AZ-Trainer-Vergleich

FC Bayern: So viel Jupp Heynckes steckt in Hansi Flick


"Hansi nimmt jeden mit. Das ist auch das, was Jupp Heynckes gemacht hat", sagt Bayern-Kapitän Manuel Neuer über Interimstrainer Flick (r.).

"Hansi nimmt jeden mit. Das ist auch das, was Jupp Heynckes gemacht hat", sagt Bayern-Kapitän Manuel Neuer über Interimstrainer Flick (r.).

Von André Wagner

Vier Spiele, vier Siege, 16:0 Tore - nie ist ein Trainer der Bayern besser in die Amtszeit gestartet. Die Art des Coaches erinnert an Heynckes. "Die Stimmung, der Kontakt mit den Spielern, diese Empathie".

München - Wie ein Genießer sah Hansi Flick nicht aus in diesem Moment auf dem nachmitternächtlichen Bankett des FC Bayern im Hotel "Hilton Belgrade", als er von Präsident Herbert Hainer und Sportdirektor Hasan Salihamidzic in die Zange genommen wurde.

Rummenigge: "Die Serie wird langsam unheimlich"

Die Sandwich-Position des neuen Lieblings im Verein inmitten der Bosse war mehr eine Würdigung, gekrönt durch die Worte vom Oberboss während der Ansprache. Dem bodenständigen Flick sind solche Lobeshymnen eher unangenehm, der zurückhaltende Mann der Stunde freut sich eher nach innen, sagt aber immerhin: "Wir genießen unseren Lauf."

Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge sprach von einer "Serie, die langsam ungeheuerlich wird", das sei "etwas Unglaubliches". Beim Stehempfang im rötlich beleuchteten Festsaal erklärte er: "Neben den Ergebnissen ist die Spielqualität das Wichtigste. Alle, die hier sind, haben Spaß an dem Spiel unserer Mannschaft, und dazu möchte ich dir, lieber Hansi, herzlich gratulieren."

Flick: "Ich genieße das jetzt"

6:0 für Bayern im Champions-League-Spiel bei Roter Stern Belgrad. Ein 6:0 auch für Flick, dessen Stern kometenhaft aufgeht. 16:0 Tore insgesamt für Flick, den lieben Hansi, nach nur vier Partien seit er seinen früheren Chef Niko Kovac vor nicht einmal vier Wochen abgelöst hatte. Besser ist noch nie ein Bayern-Trainer gestartet. "Ich genieße das jetzt", sagte der 54-Jährige, dessen Genussphase von zwei Partien Anfang des Monats auf die Zeit bis kurz vor Weihnachten ausgedehnt wurde. Und wer weiß - bis zum Saisonabschluss Ende Mai ausgedehnt werden könnte. Was von Erfolg zu Erfolg wahrscheinlicher wird.

Vor fünf Wochen, bei der letzten Auswärtsreise in Europas Königsklasse, bot sich auf dem Sponsoren-Dinner in Athen ein gänzlich anderes Bild. Mit Ach und Krach hatte man mit 3:2 bei Olympiakos Piräus, wie Belgrad von zweitklassiger Qualität, gewonnen.

Flick überzeugt fachlich und menschlich

Ein Gewürge. Salihamidzic redete beim Bankett auf seinen Nachbarn Rummenigge ein, während die Herren am Tisch gegenüber wohl schon wussten, was demnächst kommen würde. Uli Hoeneß, noch im Amt, nahm seinen Günstling Kovac, noch im Amt, in den Arm. Zwei Rumpel-Siege später (2:1 gegen Union Berlin, 2:1 im Pokal in Bochum) war nach dem 1:5-Debakel in Frankfurt Schluss für Kovac. Ein Befreiungsschlag. Als habe man den Sicherheitsgurt beim Team gelöst. Flick entfesselt. Er überzeugt die Spieler, fachlich und menschlich. Er erinnert an Jupp Heynckes, seinen ehemaligen Trainer, mit dem er von 1987 bis 1990 in München zusammengearbeitet hatte.

Die Parallelen in der Herangehensweise als Coach mehren sich. Ein AZ-Überblick:

Die Menschenführung: "Hansi nimmt jeden mit", erklärt Kapitän Manuel Neuer und bestätigt: "Das ist auch das, was Jupp Heynckes gemacht hat." Flick legt viel Wert auf das persönliche Gespräch, vor allem mit den Spielern, die draußen sitzen.

Er entscheidet, aber erklärt auch seine Entscheidungen. Auch Lewandowski fühlt sich an Heynckes erinnert, den Triplesieger-Coach von 2013, den er 2017/18 für eine dreiviertel Saison kennenlernen durfte.

"Die Stimmung, der Kontakt mit den Spielern, diese Empathie", das zeichne auch Flick aus. "Wir Spieler merken, dass er hinter uns steht, dass er uns helfen will, deswegen können wir alle gemeinsam nach vorne gehen", so Lewandowski.

Goretzka: "Soziale Kompetenz spricht für Flick"

Die Verlässlichkeit: Bei Flick wissen die Spieler, nicht nur die 2014er Weltmeister Neuer, Thomas Müller und Jérôme Boateng, die mit ihrem neuen Chef den Titel in Rio feiern durften, woran sie sind. Sky-Experte Lothar Matthäus schätzt Flicks "einfache Art und Weise, er redet offen und klar mit den Spielern. Nicht mit den Emotionen wie Jürgen Klopp oder der Schauspielerei eines Pep Guardiola." Die "soziale Kompetenz", so Leon Goretzka, spräche für Flick.

Die taktische Klarheit: Dominantes Spiel, "so, wie man es von uns erwartet", erkennt Goretzka. Mutiger als unter Kovac, mit hoher, offensiver Verteidigung, so ist man nach Umschaltmomenten (provozierte Ballgewinne) schneller vor dem gegnerischen Tor.

Es seien nur "Kleinigkeiten, Details, die Positionierung mit Ball, ohne Ball", betonte Lewandowski, aber eben auch: "Die Leichtigkeit zu spielen, mit Spaß, auch defensiv."