Wird Niederaichbach vom Zwischenlager zum Endlager?

Noch mehr Atommüll für Niederbayern? Offener Brief an die Bayerische Staatsregierung


Symbolbild: Jens Wolf/dpa

Symbolbild: Jens Wolf/dpa

Von Redaktion idowa

Die Pläne des Bundesumweltministeriums und der vier großen Energieversorgungsunternehmen E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW, zusätzlichen Atommüll am Standort des Kernkraftwerks Isar in Niederaichbach zwischenzulagern, sorgen für eine Protestwelle der hiesigen Politiker im Landkreis Landshut.

Landrat Peter Dreier, Oberbürgermeister Hans Rampf, Stimmkreisabgeordneter Helmut Radlmeier, Dieter Neubauer (Bürgermeister Essenbach), Josef Klaus (Bürgermeister Niederaichbach) sowie die Abgeordneten Hubert Aiwanger und Jutta Widmann wenden sich daher mit einem Offenen Brief an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und die Bayerische Staatsregierung.

Hier der Offene Brief im Wortlaut:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Entsetzen mussten wir vergangen Freitag aus den Medien erfahren, dass Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gemeinsam mit den vier großen Energieversorgungsunternehmen in Deutschland vereinbart hat, 26 Castor-Behälter mit Atommüll aus Deutschland, die sich derzeit in den beiden Wiederaufbereitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien befinden, auf vier Zwischenlager an Kernkraftwerk-Standorten in Deutschland zu verteilen. Als einen dieser Standorte nannte Frau Bundesministerin das Zwischenlager am Kernkraftwerk Isar in Niederaichbach im Landkreis Landshut.

Wir sprechen uns entschieden gegen diese Pläne des Bundesumweltministeriums und der vier großen deutschen Energieversorgungsunternehmen E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW aus. Eine zusätzliche Belastung der Region Landshut mit Atommüll, der aus den Wiederaufbereitungsanlagen in Großbritannien und Frankreich nach Deutschland zurückgeholt wird, ist nicht akzeptabel.

Die Region Landshut hat in den vergangenen Jahrzehnten mit den beiden Kernkraftwerken Isar I und Isar II in Essenbach und dem Kernkraftwerk Niederaichbach (KKN) einen entscheidenden Beitrag zur Energieversorgung Deutschlands geleistet und dabei auch die mit der Kernenergie verbundenen Risiken getragen. Darüber hinaus werden noch über Jahrzehnte Brennstäbe aus den beiden Kernkraftwerken Isar I und Isar II im seit 2007 betriebenen Standort-Zwischenlager BELLA in Niederaichbach gelagert werden. Die Genehmigung zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen im Standort-Zwischenlager BELLA ist ausschließlich auf Brennelemente des Kernkraftwerkes Isar I und II beschränkt. Auch die mit dem Standort-Zwischenlager verbundenen Risiken gehen voll zu Lasten der Menschen im Raum Landshut.

Daher fordern wir die Bundesregierung auf, gemeinsam mit der bayerischen Staatsregierung und allen Bundesländern ein schlüssiges Konzept zur Zwischen- und Endlagerung von Atommüll auszuarbeiten. Dabei muss dem bisherigen Beitrag zur Energieversorgung, den die Region Landshut mit ihren drei Kernkraftwerken geleistet hat, entscheidendes Gewicht beigemessen werden. Daher darf auf keinen Fall zusätzlicher Atommüll beim Kernkraftwerk Isar zwischengelagert werden.


In diesem Zusammenhang bitten wir auch die Festlegungen in Kapitel 5 des Standortauswahlgesetzes nochmals zu überprüfen, wonach im Salzstock Gorleben derzeit keine weiteren Castor-Behälter eingelagert werden dürfen, um eine mögliche Vorfestlegung auf Gorleben als künftiges Endlager zu vermeiden. Nach unserer Kenntnis sind von den 420 Castor-Stellplätzen in Gorleben derzeit nur 113 belegt. Die Einlagerung 26 weiterer Castoren würde daher nicht entscheidend ins Gewicht fallen.

Es ist den Menschen in unserer Region Landshut nicht vermittelbar, warum aus rein politischen Beweggründen das genehmigte Zwischenlager in Gorleben trotz ausreichender Kapazitäten nicht weiter bestückt wird. Die Sorge der Bundesregierung auf eine Vorfestlegung auf Gorleben als Endlager können wir nicht teilen. Vielmehr befürchten wir selbst, dass das Zwischenlager in Niederaichbach mit der zusätzlichen Zwischenlagerung von fremdem Atommüll auf nicht absehbare Zeit schleichend zu einem Endlager wird.

Die Ausarbeitung der Pläne ohne Beteiligung der betroffenen Kommunen und die bayerische Staatsregierung ist völlig inakzeptabel und stößt bei uns auf totales Unverständnis. Das Konzept zur Zwischenlagerung des Atommülls ist in einem demokratischen Prozess mit allen Beteiligten zu entwickeln. Daher bitten wir Sie, uns zeitnah über die weiteren Schritte bei der Standortsuche zu unterrichten und uns künftig im Vorfeld zu beteiligen."