Verkaufen im Mai

Börse: Was ist dran am Aktienmotto "Sell in May and go away"?


Bulle (stößt mit Hörnern nach oben) und Bär (schlägt mit Tatzen nach unten) sind Symbole für steigende beziehungsweise fallende Kurse.

Bulle (stößt mit Hörnern nach oben) und Bär (schlägt mit Tatzen nach unten) sind Symbole für steigende beziehungsweise fallende Kurse.

Von Tabitha Nagy

Der Aktienindex hat heuer stark zugelegt - der Handelskrieg lässt nun Kurse abrutschen. Sollten Anleger jetzt verkaufen? Eine alte Börsenregel rät dazu.

München - "Sell in May and go away": So simpel die Börsenweisheit "Verkaufe im Mai und kehre der Börse den Rücken" auch sein mag - stimmt es tatsächlich, dass Aktien im Sommer schlechter laufen als in den übrigen Monaten? Und was können Anleger in den kommenden Wochen erwarten? Ein Überblick:

Die Ausgangslage: Steigende Kurse seit Jahresbeginn

Die Bullen - Symbol an der Börse für steigende Kurse - haben heuer einen Lauf: Seit Jahresbeginn hat beispielsweise der Deutsche Aktienindex (Dax) im zweistelligen Prozentbereich zugelegt. Die neue Eskalation im Handelskonflikt zwischen China und den USA ließ den Leitindex allerdings diese Woche wieder ein paar Prozentpünktchen absacken.

Am Dienstag war der Dax mit gut anderthalb Prozent Minus erstmals seit sechs Wochen wieder unter seine 21-Tages-Linie zurückgefallen. Diese gilt als Indikator für den kurzfristigen Trend. "Die Stimmung der Investoren bleibt angeschlagen", sagt Analyst Pierre Veyret vom Broker ActiveTrades mit Blick auf die erneute Verschärfung des Tons im Handelszwist. Die nächste Gesprächsrunde morgen werde an den Finanzmärkten mit Spannung beobachtet.

Die Prognose: Schwankungen nicht nur saisonal

Studien belegen zwar, dass es saisonale Schwankungen gibt. Allerdings lassen sich diese Trends nicht verlässlich vorhersagen, erklärt die Aktion "Finanzwissen für alle" von diversen Fondsgesellschaften. Besonderheiten wie Krisen, politische Effekte oder die Notenbankpolitik können die Entwicklung verändern. Und: Von einer möglichen Winterrally würde der Sparer nur dann voll profitieren, wenn er den besten Zeitpunkt zum Kauf erwischt.

Privatanleger sollten deshalb ihrer grundsätzlichen Strategie treu bleiben. Wer langfristig investiert, muss solche kurzfristigen Schwankungen nicht befürchten. Für ein "Sell in May" sei es noch etwas zu früh, argumentiert Marktexperte Jörg Scherer von der Bank HSBC. Der Mai sei zwar ein "herausfordernder Börsenmonat", noch verspüre der Dax aber Rückenwind, nicht zuletzt von der günstigen charttechnischen Lage.

Weitere Kursgewinne erforderten steigende Gewinne der Unternehmen, sagt David Bianco vom Vermögensverwalter DWS. Während sich die Börsen in diesem Jahr stark erholt haben, sind dem Strategen zufolge die Gewinnprognosen gesunken.

Die Dividenden: Neuer Ausschüttungsrekord erwartet

Unterstützung für Aktien könnte von anderer Seite kommen: "Die Dividendensaison bringt einen neuen Ausschüttungsrekord", sagt Uwe Burkert von der Landesbank Baden-Württemberg. Knapp 40 Milliarden Euro dürften allein die Dax-Konzerne an die Aktionäre verteilen, fast sechs Prozent mehr als im Vorjahr.

Dividenden besserten die Performance erheblich auf: Die Experten betrachteten die Wertentwicklung des Dax seit dem Start des Index 1987. Berücksichtigte man die Kursentwicklung, ergab sich bis Ende 2018 eine Rendite von 5,2 Prozent pro Jahr. Wurden auch die ausgeschütteten und wiederangelegten Dividenden berücksichtigt, ergab sich eine Rendite von 7,9 Prozent.

Deutlich wird der Unterschied, wenn man berechnet, was in den Jahren aus 1 Euro geworden wäre: Ohne die Wiederanlage der Dividenden wären aus 1 Euro in dem Zeitraum 4,81 Euro geworden. Inklusive der Dividenden hätte sich aus dem gleichen Betrag in dem Zeitraum 10,56 Euro angesammelt - mehr als doppelt so viel.

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