Raser

Kalteck-Prozess: Zeugin ging von Suizidversuch aus


Oberstaatsanwalt Oliver Baumgartner vertritt die Anklage.

Oberstaatsanwalt Oliver Baumgartner vertritt die Anklage.

Vor der Ersten Strafkammer am Landgericht Deggendorf ist am Freitagvormittag der dritte Prozesstag im Raserprozess von Kalteck gestartet.

Im Saal sind erneut viele Zuschauer und kaum Medienvertreter. Ein Zeuge, der ganz in der Nähe der Straße zwischen Leithen und Kalteck wohnt, wo der tödliche Unfall passierte, erwähnte die auffallend lauten Motorradgeräusche des Audi und des Motorrads. "So etwas Schnelles habe ich noch nie gesehen", so der Maler, der die Straße generell als "Rennstrecke" bezeichnete. Auch sagte er in seiner Vernehmung, dass ihm der Motorradfahrer mit seiner gelben Maschine schon öfter in diesem Bereich aufgefallen war. Der Autofahrer war dem Zeugen, der seit 30 Jahren dort wohnt, zuvor nicht bekannt.

Ähnliches sagte auch eine weitere Zeugin aus, die am Unfallabend in der Nähe Minigolf gespielt hatte. Sie will die Fahrzeuge mehrmals "in einer Affengeschwindigkeit" gesehen haben. Auf einmal hätte "Totenstille" geherrscht und später habe sie bereits die Sirenen der Einsatzkräfte vernommen.

Ihre Schwester erinnerte sich daran, zuvor auch einen Traktor und den hinter diesem fahrenden Opel Ascona von Unfallopfer Heiko A. gesehen zu haben. Uneinig waren sich die Zeugen, wie oft genau die beiden Angeklagten die kurvige Bergstrecke rauf und runter gefahren sind und in welcher Reihenfolge.

Ein vierter Zeuge sprach von quietschenden Reifen, die er bei der Bergabfahrt gehört habe. Auf Nachfrage eines Schöffen erklärte dieser Zeuge auch, dass er den Unfall selbst zwar nicht anhand eines Geräusches wahrnahm, jedoch den Motorradfahrer kurz bevor Sirenen zu hören waren, auffällig langsam bergab fahren sah.

Frau hatte überlegt, die Raser zur Rede zu stellen


Mit der Aussage der fünften Zeugin wurde die Verhandlung am späten Vormittag fortgesetzt. Durch Zufall handelt es sich bei der Befragten, die die beiden Raser von der Terrasse eines Hotels aus bemerkte, um eine Frau aus Ingolstadt, die in der Automobilindustrie arbeitet. Sie könne Geschwindigkeiten und Motorgeräusche gut einordnen, so die Frau, habe sie doch in ihrem Beruf auch mit Crashtests und Versuchsfahrten mit Dummys zu tun. Sie schätzte die Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeuge auf 200 Stundenkilometer und sei am Unfalltag, dem 14. Juli 2018, zunächst von einem Suizidversuch eines der Fahrer ausgegangen. "Ein Unfall war zu erwarten", so die Zeugin.

Eine weitere Frau hatte die beiden Angeklagten unter anderem auf dem oberen Parkplatz bei Kalteck gesehen, wie sie mit offenem Visier und heruntergelassenem Autofenster gestikuliert und gesprochen hätten als ob sie sich über die Strecke unterhalten würden. Auf einem Video zeigte sie, wo sie zuvor von dem roten Auto und dem gelben Motorrad überholt worden war. Die 33-Jährige hatte damals sogar noch überlegt, ob sie die beiden Fahrer zur Rede stellen sollte. Hätte sie dies getan, so der Anwalt von Beate A., könnte deren Mann heute noch leben und der Sohn wäre wohl nicht schwerstverletzt worden.

Auch ein Beamter der Deggendorfer Polizei, der privat unterwegs war, und ein Krankenpfleger, der die beiden Fahrzeuge auf der Strecke geshen hatte, schilderten ihre Beobachtungen zur Fahrweise.

Insgesamt sind am Freitag17 Zeugen vernommen worden. Darunter unter anderem am Nachmittag der Verkäufer, bei dem der angeklagte Bundespolizist seinen Audi TT RS mit 400 PS erworben hatte. Der Mann habe beim Verkaufsgespräch darauf hingewiesen, "dass der TT eine Waffe ist". Den jungen Mann, den er schon länger kennt, da er mit dem Sohn zur Schule ging, beschrieb er als "vernünftig" und "anständig". Weiter sagte ein Polizeibeamter aus, der den angeklagten Motorradfahrer, einen 54-jährigen Maurer, nach einer Durchsuchungsaktion drei Tage nach dem tödlichen Unfall vernommen hatte.

Urteil erst später


Der nächste Verhandlungstermin ist am 4. November. Das Urteil wird wohl doch nicht wie geplant am 15. November fallen, sondern könnte womöglich erst am 21. November oder noch später gesprochen werden, da mit zeitlichen Verzögerungen gerechnet wird.