverwaltungen damit überfordert sein könnten, dürfte sich allerdings bei der letzten Wahl gezeigt haben. Denn noch ist es möglich, dass die GbRs, in denen die Rumänen organisiert sind, für ihre Lohnarbeiter die Wohnsitzanmeldungen kollektiv vornehmen dürfen. Wer kann da schon sagen, wer wirklich anwesend ist? Aber auch in diese Richtung ermittelt die Kriminalpolizei seit Wochen.