Überblick

Rot-weiße Räuber

Essen klaut den Löwen beim 2:2 in der Nachspielzeit schon sicher geglaubte Punkte - wie im Hinspiel."Wir hätten als Gewinner vom Platz gehen sollen", so Coach Jacobacci. Deichmann und Greilinger treffen


Nicht schon wieder: Essen erzielt gegen Greilinger (l.) und 1860 einmal mehr einen Treffer in der Nachspielzeit. Foto: imago

Nicht schon wieder: Essen erzielt gegen Greilinger (l.) und 1860 einmal mehr einen Treffer in der Nachspielzeit. Foto: imago

Von Matthias Eicher

München - Was haben der 14. November 2022 und der 14. Mai 2023 gemeinsam? Na, klingelt es schon, liebe Löwen? Zwei Trainer namens Michael Köllner und Maurizio Jacobacci können ein leidvolles Lied davon singen, was den Löwen sowohl in der Hinserie, als auch in der Rückrunde widerfahren ist - es handelt sich um einen handfesten Diebstahl.

Mitte November hatte der TSV 1860 im Heimspiel gegen RW Essen mit 1:0 geführt, ehe der Drittliga-Aufsteiger doch glatt die Dreistigkeit besaß, den Führungstreffer von Albion Vrenezi in der Nachspielzeit durch Felix Bastians auszugleichen. Wie sich nach der Winterpause herausgestellt hat, war es so etwas wie der Anfang vom Ende der Köllner-Löwen. Zugegeben, die drei vorherigen Pleiten läuteten Sechzigs Talfahrt auch schon ein.

Und jetzt? Dasselbe in grün! Wieder Essen, wieder vorne, wieder kein Dreier. Verflixt und - vergessen wir das. Yannick Deichmann und Joker Fabian Greilinger hatten die Vorzeichen im Rückspiel an der berühmt-berüchtigten Hafenstraße auf Auswärtssieg gestellt, bevor Engelmann in der vierten Minute der Nachspielzeit den Ausgleich besorgte. Passende Statistik: 1860 hat in der Nachspielzeit schon satte sechs Punkte abgegeben - richtig: nach Adam Riese vier davon an RWE.

Sechzig und die Rot-weißen Punkteräuber.

"Das ist scheiße! Wir hätten die drei Punkte schon gerne mit heim genommen. Das tut richtig weh und fühlt sich wie eine Niederlage an", meinte Torschütze Greilinger entnervt. Kein Wunder, schließlich wollte sich der 22-jährige Urbayer unter den Löwen als Matchwinner hinstellen. So musste er verärgert feststellen, dass es dann doch nicht ganz gelangt hat gegen ein sichtlich limitiertes Team, das aber noch mit allen Mitteln um den Klassenerhalt kämpft.

Immerhin durfte der linke Außenbahnspieler nach Jacobaccis Systemwechsel hin zu einer Dreier- beziehungsweise Fünferkette erklären, wieso er so plötzlich da vorne vor dem Kasten aufgetaucht war: "Es ist oft so, dass man hinten übersehen wird, wenn man mit einer Fünferkette spielt. Vorher hatte ich schon so eine Chance vergeben, von daher bin ich glücklich, dass ich ihn dann reinmachen konnte." Noch glücklicher wäre er freilich gewesen, hätte Essen den Giesingern nicht noch einen Strich durch die Sieges-Rechnung gemacht. Schon wieder.

Coach Jacobacci zeigte sich zwiespältig, nachdem er auf satte neun Spieler verzichten musste, inklusive Stammtorhüter Marco Hiller (muskuläre Probleme) und Stürmer Meris Skenderovic (Hämatom am Knie) . "Wir hätten als Gewinner vom Platz gehen sollen. Die Mannschaft hätte verdient gehabt, das Spiel nach Hause zu bringen." Um das seriös zu Ende zu spielen, hätte man "den Ball vorne halten müssen." Hätte, hätte.

Aufgrund der zwar nicht gerade spielerisch überragenden, aber immerhin charakterstarken Leistung hängte der Italiener an: "Es sollte nicht sein, aber ich habe dem Team dennoch gesagt: 'Seid stolz auf euch!'" Seine Elf habe, und das muss man ihr gegen einen Gegner, der ums sportliche Überleben kämpft, wirklich zugestehen, "die richtige Antwort" auf den Rückstand gegeben.

Möglicherweise auch, weil die Ultras zu diesem Zeitpunkt wieder erwacht waren: Zuvor waren wohl ein paar Fans mit Pyrotechnik erwischt und ausgesperrt worden, was die Gruppierung der "Münchner Löwen" zu einem Boykott veranlasste. Ein Glück für 1860, dass die Löwen das Verteidigen nicht auch boykottierten - zumindest bis Minute 94. . .