Spitzen-Forschung in Straubing

Wissenschaftspreis: Preisträger im Interview

Michael Schneider und Dr. Sumanth Ranganathan erhalten den Straubinger Wissenschaftspreis 2019


Der Straubinger Campus für Biotechnologie und Nachhaltigkeit an der Schulgasse bringt auch heuer wieder zwei Preisträger für den Wissenschaftspreis hervor

Der Straubinger Campus für Biotechnologie und Nachhaltigkeit an der Schulgasse bringt auch heuer wieder zwei Preisträger für den Wissenschaftspreis hervor

Zwei Preisträger werden am heutigen Mittwoch durch den Verein Hochschulstadt Straubing e.V. und den Rotary-Club mit dem Wissenschaftspreis 2019 ausgezeichnet. Im Gespräch mit Gäuboden aktuell unterhalten sich beide Forscher über ihren Werdegang, ihre prämierte Arbeit - und den Standort Straubing.

Michael Schneider erhält den Wissenschaftspreis in der Kategorie "Masterarbeit". Seine Abschlussarbeit, die er im August 2018 einreichte, trägt den Titel "Konzepterstellung für einen energie- und kosteneffizienten Betrieb des Heizsystems im Werk 1 der ZF Friedrichshafen AG am Standort Passau".

Herr Schneider, Glückwunsch zum Wissenschaftspreis. Können Sie uns erklären, was Sie in Ihrer Arbeit untersucht haben?

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Michael Schneider

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Dr. Sumanth Ranganathan

Schneider: Ich habe mir am Werksstandort Passau der ZF Friedrichshafen das zentrale Heizhaus angeschaut, das noch aus den 1970er-Jahren stammt. Dafür habe ich mir Modernisierungen überlegt und ein Konzept für ein Blockheizkraftwerk entwickelt, mit dem man Strom gewinnen kann und das gleichzeitig die Abwärme nutzt. Ergebnis: Wenn alle meine Maßnahmen umgesetzt würden, liefe das Heiznetz kostenneutral.

Sie haben also die Arbeit in der Firma geschrieben?

Schneider: Der überwiegende Teil fand in der Firma unter Hubert Holzbauer statt, aber ich wurde auch erstklassig von Professor Josef Kainz unterstützt, den ich bei allen Problemen jederzeit erreichen konnte.

Wie sieht Ihr wissenschaftlicher Werdegang aus?

Schneider: Studiert habe ich den Masterstudiengang Nachwachsende Rohstoffe der TU München am Standort Straubing. Mein Schwerpunkt war die energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Meinen Bachelor habe ich zuvor in Molekularer Biotechnologie auch an der TU München abgelegt.

Wollten Sie nach Ihrem Bachelor gleich den Master machen?

Schneider: Ja. Der Bachelor war nicht schlecht, aber ich wollte noch mehr in Richtung Ingenieurs- und Umweltbereich gehen. Molekulare Biotechnologie war zwar auch sehr technisch, aber für mein Empfinden war das noch zu wenig (lacht).

Was tun Sie jetzt nach dem Masterabschluss?

Schneider: Ich bin direkt ins Arbeitsleben eingestiegen. Seit September bin ich bei der Firma Sumida in der Nähe von Passau tätig. Das ist ein Automobilzulieferer für elektrische Komponenten. Eine unserer Hauptkomponenten sind Antennen für schlüssellose Zugangssysteme.

Wie viel von dem, was sie im Studium gelernt haben, wenden Sie nun in Ihrem Job an?

Schneider: Einen großen Teil. Ich betreue in der Firma das Umweltmanagement, dort sind meine Fähigkeiten aus dem Studium gut aufgehoben.

Was hat für Sie den Ausschlag für das Studium in Straubing gegeben?

Schneider: Ich war auf der Suche nach einem Masterstudiengang, der noch mehr meinen Neigungen entspricht, wollte aber unbedingt an der TU München bleiben. Auf der Liste aller möglichen Studiengänge habe ich den Master Nachwachsende Rohstoffe entdeckt - da habe ich gleich gedacht: das passt. Erst später habe ich gemerkt, dass der Studiengang in Straubing angesiedelt ist. Straubing liegt aber ohnehin näher an meiner Heimat und auch die Wohnungen sind preiswerter. Damit war die Entscheidung schnell gefallen.

Wie fanden Sie die Studienbedingungen vor Ort?

Schneider: Der größte Vorteil von Straubing ist die exzellente Betreuungssituation. Die familiären Studienbedingungen sind absolut spitze. Man ist extrem nah an den Professoren und kann sie jederzeit problemlos ansprechen - besser geht es eigentlich nicht. Das kannte ich auch so aus dem Bachelor nicht. Der zweite große Vorteil ist der Studiengang, bei dem man sehr frei ist. Man kann sich die Inhalte nach seinen Vorlieben und Berufszielen aussuchen.

Wie war Ihre Zeit in Straubing?

Schneider: Es war eine sehr schöne Zeit. Ich hatte anfangs eine kleine Studentenwohnung, später war ich Pendler aus meinem Heimatort Büchlberg in der Nähe von Passau. Dort wohne ich nach wie vor.

Fehlt Ihrer Meinung noch etwas in Straubing?

Schneider: Ja, ein Studentenwohnheim in staatlicher Hand. Die Mietpreise sind explodiert und Wohnungen werden auch in Straubing knapper.

Aber Sie würden noch einmal in Straubing studieren?

Schneider: Ja, absolut, zu 100 Prozent.

Vielen Dank für das Gespräch!

Der zweite Preisträger dieses Jahr in der Kategorie "Promotion" ist Dr. Sumanth Ranganathan. Er erhält den Preis für seine Doktorarbeit "Entwicklung von chemoenzymatischen Prozessen für die Epoxidierung von Terpenen". Auch er stellte sich den Fragen von Gäuboden aktuell.

Gäuboden aktuell: Herr Ranganathan, können Sie sich kurz vorstellen?

Dr. Sumanth Ranganathan: Ich komme ursprünglich aus Indien, aus der Großstadt Chennai, die früher Madras genannt wurde. An der dortigen "Anna University" habe ich im Bachelor Biotechnologie studiert. 2009 bin ich für den Master nach Hamburg gegangen, wo ich mich auf Chemie- und Bioingenieurwesen spezialisiert habe. Im April 2013 bin ich dann für meine Doktorarbeit nach Straubing gekommen. Dort habe ich an einem Projekt des Fraunhofer-Instituts für Bio-, Elektro- und Chemokatalyse gearbeitet und an der TU München promoviert.

Wollten Sie schon immer in der Wissenschaft arbeiten?

Ranganathan: Ich war schon immer neugierig. Mich interessiert, wie die Dinge funktionieren. Ich bin erst zufrieden, wenn ich alle Bestandteile eines Systems verstehe.

Aber Sie haben auch ein komplexes Forschungsfeld.

Ranganathan: Man ist wie ein Automechaniker, aber in einem kleineren, unsichtbaren Maßstab. Meine Aufgabe ist, dass ein biologisches System gut funktioniert und ein gutes Produkt herauskommt.

Über welches Thema haben Sie Ihre Doktorarbeit geschrieben?

Ranganathan: Mein Thema war eine Prozessentwicklung für die chemoenzymatische Umwandlung von Terpenen. Einfacher gesagt: Es geht um den ersten Schritt bei der Umwandlung von nachwachsenden Rohstoffen zu Duftstoffen. Meine Arbeit trägt dazu bei, nachwachsende Rohstoffe besser zu nutzen, anstatt sie als Abfallprodukte einfach zu verbrennen. Insgesamt ist unser Ziel als Forschungsteam, so viele Rohstoffe wie möglich wieder zu verwerten.

War die Forschungsarbeit anstrengend?

Ranganathan: Ich habe vier Jahre daran gearbeitet, hatte aber eine sehr gute Unterstützung durch einen Bachelor- und einen Masterstudenten, die ich betreut habe.

Wäre das Thema auch für Unternehmen interessant?

Ranganathan: Auf jeden Fall. Anwendungsgebiete wären Handcremes und Duschgels. Aber ich habe nur den ersten Schritt eines längeren Prozesses erforscht. Ein Kollege hat meine Forschung aufgenommen und die Terpene zu biologisch abbaubaren Polymeren weiterverarbeitet.

Kann man die Ergebnisse Ihrer Arbeit irgendwann im Supermarkt kaufen?

Ranganathan: Meine Arbeit ist zunächst einmal auf der Entwicklungsebene angesiedelt. Jetzt müssen das aber andere weiter verfolgen, denn ich bin jetzt an einem neuen Projekt beteiligt.

Ein gutes Stichwort. Womit beschäftigen Sie sich derzeit?

Ranganathan: Momentan arbeite ich als Post-Doc (Phase nach der Doktorarbeit) in Straubing bei Professor Volker Sieber. Wir entwickeln Glucose zu Monomeren weiter und wollen Bioplastik erzeugen. Wir fragen uns: Wie können wir Abfall vermeiden?

Wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus?

Ranganathan: Mein Vertrag geht noch bis Ende September 2020. Ich würde aber gerne bald eine neue Herausforderung in der Industrie wagen. Trotzdem macht mir die Wissenschaft nach wie vor Spaß und ich könnte mir auch vorstellen, dabei zu bleiben. Ich bin auf jeden Fall dankbar, dass mir Professor Sieber ermöglicht, weiterhin zu forschen.

Es ist also noch vieles offen. Würden Sie in der Region bleiben wollen?

Ranganathan: Straubing wäre perfekt, aber es gibt hier nicht allzu viele Stellen in meinem Bereich. Mir gefällt es jedenfalls sehr hier. Die Leute sind herzlich, ich spiele für mein Leben gern Fußball bei den Grasshoppers. Straubing hat die perfekte Größe für mich, nicht zu groß und nicht zu klein. Der einzige Nachteil ist der Dialekt (lacht). Da muss ich meine Kollegen fragen, wenn ich etwas nicht verstehe.

Sie haben bereits in Hamburg gelebt und haben den direkten Vergleich zur Großstadt.

Ranganathan: Meine Heimatstadt in Indien ist eine riesige Hafenstadt. Was mir hier im Vergleich dazu und zu Hamburg höchstens ein wenig fehlt, ist das Meer und der Strand.

Fahren Sie noch oft in Ihre Heimat?

Ranganathan: Ja, ungefähr einmal im Jahr. Dieses Jahr ist es etwas besonderes: Ich werde in Indien heiraten. Meine Verlobte ist Mikrobiologin und möchte auch in Deutschland promovieren. Sie lernt gerade fleißig Deutsch und kann es schon jetzt besser als ich, auch wenn ich weiterhin Kurse belege. Am meisten kämpfe ich immer noch mit den Artikeln (lacht).

Sind Sie nach Deutschland gegangen, weil Sie hier am meisten Potenzial für Ihre Ausbildung sahen?

Ranganathan: Ja, das ist richtig. Deutschland hat einen großen Namen in der Naturwissenschaft. Die inoffizielle Antwort ist aber: Ich mag Deutschland einfach gern und wollte unbedingt hierher. Ich bin riesiger Fan der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Vom WM-Gewinn 2014 schwärme ich immer noch.

Ist Straubing auf einem guten Weg, was die nachwachsenden Rohstoffe angeht?

Ranganathan: Ja. Aber irgendetwas kann man natürlich immer verbessern. Man müsste vielleicht der breiten Bevölkerung unsere Forschungsarbeit noch besser erklären. Dann hätte der Standort Straubing noch mehr Zulauf - unsere Türen stehen jedenfalls immer offen. Der größte Vorteil von Straubing ist, dass unsere Materialien, die nachwachsenden Rohstoffe, direkt vor der Tür liegen. Wir haben viele Bauernhöfe und Wälder in der Nähe. Man muss nichts aufwendig hierher transportieren. Straubing macht quasi Naturwissenschaft in der Natur!

Vielen Dank für das Gespräch!