Orgelspieler aus Tegernheim

Christoph Preiß spielt jetzt im Niedermünster


Ein Leben für die Musik: Ex-Domspatz Christoph Preiß

Ein Leben für die Musik: Ex-Domspatz Christoph Preiß

Die "Mittagsmusik in Niedermünster" ist eine ausgesprochen populäre Konzertreihe, in der man mittags Musik auf sich wirken lassen kann und ausgezeichneten Musikern begegnen kann. Orgelmusik passt in eine Kirche naturgemäß ganz besonders. Als Klavier- und Orgelspieler macht sich derzeit der junge Christoph Preiß aus Tegernheim einen Namen. Der langjährige Domspatz und jetzige Musikstudent im Gespräch über den Unterschied von Klavier und Orgel, über die großen Unterschiede von Orgel zu Orgel und über Traumorgeln.

Herr Preiß, mit 20 Jahren sind Sie noch ganz schön jung für einen schon so erfahrenen Konzertmusiker auf der Orgel.

Christoph Preiß: Das ist relativ. Ich spiele ja schon das halbe Leben Orgel. Mit neun habe ich den ersten Gottesdienst begleitet. Mit fünf habe ich das Klavierspielen begonnen. Meine Mutter hat im Kirchenchor gesungen und ich wollte immer mit auf der Empore sein. Da hat sich bei mir der Wunsch entwickelt, eines Tages selbst am Spieltisch zu sitzen. Mit acht Jahren spielte ich schließlich das erste Mal an der Kirchenorgel in Tegernheim und erhielt ersten Orgelunterricht bei Markus Rupprecht. Ich konnte im ersten Jahr nur mit den Händen spielen. Die Beine waren noch zu kurz für die Pedale.

Ist dieses Pedalspielen der hauptsächliche Unterschied zum Klavier?

Preiß: Das werde ich oft gefragt. Die Füße brauche ich am Klavier im Prinzip auch. Nur erzeugen sie da keine Töne, sondern steuern zum Beispiel das Halten der von den Händen erzeugten Töne. An der modernen Orgel habe ich etwa 30 Pedaltasten, an Instrumenten aus dem 17. und 18. Jahrhundert in der Regel weniger. Es gibt übrigens auch Stücke nur für Pedale, aber nicht so viele, weil gleichzeitig maximal zwei Stimmen möglich sind, während es mit den Händen bei einzelnen Akkorden bis zu zehn sein können. Gerade am Anfang musste ich natürlich Pedaltechnik lernen. Es geht darum, so sicher Pedal zu spielen, dass man nicht hinschauen muss. Das muss intuitiv und gewissermaßen automatisch funktionieren.

Vorbereitungszeit manchmal zwei Tage

Und was gibt's sonst noch für Unterschiede zwischen Klavier und Orgel?

Preiß: Orgeln funktionieren völlig unterschiedlich. Das macht es schon schwierig, denn Konzertflügel bringen bei aller Individualität in ihrem Klangcharakter doch viele Gemeinsamkeiten im Aufbau und ihrer Spielweise mit. Einmal ist das erste Manual das stärkste mit dem sogenannten "Plenum-Klang” und den stärksten Zungenstimmen - zum Beispiel Trompete - das zweite oder dritte hat dann eher solistische Stimmen wie Flöten und Streicher oder "Holzbläser” - zum Beispiel Oboe, Klarinette und Fagott - zu bieten. Manchmal ist aber auch das zweite Manual das Hauptwerk und wir finden ein Rückpositiv auf dem 1. Manual - dann stehen vor und hinter dem Spieltisch Pfeifen. Manche Orgeln sind leichtgängig, andere wiederum eher schwer.

Klingt reichlich kompliziert.

Preiß: Ist es auch. Außerdem hat jede Orgel ihre eigene Disposition - so nennt man die systematische Auflistung aller Register. Selbst wenn ein Register genau so heißt wie ein anderes geläufiges, etwa eine Flöte, muss es doch nicht genau so klingen. Ich muss mir also jedes neue Instrument erst einmal klanglich aufschließen. Bei einem Klavierabend reicht es, wenn ich zwei Stunden vorher da bin. Das reicht bei einer Orgel bei weitem nicht. Am 12. September beispielsweise spiele ich an einer historischen Orgel in der evangelischen Weihnachtskirche Haselhorst in Berlin, da reise ich zwei Tage vorher an. Deshalb sind auch im Orgelstudium Exkursionen gang und gäbe. Es geht darum, die Technik zu lernen, mit allen Orgel-Variationen umgehen zu können.

Gibt's eine Lieblingsorgel?

Preiß: Nicht unbedingt. Sehr gern mag ich die Kindheitsorgel in Tegernheim, sie kenne ich in- und auswendig. Zu ihr habe ich doch eine besondere Beziehung - so wie zu meinem Flügel im Wohnzimmer.

Der Traum von Saint Sulpice und Notre-Dame

Und welche Orgel würden Sie gern mal spielen?

Preiß: Es gibt viele Traumorgeln. Ich hatte da schon tolle Erfahrungen an den Domorgeln in Regensburg, Eichstätt und Merseburg. Gern einmal spielen würde ich in den Hauptkirchen in Hamburg, da, wo - etwa Heinrich Scheidemann in Sankt Katharinen - berühmte Komponisten selbst Organist waren. Und ich meine doch, dass es der Traum eines jeden Organisten ist, einmal in Saint Sulpice oder in Notre-Dame in Paris zu spielen - wenn die Orgel dort wieder aufgebaut ist.

Welche Kompositionen spielen Sie besonders gern?

Preiß: Ich habe da nicht den einen Lieblingskomponisten. Max Reger spiele ich gern. Der ist nicht ganz leicht zu hören, aber an seinen Klavier- und Orgelkompositionen kann man sich nie satthören. Ich entdecke da immer wieder etwas Neues. Es gibt auch wahnsinnig gute moderne Orgelmusik György Ligeti oder Thierry Escaich zum Beispiel. Gute Komponisten haben immer wieder Formen aufgebrochen - deshalb kennt und spielt man sie heute noch. Das gilt schon und ganz besonders für Bach. Bei der Mittagsmusik am Samstag spiele ich Mendelssohn, Bach und Max Regers Choralfantasie über das gregorianische "Te Deum laudamus".

Liturgischer Rahmen? Das muss nicht sein

Te Deum laudamus - Dich, Gott, loben wir: Der Eindruck ist: Orgelmusik hat immer einen irgendwie liturgischen Rahmen.

Preiß: Ja und nein. Die Niedermünsterkirche bietet ja schon an sich einen liturgischen Rahmen auch bei einem Konzert, das gilt für alle Kirchen und Gotteshäuser. Aber die ersten frühen Orgeln haben schon im nichtchristlichen alten Rom existiert. Viele Kompositionen der vergangenen 500 Jahre haben allerdings einen kirchlichen Bezug. Aber Präludien und Fugen beispielsweise sind erst einmal einfach eine Form wie die Lied- oder Sonatensatzform, die nicht zwingend liturgisch sind, aber immer auch zum Beispiel von Melodien geistlicher oder weltlicher Lieder geprägt werden können.

Was für berufliche Ziele haben Sie als Musiker?

Preiß: Ich war acht Jahre Domspatz und habe dort am Gymnasium in der musikalischen Ausbildung und besonders als Schüler des Regensburger Domorganisten Professor Franz Josef Stoiber unglaublich viel gelernt. Seit 2019 studiere ich Klavier und Orgel an der Hochschule für Musik in Würzburg. Zwei Hauptstudiengänge sind dort nicht gerade üblich, aber meine Professoren - Professor Bernd Glemser (Klavier) und Professor Christoph Bossert (Orgel) - haben sich für mich eingesetzt. Ich bin gern vielseitig und kann nur jedem raten, nicht voreilig das Spiel eines Instruments über Bord zu werfen, weil man meint, man müsse sich auf eines konzentrieren. Nach dem Studium wünsche ich mir einerseits eine feste Stelle und möchte andererseits auf jeden Fall in Konzerten an die Öffentlichkeit treten.

Mittagsmusik in Niedermünster

Die "Mittagsmusik in Niedermünster" ist viel ehrenamtlichem Engagement geschuldet. Wie Johannes Buhl, einer der Organisatoren sagt, geht es darum, den Bewohnern und Besuchern der Stadt "relativ niederschwellig und spontan" ein Podium zu schaffen, um Musik erleben zu können, immer Samstag mittags um fünf nach zwölf in der Niedermünsterkirche. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht. Eigentlich sollte die Form einen spontanen Besuch ermöglichen; das geht aber aus den bekannten Corona-Gründen nicht. Deshalb ist eine Anmeldung nötig, immer online von Donnerstag, 20 Uhr, bis Freitag, 21 Uhr, so lange der Vorrat reicht - unter www.5nachzwölf.de. Wer's diesmal nicht schafft: Das Duo Spirituoso spielt am 28. August ab 12.05 Uhr Werke von Niccolò Paganini, Pablo de Sarasate und Fritz Kreisler. Das Trio Karageorgiev präsentiert am 4. September Werke von Camille Saint-Saëns und Antonín Dvorák und Altrussische Romanzen für Gesang. Alles Weitere unter www.5nachzwölf.de/konzertvorschau/