Straubing-Bogen

Mit Fernglas und Kamera unterwegs im Donautal

Verena Rupprecht ist neue LBV-Gebietsbetreuerin und kümmert sich um Wiesenbrüter und Landwirte - Ein Interview


Verena Rupprechts Stelle als LBV-Gebietsbetreuerin wurde neu geschaffen. Sie ist zuständig für die Wiesenbrüter im Donautal und sieht sich als Schnittstelle zwischen Arten- und Naturschutz und den Interessen des Menschen.

Verena Rupprechts Stelle als LBV-Gebietsbetreuerin wurde neu geschaffen. Sie ist zuständig für die Wiesenbrüter im Donautal und sieht sich als Schnittstelle zwischen Arten- und Naturschutz und den Interessen des Menschen.

Bei uns in der Donauregion gibt es sie noch - seltene Wiesenvögel wie Kiebitz, Großer Brachvogel, Uferschnepfe, Braunkehlchen, Bekassine oder Wachtelkönig. Damit dies auch so bleibt und weil Artenschutz generell wichtig ist, gibt es jetzt mit Verena Rupprecht eine hauptamtliche Gebietsbetreuerin des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) für Wiesenbrüter im Donautal. Am Dienstag wurde sie im Landratsamt offiziell vorgestellt. Sie sieht sich als Vermittler zwischen Naturschutz und den Interessen der Menschen vor Ort. Im Interview mit Gäuboden aktuell erzählt sie mehr von ihrer Arbeit.

Gäuboden aktuell : Hallo Frau Rupprecht! Schön, dass Sie für unsere Region zuständig sind und sich für den Artenschutz engagieren. Sie sind seit Juli 2018 Gebietsbetreuerin speziell für Wiesenbrüter im Donautal. Warum werden Sie erst jetzt offiziell vorgestellt?

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Die Bestände des Kiebitzes sind zwischen 1992 und 2016 um 88 Prozent zurückgegangen.

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Auch der Große Brachvogel steht mittlerweile auf der Roten Liste.

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Die Uferschnepfe gehört zu den seltensten Brutvögeln in Bayern.

Verena Rupprecht: Meine ersten Monate dienten der Einarbeitung. Mit 43.000 Hektar zwischen Regensburg und Deggendorf ist das Gebiet, für das ich zuständig bin, doch sehr groß. Die vergangene Zeit habe ich genutzt, das Gebiet zu erkunden und die vielen Akteure vor Ort kennenzulernen. Nur die wichtigsten, unsere Wiesenbrüter, habe ich noch nicht getroffen: Anders als wir, verbringen sie den Winter nicht im kalten Deutschland, sondern an der Südküste Spaniens, manche sogar in Südafrika, und dorthin brechen die meisten schon im Juli auf. Meine erste Wiesenbrütersaison beginnt mit ihrer Rückkehr im März.

Was haben Sie vor dieser Aufgabe gemacht?

Rupprecht: Studiert habe ich Biologie und als Master Umweltplanung und Ingenieurökologie in Weihenstephan mit Schwerpunkt Naturschutz und Wildtiermanagement. Während des Studiums habe ich in Praktika im Nationalpark Berchtesgaden, bei Verbänden und verschiedenen Projekten praktische Erfahrung im Vogelschutz sammeln können. Über ein Besenderungsprojekt von Wildtieren bin ich schließlich zu den Wiesenbrütern und zum Landesbund für Vogelschutz, dem Träger dieser Gebietsbetreuerstelle, gekommen.

Ihr Beruf ist nicht alltäglich. Insgesamt gibt es 60 hauptamtliche Gebietsbetreuer in ganz Bayern. Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?

Rupprecht: Mit Mitte 20 bin ich ja noch recht jung, doch auch mir wurden die Veränderungen in unserer Natur in dieser Zeit sehr bewusst. Noch eindrücklicher wird es dann, wenn man sich mit älteren Generationen unterhält, wie unsere Landschaft zu deren Jugendzeit ausgesehen hat und wie es dort noch auf jeder Wiese summte und brummte. Als Gebietsbetreuerin hat man nicht nur eine sehr attraktive Arbeitsstelle mit Abwechslung und der Möglichkeit viel unterwegs zu sein, sondern man kann vor Ort tatsächlich etwas bewegen und so aktiv einen Beitrag für die Natur und Biodiversität leisten.

Haben Sie sich denn schon als Kind für den Naturschutz interessiert?

Rupprecht: Ja, ich war schon immer viel draußen unterwegs. Früher vor allem auf dem Pferderücken, heute mit Fernglas und Kamera. Da kommt man gar nicht umhin, sich für Arten- und Naturschutz zu interessieren.

Was sind denn künftig Ihre Aufgaben?

Rupprecht: Ich bin Vermittlerin zwischen Landbesitzern und -nutzern, Behörden, Verbänden, Ehrenamtlern und den Leuten vor Ort. Es gilt Informationen, Anliegen und auch Sorgen weiterzugeben und einen gemeinsamen Weg im Sinne der Wiesenbrüter zu finden. So stehe ich Landwirten beratend zur Seite und helfe, Schutzprojekte zu entwickeln und begleite die Umsetzung vor Ort. Hinzu kommt das wissenschaftliche Monitoring der Arten und eine intensive Öffentlichkeitsarbeit für die Belange der Wiesenbrüter.

Wie sieht denn Ihr Arbeitsalltag aus?

Rupprecht: Bisher war kein Tag wie der andere. Das hängt auch sehr von der Jahreszeit ab: Sind die Wiesenbrüter hier im Brutgebiet, bin ich künftig viel draußen unterwegs, um nach ihnen zu sehen. Später im Jahr steht dann vermehrt Öffentlichkeitsarbeit an und die Begleitung von landschaftspflegerischen Projekten.

Zu welcher Jahreszeit gibt es für Sie am meisten zu tun?

Rupprecht: Definitiv zwischen Ende Februar und Juli. In dieser Zeit treffen Kiebitz und Großer Brachvogel bei uns ein, fangen an ihre Reviere zu suchen und umwerben ihre Partner. Spätestens wenn es dann an die Eiablage geht, müssen die ersten Absprachen und Maßnahmen getroffen werden. Und erst wenn die letzten von ihnen wieder in den Süden gezogen sind, wird es im August etwas ruhiger.

Sie kommen aus Neumarkt in der Oberpfalz. Was hat Sie nach Straubing verschlagen?

Rupprecht: Schon im Studium habe ich mich ziemlich auf Wiesenbrüter spezialisiert. Da passt diese Stelle perfekt zu meinen Interessen.

Und was ist für Sie hier die größte Herausforderung?

Rupprecht : Da meine Stelle neu geschaffen wurde und es zuvor niemanden gab, der hauptamtlich nur für Wiesenbrüter zuständig war, gilt es nun möglichst viele über diese neue Stelle zu informieren und mich als Ansprechpartner für sämtliche Akteure zu etablieren. Es wäre toll, wenn künftig jeder, der hier im Donautal mit Kiebitz und Großem Brachvogel etc. in Berührung kommt, im Kopf hat, dass man sich mit sämtlichen Fragen an mich wenden kann.

Im Donautal ist die Welt noch einigermaßen in Ordnung. Extrem seltene Vögel wie Uferschnepfe oder Braunkehlchen brüten hier.

Rupprecht: Es gibt sie noch, jedoch in recht geringer Zahl. Von der Uferschnepfe zählen wir aktuell in ganz Bayern weniger als 25 Brutpaare. Auch die Bestände der anderen Wiesenbrüter sind deutschlandweit eingebrochen, allesamt stehen sie auf der Roten Liste. Wichtig ist, dass diese Arten endlich wieder Bruterfolg haben, also ihren Nachwuchs auch großziehen können.

Und was ist der Grund für diesen Einbruch?

Rupprecht: Gründe für diesen Sturzflug der Bestände sind der Verlust geeigneter Grünlandflächen, die Veränderungen in der landwirtschaftlichen Bearbeitung und die zunehmende Störung durch Freizeitnutzer. Aufgrund veränderter Lebensräume haben auch Fressfeinde wie Fuchs oder Wildschweine, teilweise einen erheblichen Einfluss auf die Bestände. Insgesamt mangelt es an Lebensraum, Nahrung und Ruhe.

Wie kann den Wiesenbrütern geholfen werden?

Rupprecht: Am wichtigsten ist geeigneter Lebensraum: feuchte Wiesen, Flachwasserbereiche und Bearbeitungsruhe während der Brutzeit. Für die Wiesenbrüter wäre es elementar, wenn sich der erste Mahdtermin verzögert und auf Dünger und Pestizide verzichtet würde. Der Kiebitz brütet seit einigen Jahren zunehmend auf Ackerflächen, vor allem Maisäcker, meist jedoch ohne Erfolg. Hier ist es wichtig, die Gelege bei der Bearbeitung zu schonen und Strukturen zu schaffen, die Deckung und Nahrung bieten. Bei diesen Vorhaben ist die Zusammenarbeit mit den Bewirtschaftern besonders wichtig, die von solchen Schutzmaßnahmen über Förderungen auch finanziell profitieren. Gegen die Zunahme von Fressfeinden können kurzfristige Maßnahmen wie Schutzzäune für die Brutstätten helfen. Da alle Arten sehr störungsempfindlich sind, ist eine Besucherlenkung und Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung sehr wichtig. Freilaufende Hunde oder Quadfahren auf der Wiese, können leicht zur Aufgabe der Brut führen.

Haben Sie seit Juli schon Projekte umgesetzt?

Rupprecht: Da meine Stelle ganz neu geschaffen wurde, galt es zuerst ganz grundlegende Dinge zu organisieren: den Internetauftritt, Flyer, Dienstkleidung, Wiesenbrüterdaten aus der Vergangenheit und so weiter. Zudem musste ich die Ansprechpartner an den verschiedenen Behörden herausfinden und die vielen Akteure vor Ort kennenlernen. Das erste Projekt war also die Schaffung eines Netzwerks, das aber noch lange nicht vollständig ist. Zudem war ich sehr viel draußen unterwegs um, oft gemeinsam mit Gebietskennern, die Wiesenbrütergebiete zu erkunden. Gemeinsam mit Behörden und Ehrenamtlichen vor Ort, plane ich nächstes Jahr ein intensives Monitoring der Wiesenbrüter und der Störungen in den Gebieten, sowie einige erste Schutzprojekte, wie einen Wiesenbrüterschutzzaun.

Aktuelles Thema in der Region ist der Hochwasserschutz über Flutpolder, wofür der Kreistag vor Kurzem eine Resolution verabschiedet hat. Polder sind für den naturnahen Hochwasserschutz nicht die erste Wahl. Wie sollte Hochwasserschutz aussehen?

Rupprecht: An sich gehören solche politischen Entscheidungen nicht in mein Aufgabenfeld. Für mich gilt es, im Rahmen der getroffenen Entscheidungen das Beste für unsere Wiesenbrüter herauszuholen. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist der dezentrale Hochwasserschutz auf der gesamten Landesfläche die erste Wahl. Auch profitieren unsere Wiesenbrüter sehr davon, wenn durch Deichrückverlegungen dem Fluss etwas mehr Raum gegeben wird. Die damit wiedergewonnenen Auenflächen dienen nicht nur dem Hochwasserschutz, sondern auch unzähligen, mittlerweile seltenen Arten als Lebensraum.

Was können Landwirte tun, auf deren Flächen Wiesenbrüter aktuell vorkommen?

Rupprecht: Am besten ist es, sie nehmen Kontakt zu den Naturschutzbehörden oder mir auf. Dann komme ich gerne vorbei, schaue mir die Flächen gemeinsam mit den Bewirtschaftern an und wir besprechen, welche Möglichkeiten bestehen, den Wiesenbrütern zu helfen und wie auch der Landwirt davon profitieren kann.

Sie arbeiten mit ehrenamtlichen Vogelkundlern zusammen. Können Sie denn noch freiwillige Helfer gebrauchen?

Rupprecht: Da ich dieses große Gebiet niemals ganz allein im Blick haben kann, ist die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlern sehr wichtig für mich. Die Beobachter melden mir künftig, wo sie welche Wiesenbrüter beobachtet haben und helfen mir auch, Probleme und Potenziale der Gebiete frühzeitig zu erkennen. Solche Unterstützer kann ich auch gar nicht genug haben, darum würde ich mich sehr freuen, mit weiteren Interessierten in Kontakt zu kommen. Dazu muss man übrigens auch gar kein Profi sein: Den schwarz-weißen Kiebitz mit seiner Federholle am Kopf und den langbeinigen Brachvogel mit seinem gebogenen Schnabel kann man kaum verwechseln.

Vielen Dank für das Gespräch.

Erreichen können interessierte Vogelbeobachter und Landnutzer Verena Rupprecht unter Mail:

verena.rupprecht@lbv.de oder am Diensthandy 0162/4199205