DEL-Geschäftsführer Tripcke im Interview

"Straubing ist ein solider und seriöser Standort"


DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke sieht die Entwicklung des Eishockey-Standortes Straubing positiv.

DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke sieht die Entwicklung des Eishockey-Standortes Straubing positiv.

Von Bastian Häns

Am Freitagabend war Gernot Tripcke zu Gast beim Heimspiel der Straubing Tigers gegen Iserlohn. Im idowa-Interview spricht er über Marco Sturm und seine Kritik an der deutschen Nachwuchsförderung, die Entwicklung der Liga und den Standort Straubing.

Marco Sturm hat bei seinem Abschied als Bundestrainer gesagt: "Die Liga ist wahrscheinlich froh, dass ich weg bin". Stimmt das?

Gernot Tripcke: Ganz und garnicht. Ich persönlich komme mit Marco gut klar und hatte ein super Verhältnis zu ihm. Ich meine, er hat superviel für das deutsche Eishockey getan und gerade für Außenstehende das Eishockey wieder auf die Landkarte gebracht. Das wird immer mit ihm verbunden sein. Er hat ein paar Aussagen zur Nachwuchsförderung getroffen, aber wir wollen ja alle, dass das in Deutschland besser wird. Da muss sich der DEB auch an die eigene Nase fassen, aber wir haben mit dem Verband in den letzten fünf Jahren schon viel erreicht.

Zum Beispiel?

Tripcke: Wir haben das Programm Powerplay 26 auf den DEB transportiert, viele neue Trainer und Aktionen ins Leben gerufen. Wir haben inzwischen acht oder neun Fünf-Sterne-Ausbildungsclubs in der DEL und zwei außerhalb. Man sieht also, dass vor allem die Stammvereine der ersten Liga maßgeblich die Ausbildung tragen. Jetzt ist es wichtig, dass die Spieler nach und nach Eiszeit bekommen. Dafür haben wir dieses Jahr auch die ersten Schritte gemacht und recht positive Erfahrungen daraus gezogen. Den Weg können wir so weitergehen, wollen aber nichts überstürzen und von oben reindiktieren. Wenn die jungen deutschen Spieler erschwinglich bleiben und ihren Job machen, dann wird das auch mittelfristig die Zukunft sein.

Was bedeutet der Abschied von Sturm für das deutsche Eishockey?

Tripcke: Ich glaube, Marco hat vielleicht auch den besten Zeitpunkt genutzt. Es waren fantastische Jahre mit Heim-WM und Olympia-Silber. Ich glaube, die Erfolge zu wiederholen wäre sehr schwierig gewesen und er wird immer an diesen Sachen gemessen. Für ihn gilt es jetzt, die Chance zu nutzen. Es ist gut für ihn, dass er den nächsten Schritt macht, und ich hoffe, dass er den entsprechenden Erfolg hat und recht schnell einen Chefcoach-Posten in Amerika bekommt.

Wie läuft denn der Austausch zwischen DEB und DEL bezüglich der Nachfolger-Suche?

Tripcke: Formell ist es natürlich eine DEB-Angelegenheit. Es gibt aber das sogenannte Kompetenzzentrum Sport, in dem auch Berater der DEL sind, mit denen man sich abstimmen kann. Die Vorarbeit und die formelle Einstellung trifft also der DEB, aber wir sind definitiv eingebunden.

Wie bewerten Sie die Nachwuchsarbeit im deutschen Eishockey?

Tripcke: Die Arbeit im Nachwuchs ist erheblich besser geworden, letztlich liegt es aber bei den Landesverbänden und den Stammvereinen. Die können wir natürlich nicht so kontrollieren. Was wir kontrollieren können, ist das, was wir im DEL-Bereich haben. Die Ausbildungsclubs in Deutschland sind nicht mehr nur die Traditionsclubs, sondern größtenteils die DEL-Clubs. Da müssen aber auch noch mehr dazukommen, vor allem auch von der DEL2. Das ist aber ein langer Weg, das Schulsystem und die Infrastruktur in Deutschland sind recht schwierig.

Woran fehlt es in Deutschland?

Tripcke: Es fehlt nicht nur am Geld, sondern auch an geeigneten Leuten wie Trainer und Verantwortliche. Das Hallensterben muss gestoppt werden, da sind die Gemeinden und die Politik gefragt. Es müssen auch mehr Eisflächen geschaffen werden, auch in Straubing. Über kurz oder lang braucht man eine zweite Eisfläche, um eine gute Nachwuchsarbeit zu machen. Von nichts kommt nichts.

Über die Entwicklung der DEL und den Standort Straubing geht es auf Seite zwei.

Entwicklung der DEL und des Standortes Straubing

Wie beurteilen Sie denn die aktuelle Entwicklung in der DEL?

Trpicke: Die positive Entwicklung der letzten Jahre setzt sich fort. Das sind aber nie Riesen-Schritte, sondern immer wieder kleine Schritte, die man machen kann. Wie zum Beispiel damals von "Sky" zu "ServusTV" und jetzt zur Telekom. Vor zwei Jahren gab es noch ein Spiel pro Woche, jetzt haben wir alle Spiele verfügbar in Highlights, in neuen Medien und in Clips. Die Vermarktung in den Stadien ist lokal unterschiedlich und kommt oft auf den sportlichen Erfolg der Mannschaft an. In der Breite haben wir, auch durch den Erfolg der Nationalmannschaft, eine größere Wahrnehmung, und man merkt, dass Sponsorengespräche einfacher werden. Es ist aber kein Selbstläufer, wichtig ist vor allem auch der Nachwuchs-Zuwachs.

Wo steht ihrer Meinung nach die DEL im internationalen Vergleich?

Tripcke: Das ist ganz verschieden. Ich glaube, die europäischen Ligen sind relativ ausgeglichen. Es gibt sicherlich ein paar Spitzenmannschaften in den anderen Ländern, die stärker sind, dafür ist unsere Liga sehr ausgeglichen. Von der Infrastruktur und den Hallen sind wir in Europa definitiv führend. Wir stehen gut da, Deutschland ist ein Eishockey-Fan- und kein Eishockey-Spieler-Land. Das muss man sehen. Aber ich denke, wir stehen recht gut da. In der Champions League würde ich mir wünschen, dass die Clubs mal ein bisschen weiter kommen würden.

Von der deutschen Liga sind in den letzten Jahren immer wieder Spieler in die beste Liga der Welt, die NHL, gewechselt. Wie profitiert die deutsche Liga davon?

Tripcke: Es steigert natürlich das Interesse. Wenn die Jungs drüben gut spielen, weckt das die Aufmerksamkeit in den überregionalen Medien. Wenn die Spieler die Zeit haben, in die Nationalmannschaft zu kommen, machen sie diese besser. Es ist immer ein lachendes und ein weinendes Auge dabei, denn klar will man solche Spieler in der eigenen Liga, aber es ist jedem Spieler zu gönnen, das zu erreichen.

Die Thematik des Auf- und Abstiegs wurde lange diskutiert. Wie will man es schaffen, dass die erste und die zweite Liga sich sportlich anpassen?

Tripcke: Sportlich eigentlich weniger. Wir haben den direkten Auf- und Abstieg vereinbart, weil es sowohl logistisch als auch sportlich sehr schwierig war. Wichtig ist jetzt, dass finanziell und infrastrukturell idealerweise alle DEL2-Clubs aufstiegsfähig sind und man sichergestellt hat, dass ein Absteiger in eine funktionierende zweite Liga mit vielen Konkurrenten kommt. Es wäre natürlich schade, wenn es immer nur ein Austausch zwischen zwei oder drei Mannschaften ist. Darum ist es auch ganz gut, dass es noch zwei Jahre Zeit sind. Wir wollen auch die DEL2-Vereine mitziehen, um die Basis in Deutschland zu verbreitern und ich hoffe, dass es mal 28 DEL-taugliche Standorte gibt.

Wie beurteilen Sie denn die Entwicklung am Standort Straubing?

Tripcke: Straubing ist ein Standort, der auf der einen Seite den Vorteil hat, in der Region ein Alleinstellungsmerkmal zu haben, auf der anderen Seite ist das Einzugsgebiet relativ klein. Hier ist es deshalb wichtig, dieses Eishockey-Feeling zu haben. Auch sportlich hat es hier eine positive Wende genommen. Der Erfolg ist immer wichtig, man muss jedoch auch die Erwartungshaltung immer realistisch sehen. Es muss jedem bewusst sein, dass es nicht die Regel ist, dass die Tigers das Halbfinale erreichen. Ich denke, die große Erwartungshaltung war auch das Problem in den letzten Jahren. Straubing ist ein ganz solider und seriöser Standort.

Wie schätzen Sie die Straubinger Nachwuchsarbeit ein?

Tripcke: Die Gesellschafter haben auch hier sehr viel getan in den letzten Jahren. Straubing hat da sehr aufgeholt, das ist ein wichtiger Faktor.