Landshut

Ein Richterspruch und seine Folgen

Nach Urteil zur Festzeltvergabe: Vorholzer zufrieden, Widmann junior kündigt Berufung an


Der ?Landshuter Bierkrieg? geht in die nächste Runde.

Der "Landshuter Bierkrieg" geht in die nächste Runde.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg hat die Landshuter Dultlandschaft bis ins Mark erschüttert. Dass das Gericht die Entscheidung des Dultsenats, das große Festzelt bei der Bartlmädult an Franz Widmann junior zu vergeben, kurzerhand für rechtswidrig erklären würde, hatte so im Vorfeld des Verfahrens kaum jemand erwartet. Da die schriftliche Urteilsbegründung aber noch aussteht, will man seitens der Verantwortlichen zunächst weitgehend abwarten. Erste Konsequenzen wurden dennoch bereits gezogen: Zum einen wird die Vergabe des Festzeltes für die Sommerdult 2018 nicht mehr - wie ursprünglich geplant - in diesem Jahr erfolgen. Und Franz Widmann junior, der vom Dultsenat vergangenes Jahr favorisierte Festwirt, hat bereits angekündigt, in jedem Fall vor dem Oberverwaltungsgericht Berufung gegen das Urteil einzulegen - unabhängig davon, wie die Stadt als Unterlegene vor Gericht reagieren wird.

Peter Vorholzer strahlt nach der Entscheidung des Gerichts große Zufriedenheit aus. Nach Bekanntwerden seiner Klage war der ausgebootete Festwirt in manchen Kreisen zu einer Persona non grata geworden. Viel war über ihn hinter vorgehaltener Hand geschimpft worden. Nun ist ihm die Genugtuung deutlich anzumerken. Auf die Frage, ob er mit diesem, für ihn so positiv ausgefallen Urteil gerechnet habe, antwortet er trocken: "Ja klar, sonst hätte ich ja nicht geklagt." Über sein weiteres Vorgehen werde er sich mit seinem Rechtsbeistand besprechen, sobald die schriftliche Begründung des Urteils vorliege. Sein Anwalt hatte während der Verhandlung bereits angekündigt, im Falle eines positiven Ausgangs die Stadt Landshut auf Schadensersatz zu verklagen. "Da sprechen wir über einen fünfstelligen Betrag", sagt Vorholzer. Gespannt sei er nun, wie die Stadt bei der nächsten Vergabe reagieren wird. Große Hoffnung macht er sich jedoch nicht: "Das wird sich erst ändern, wenn noch mehr Leute erkennen, dass Erwin Schneck auf seinem Posten nicht mehr tragbar ist."

Dieser Posten, das ist der Vorsitz des Dultsenats. Unverhohlen wurde Schneck in der Süddeutschen Zeitung "Spezlwirtschaft" vorgeworfen. Schließlich sei er nicht nur ein Parteifreund, sondern auch persönlich freundschaftlich verbunden mit der Freien-Wähler-Landtagsabgeordneten Jutta Widmann, der Mutter des jungen Festwirts Franz Widmann. Schneck und Stadtrat Robert Mader (ebenfalls Freie Wähler) seien, so wörtlich in der SZ, "gebrieft worden, den Rest des Dultsenats mit fadenscheinigen Argumentationen einzulullen, um die Räte pro Widmann zu beeinflussen". Zweifellos harter Tobak. "Vielleicht sollte sich der Erwin von seinem Posten zurückziehen, um sich selbst erst einmal aus der Schusslinie zu nehmen", sagt ein Kenner der Szene.

Erwin Schneck lehnt Rückzug kategorisch ab

Davon will der dritte Bürgermeister jedoch gar nichts wissen: "Das kommt für mich überhaupt nicht in Frage. Das wäre ja ein Eingeständnis, dass ich tatsächlich etwas falsch gemacht oder in der Art, wie man mir hier vorwirft, agiert hätte. Das ist aber nicht der Fall." Vielmehr will Schneck nun selbst in die Offensive gehen: "Robert Mader und ich prüfen rechtliche Schritte, um gegen diese Vorwürfe vorzugehen. Das ist in meinen Augen üble Nachrede, die man sich nicht bieten lassen muss."

Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP) will über Schneck - genauso wie über alle übrigen Mitglieder des Dultsenats - nicht den Stab brechen: "Auf keinen Fall will ich Herrn Schneck wie auch den anderen Stadträten unterstellen, dass sie ihre Entscheidung nicht nach bestem Wissen und Gewissen getroffen haben." Und von Aktionismus halte er ohnehin nichts: "Wir werden die schriftliche Begründung abwarten und dann in Ruhe analysieren, wie wir weiter vorgehen werden." Davon werde auch abhängen, ob auch die Stadt - analog zu Franz Widmann junior - Berufung gegen das Urteil einlegen wird. "Erfreulich ist das alles natürlich nicht", räumt Putz ein. "Umso wichtiger ist es nun, sorgfältig nachzuarbeiten und die Vergabe künftig auf eine solide Basis zu stellenz." Deshalb werde man in der Sitzung des Dultsenats am 18. Dezember zwar die Vergaben für das kommende Jahr wie geplant durchführen, die Entscheidung darüber, wer das große Festzelt bei der Bartlmädult 2018 bekommt, jedoch zurückstellen. "Ich habe mit dem Dultsenat vereinbart, dass wir das so handhaben werden", sagt Putz. Ein Indiz dafür, dass der Oberbürgermeister die Angelegenheit nun zur Chefsache machen wird.

Schausteller-Chef Christian Buchner spricht von einer "schwierigen Geschichte für unsere ganze Berufsorganisation". Wenn man nun nicht aufpasse, könnten die Landshuter Dulten langfristig irreparablen Schaden nehmen. Dies gelte es unbedingt zu verhindern. Optimistisch klingt Buchner jedoch nicht: "Früher hat man sich an den Biertisch gesetzt, alles ausgeredet und hinterher war es gut. Diese Zeiten sind leider vorbei." Auf die Frage, ob ihm ein ähnlicher Fall bekannt sei, antwortet Buchner: "Meines Wissens gab es das zumindest in Bayern bislang noch nicht." Somit kann die Bartlmädult in dieser Hinsicht nun mit einem Alleinstellungsmerkmal aufwarten. Auch wenn man darauf ganz sicher sehr gerne verzichtet hätte.

Der unendliche Streit um das große Festzelt

09.12.2014: Festwirt Peter Vorholzer gibt eine Bewerbung für die aus seiner Sicht "lukrativere" Frühjahrsdult ab, blitzt aber beim Dultsenat ab.

22.01.2015: Vorholzer kündigt Klage gegen die Entscheidung des Dultsenats an.

27.03.2015: Das Verwaltungsgericht Regensburg lehnt Vorholzers Eilantrag ab, wirft dem Dultsenat jedoch zugleich mangelnde Transparenz vor.

30.08.2015: Der Abschluss der 676. Bartlmädult ist der - bis heute - letzte Tag von Peter Vorholzer als Festwirt in Landshut.

15.11.2015: Der Streit der Festwirte hat zu neuen Vergaberichtlinien geführt. Nun soll die Bewertung nach festen Kriterien und einem Punkteverfahren erfolgen.

16.12.2015: Festwirt Peter Vorholzer geht bei der Vergabe des großen Festzelts für die beiden Dulten 2016 erstmals komplett leer aus. Zum Zuge kommt dafür bei der Bartlmädult Franz Widmann junior.

23.12.2015: Gegen die Entscheidung des Dultsenats reichen elf Stadträte einen Nachprüfungsantrag ein.

30.01.2016: Das Plenum bestätigt die Entscheidung des Dultsenats.

14.12.2016: Erneut vergibt der Dultsenat das große Festzelt für die Bartlmädult an Widmann junior. Die Verwaltung hatte dagegen die Bewerbung Vorholzers favorisiert.

Frühjahr 2017: Vorholzer legt gegen die Entscheidung Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein.

28.07.2017: Auf Druck des Verwaltungsgerichts Regensburg passt der Dultsenat die Vergaberichtlinien an.

01.12.2017: Das Verwaltungsgericht bezeichnet in seinem Urteil die Vergabe des großen Festzelts an Widmann junior als "rechtswidrig".

Kommentar: Wenig bedauerlich

Die Dultwelt war jahrelang klar geregelt: Im Frühjahr durfte der eine Festwirt ran und das große Zelt betreiben, im Herbst der andere. Es war ein Geben und Nehmen, alles ging seinen vorgezeichneten Weg. Dann plötzlich machte der eine Festwirt dem anderen die (angeblich lukrativere) Frühjahrsdult streitig. Ab da war es vorbei mit der scheinbar so heilen Dultwelt, wo die Rollen fest verteilt waren. Und das ist auch gut so. Schließlich war die Vergabe der Festzelte, die der Dultsenat beschloss, und von der bis dahin beide Festwirte profitierten, nie wirklich durchsichtig. So sahen es 2015 auch die Richter am Regensburger Verwaltungsgericht. Seitdem muss der Dultsenat seine Vergabepraxis an festgelegten Kriterien messen lassen. Dass das der ganzen Angelegenheit mehr Transparenz verleiht, kann man nun am aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts ablesen. Die Zeiten sind (hoffentlich) vorbei, in denen man solcherlei Dinge unter sich geregelt hat - und das ist alles andere als bedauerlich. Emanuel Socher-Juki