Exklusives AZ-Interview

Axel Schulz: "Tyson Fury ist der neue Muhammad Ali"


Der ehemalige Box-Profi Axel Schulz

Der ehemalige Box-Profi Axel Schulz

Von Julian Huter

Am Wochenende kommt es in Las Vegas zum Rematch zwischen Deontay Wilder und Tyson Fury. In der AZ spricht Box-Experte Axel Schulz über den Fight und warum der Brite gut für den Boxsport ist.

München - Axel Schulz boxte in seiner Karriere drei Mal um die WM-Krone im Schwergewicht - unter anderem gegen Box-Legende George Foreman - scheiterte aber jeweils knapp daran, der zweite deutsche Schwergewichts-Champion nach Max Schmeling zu werden. Vor dem Mega-Fight zwischen Deontay Wilder und Tyson Fury hat die AZ mit dem 51-Jährigen gesprochen.

AZ: Herr Schulz, in der Nacht auf Sonntag kommt es im MGM Garden in Las Vegas, dort, wo Sie den Kampf Ihres Lebens gegen Box-Legende George Foreman abgeliefert haben, zum Rematch zwischen Weltmeister Deontay Wilder und Tyson Fury. Im ersten Fight wurde Wilder ein Unentschieden geschenkt. Ihre Vorhersage für die Zweitauflage?
AXEL SCHULZ: Für mich ist Fury der Favorit. Er ist vollkommen unberechenbar, keiner weiß, was er im Ring als nächstes macht, vielleicht nicht mal er selber. Er ist zudem extrem beweglich im Oberkörper, wechselt die Auslagen, kann fantastisch boxen.

Wilder hingegen ist ein Albtraum für Box-Ästheten.
(lacht) Ja. Er schlägt wild, hart, unkontrolliert, aber wenn er richtig trifft, dann kann wirklich alles vorbei sein. Er hat eine ganz extreme Schlagkraft, die Technik ist aber überschaubar, wenn er mit seinen wilden Schwingern daherkommt. Er ist der lebende Beweis, dass mit einem einzigen Schlag - gerade im Schwergewicht - wirklich alles vorbei sein kann. Egal, wie viele Runden er verliert, wenn Wilder durchkommt, kann es das immer gewesen sein.

Wobei er beim Hinkampf gegen Fury in der zwölften und letzten Runde gewaltig durchkam, Fury zu Boden schickte, der aber wie von Geisterhand gezogen wieder aufstand.
So etwas habe ich noch nicht oft gesehen! Fury war vollkommen weg. Aber der Ringrichter hat kaum bis sechs gezählt, da springt er wieder auf.

Schulz ist Fan von Fury

Das war schon fast wie beim Wrestling!
Genau! Das war so etwas von unwirklich. Nach so einem Schlag überhaupt wieder aufzustehen und dann auch noch den Gegner zu provozieren, das macht wirklich nur einer zur Zeit: Tyson Fury.

Sie scheinen ihn zu mögen.
Ich gebe zu, ich bin ein Fan geworden. Vor dem Klitschko-Kampf...

...in dem er Wladimir Klitschko Ende 2015 vorgeführt und die WM-Titel abgenommen hat.
Richtig. Da dachte ich noch: Was für ein Spinner. Große Klappe, aber nichts dahinter. Aber er hat gegen Klitschko geliefert, ist mit seinen Mätzchen und Sprüchen in Wladimirs Kopf gekommen. Ich habe Tyson dann kurz danach persönlich getroffen. Wir haben lange geredet, und ich kann sagen: Der Kerl weiß ganz genau, was er tut - und was er damit bewirkt. Solche Typen braucht das Boxen ganz dringend. Er hat Charisma, ist eine Persönlichkeit, er provoziert, hat eine Aura. Leider gibt es viel zu wenig Kerle wie ihn, die den Boxsport interessant machen. Für mich ist er schlicht und einfach der neue Muhammad Ali. Er hat die gleiche Strahlkraft. Er begeistert auch Menschen, die mit dem Boxsport nicht viel zu tun haben. Dieses übergreifende Interesse, das erzeugt keiner, auch kein Anthony Joshua.

Boxen: Schulz von Joshua nicht überzeugt

Der nach seinem Sieg über Klitschko als Heilsbringer des Boxens gefeiert wurde.
Ach, hätte Klitschko in der sechsten Runde, nachdem er Joshua niedergeschlagen hatte, richtig nachgesetzt und noch einmal getroffen, dann würde heute kein Mensch mehr über Joshua reden. Dann verliert er auch noch gegen Andy Ruiz. Und auch das Rematch, das er dann gewonnen hat, hat mich weder begeistert noch beeindruckt. Ihm war der große Respekt - um es nett zu formulieren - in fast jeder Aktion anzumerken. Nee, für mich ist Fury die Zukunft des Boxens. Ich hoffe, dass er sich jetzt den WM-Titel holt und auch noch sehr lange hält, denn er ist einfach gut für das Boxen. Die Show, die er abzieht, das kann fast keiner. Er passt auch perfekt nach Las Vegas.

Dabei ist seine Lebensgeschichte ja eher düster. Er litt unter schweren Depressionen, nahm Kokain, wurde deswegen gesperrt, er wollte sich sogar umbringen.
Ich finde es gut, dass er so offen damit umgeht und das auch als eine Aufgabe sieht, darauf aufmerksam zu machen, dass keiner davor gefeit ist, mentale Probleme zu haben. Und zeigt, dass es einen Ausweg gibt.

Sie sprachen vorher die Sprüche an: Auch Furys Gegner Wilder ist für seine Aussagen ja berühmt-berüchtigt. Er verkündet immer mal wieder, dass er im Ring jemand töten möchte, dass es die einzige Möglichkeit ist, dass er ungestraft mit einem Mord davonkommt.
Ja, das wirkt alles so aufgesetzt, so geplant. Er will halt was raushauen, von dem er weiß, dass die Leute empört darauf reagieren, aber das funktioniert halt nicht lange und richtig. Fury lässt sich immer wieder was Neues einfallen, seine Sprüche sind oft intelligent, witzig. Er hat den Showaspekt des Sports verstanden. Er will nicht nur schocken um des Schockens willen. Fury ist da eine ganz andere Liga.