Überblick

Folgt der zweite Streich?

Der Stachel vom Pokel-Aus des FC Bayern gegen den SC Freiburg sitzt tief, am Samstag treffen die Teams in der Liga schon wieder aufeinander. Es ist auchdas Duell der Trainerfüchse Christian Streich und Thomas Tuchel.


"Er hat absoluten Legendenstatus dort erreicht", sagt Bayerns Neu-Trainer Thomas Tuchel über Christian Streich, der in Freiburg seit 2012 in Amt und Würden ist.

"Er hat absoluten Legendenstatus dort erreicht", sagt Bayerns Neu-Trainer Thomas Tuchel über Christian Streich, der in Freiburg seit 2012 in Amt und Würden ist.

Von Patrick Strasser

München - Was heißt der Pokal-Coup, dieses 2:1 am Dienstagabend in der Allianz Arena, dieser erste Erfolg einer Freiburger Mannschaft in München, für den Sportclub und das Bundesliga-Duell am Ostersamstag? Nichts Gutes - könnte man meinen.

Sind nicht gereizte und wütende Bayern die gefährlichsten Bayern? Außerdem verlieren die Münchner doch nicht zwei Mal hintereinander gegen denselben Gegner! Selbst in der Champions League ist es lange her, dass ihnen dies widerfahren ist: im Viertelfinale 2016/17, mit 1:2 und 2:4 n.V. gegen Real Madrid.

Und damit zurück zur Gegenwart und zur Frage: Gelingt den Freiburgern tatsächlich der zweite Streich? Kann der 57-jährige Coach seinem acht Jahre jüngeren Kollegen erneut eins auswischen? Es ist das Duell des am längsten in der Liga amtierenden Trainers (seit Januar 2012) mit dem Plötzlich-Einsteiger Tuchel, der nun genau 14 Tage im Amt ist und bereits beide Seiten seiner wankelmütigen Truppe kennenlernen durfte.

"Er hat absoluten Legendenstatus dort erreicht", sagt Bayerns Neu-Trainer Thomas Tuchel über Christian Streich, der in Freiburg seit 2012 in Amt und Würden ist.  Foto: Frank Hörmann, imago

"Er hat absoluten Legendenstatus dort erreicht", sagt Bayerns Neu-Trainer Thomas Tuchel über Christian Streich, der in Freiburg seit 2012 in Amt und Würden ist. Foto: Frank Hörmann, imago

Das glückliche, aber wichtige 4:2 als Alle-Jahre-wieder-Statement gegen Borussia Dortmund sowie den unglücklichen Pokal-K.o. gegen Freiburg. Der erste Titel ist futsch - und fürs Erste auch der Effekt des Trainerwechsels, der Verpflichtung von TT. Der neue Schwung durch den frischen Input, die neu gewonnene Schärfe durch mehr Aufmerksamkeit, die neue positive Energie - alles zerplatzt wie ein Luftballon auf Höhenflug an einem Strommasten.

Trainerwechsel? Das Phänomen kennt man in Freiburg nicht. "Er hat absoluten Legendenstatus dort erreicht", sagt Tuchel über Streich und hat nicht übertrieben. Wenn es nach ihm ginge, könne man den Titel "Trainer des Jahres" jedes Jahr nach Freiburg oder Mainz (mit Bo Svensson) vergeben.

Beide Mannschaften würden wie aktuell auch Union Berlin - überperformen, betonte der frühere Mainz-Coach Tuchel. Das war vor dem Pokal-Viertelfinale seiner Underperformer.

Was eint, was unterscheidet Streich und Tuchel? Über das Fachliche sind beide erhaben.

Und die Menschenführung, die emotionale Herangehensweise an den Job? Tuchel ist im Laufe seiner Trainerkarriere vom Taktik-Nerd (angeblich geht der in Deutschland eingeführte Begriff "Matchplan" auf seine Kappe) zum Pragmatiker geworden, einer der dafür steht, was man in England so nennt: Make the best out of it. Also aus dem vorhandenen Kader, gerade bei einer Übernahme mitten in der Saison wie beim FC Chelsea im Januar 2021 oder jetzt in München, den bestmöglichen Ertrag ziehen. Titel first, danach die Entwicklung der Mannschaft, des Spielerischen.

Auch Streich muss Jahr für Jahr das "Bäschte" aus seiner Mannschaft herausholen wie er selbst sagt - je nachdem, welche Spieler in beiden Transferperioden überhaupt noch beim Sportclub sind und welche durch die hervorragende Scouting-Abteilung der Breisgauer irgendwo wieder entdeckt werden.

Beide Trainer haben zwei Gesichter, - das gelassene und das getriebene. Wobei einer an der Seitenlinie geschwätziger, impulsiver und verbissener coacht: Streich, der Ältere also. Beide, so Tuchel, würden "an der Seitenlinie emotional kämpfen und für unsere Teams da sein. Es ist schwer, gegen Christian nicht emotional zu coachen, weil er emotional coacht."

Auf die nun elf Duelle zurückblickend sagt Tuchel: "Wir haben danach immer am Mannschaftsbus weiter über das Spiel diskutiert. Es war eine große Bereicherung, mit ihm über Fußball zu reden. Er hat meistens dabei eine Zigarette geraucht."

Die erste Begegnung gab's im Dezember 2004 in der A-Junioren-Bundesliga. Streich verlor mit dem SCF gegen den VfB Stuttgart und dessen Co-Trainer Tuchel 1:2. Als verantwortliche Cheftrainer ihrer A-Junioren trafen sie 2008/09, Tuchel dann schon in Mainz, zwei Mal aufeinander - wieder siegte Tuchel, beide Male. Und die Bundesliga-Bilanz? Fünf Tuchel-Siege (2015-2017 beim BVB), nur zwei Unentschieden.

Den vor Dienstag ersten Streich-Erfolg holte dieser ebenfalls im DFB-Pokal - im Viertelfinale 2013 mit 3:2. Er wäre gut beraten, seinem Team das österliche Aufeinandertreffen als K.o.-Duell mit Tuchel zu verkaufen. Dem Trainerfuchs fällt sicher was ein. . .