Wirtschaft

Digitalisierung beim Bau: Planung ohne Papier

Digitalisierung ist auch dort gefragt, wo Gebäude entwickelt werden. Was man dabei von den USA lernen kann - und wo es mehr Tempo braucht.


Ein Mann mit VR-Brille bei der Planung von Gebäuden. So futuristisch geht es in der Realität noch nicht zu. Expertin Laura Lammel fordert mehr Dynamik in der Digitalisierung.

Ein Mann mit VR-Brille bei der Planung von Gebäuden. So futuristisch geht es in der Realität noch nicht zu. Expertin Laura Lammel fordert mehr Dynamik in der Digitalisierung.

Von Martina Scheffler

Nein, es ist sicher kein Zufall, dass Laura Lammels Begeisterung für die Digitalisierung in der Bauplanung ihren Ursprung in den USA hat. Dort studierte die Obermeisterin der Bauinnung München-Ebersberg in den 90er Jahren.

"Roboter auf der Baustelle - so weit sind wir noch nicht" - selbst im Silicon Valley sei das erst in Teststrecken der Fall. Dort habe sie bereits erlebt, dass Beteiligte auf einer Baustelle mit einer AR-Brille arbeiten und mit Kollegen vor Ort auf der Baustelle und in der Zentrale in Echtzeit zusammenarbeiten und bauliche Fragestellungen direkt lösen.

In den USA herrsche eine ganz andere Dynamik - auch aufgrund der anderen Arbeitswelt, die wenig mit der "Allumsorgung" in Deutschland zu tun habe. Daher sei auch die Bauplanung in den USA bereits vollständig digital. "Dahin müssen wir auch kommen", sagt Lammel der AZ.

Laura Lammel.

Laura Lammel.

Die Realität in Deutschland dagegen, bemängelt die Obermeisterin und Geschäftsführerin eines Bauunternehmens, sei eine andere: Ausschreibungen im öffentlichen Bau erfolgten in der Regel teilweise noch im Papierformat.

Ihre Hoffnung: Jeder gestellte Bauantrag müsse verpflichtend in einem digitalen Zwilling dargestellt werden. Auch für Städteplanung und Nachhaltigkeit ist das ihrer Ansicht nach erforderlich. Man brauche die Verarbeitung von Daten wie der Erhitzung in der Stadt, dem Verkehrsfluss, zum Stand der Häuser zur Verschattung und zum Verlauf der Windkanäle: "In der Kommunenplanung muss das jetzt endlich Einzug halten."

Allein die "Auflage der Politik", wonach künftig mehr Gebäude erhalten, also etwa nur umgebaut statt komplett abgerissen werden sollten, bedeute, dass man mittels einer digitalen Erfassung von Gebäuden, die bereits stehen, in den Prozess der Digitalisierung hineinkommen müsse.

Bauherren müssten dann beispielsweise eine Analyse durchführen, "was ist verbaut worden und wie kann ich das wieder entsorgen" - und was kann als neues System angebracht werden, zum Beispiel in Bezug auf Wärmedämmung.

Die Politik schaue zu sehr auf eigene Gebäude, wo bereits viel geforscht werde, aber "wir müssen das in die Masse bekommen", fordert Lammel - nicht für jedes Einfamilienhaus, aber Erklärungen seien wichtig, welche Materialien verbaut wurden, wie geheizt werde und wie eine Gebäudehülle beschaffen sei. Wichtig seien auch Daten zu der Frage, wie ein verbautes Produkt behandelt werden muss.

Die Stadt München hat in der dritten Fortschreibung ihrer Digitalisierungsstrategie vom Dezember 2022 ebenfalls die Bedeutung der digitalen Planung festgehalten: "Neue digitale Planungsansätze unterstützen die übergreifende räumliche Szenarioplanung bei der Entwicklung von Stadtquartieren sowie bei ressourcenschonendem, kosten- und termingerechtem Bauen", heißt es, und weiter: "Digitale Lösungen werden ebenso eine entscheidende Rolle spielen, um Ziele im Bereich der Abfallvermeidung zu erreichen und die Verwertung von Ressourcen im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu verbessern."

Ziel sei, 3D, Building Information Modeling (siehe Kasten), Virtual und Augmented Reality sowie Planungsinformationssysteme bei der Stadtplanung und "beim Bau und Unterhalt von städtischen Anlagen und Bauten" zu nutzen.

Einen digitalen Bauantrag kann man in Bayern inzwischen in 32 Landratsämtern und Städten einreichen - die jüngsten zehn sind erst zum 1. Januar 2023 hinzugekommen. Bis Ende 2022 waren laut dem bayerischen Bauministerium gut 4500 digitale Anträge eingereicht worden.

Das analoge Verfahren ist aber weiter möglich. Die digitale Pflicht ist noch ferne Zukunftsmusik.