Straubinger Tagblatt

Kind im Brunnen, wie kommt's raus?


Von Redaktion idowa

Von Wolfgang Engel

Straubing. Der Sitzungsort war ungewöhnlich, und dazu irgendwie symbolisch: So tief im Brunnen liegt das Kind in der Straubinger Ausstellungs- und Veranstaltungs-GmbH (SAUV), dass es OB Markus Pannermayr als Vorsitzendem des Aufsichtsrats besser schien, neutralen Grund statt der sonst üblichen SAUV-Tagungsräume am Hagen zu wählen, weit weg vom "verminten Gelände", wie ein Aufsichtsrat halb ironisch, jedoch gänzlich treffend kommentierte. Am Freitag, dem 11. November, trat der Aufsichtsrat also im Wasserwerk zum Bergungsversuch zusammen.

In der SAUV stehen sich die Lager des Abteilungsleiters Volksfest, Max Riedl, und des Geschäftsführers Günter Reimann weiter feindlich gegenüber. Im Riedl-Lager gibt es Verdächtigungen, dass das Reimann-Lager Computer-Passwörter knackt, es gibt ein Papier, in das Reimann-Lager verunglimpft wird; in beiden Lagern gibt es Kollegen, die sich von der anderen Seite schikaniert sehen. Es gab Jobwechsel von Mitarbeitern, sie hielten den Stress nicht mehr aus. Reimann gelang es nicht, das Riedl-Lager von sich zu überzeugen. Anders­rum war's genau so. Die Gräben wurden tiefer, die Lage schwieriger, die Führung auch.
Im Frühling war Stadtkämmerer Roman Preis als zusätzlicher Geschäftsführer in die SAUV entsandt worden. Max Riedl wurde die Prokura entzogen, und Reimann war nicht mehr alleine Chef. Preis sollte darüber hinaus ein genaues Bild ermitteln und, wenn möglich, die beiden Spitzenleute der SAUV aussöhnen. Ein Bild ist offenbar gelungen, ein Ausgleich nicht. Im Wasserwerk schlug Preis deshalb weitere Maßnahmen vor.

Ein Konflikt im achten Jahr

Reimann und Riedl sind ab jetzt organisatorisch getrennt. Stadtmarketing und die Vermarktung der Stadthalle liegt weiter bei Reimann. Das Volksfest inklusive Volksfest-Marketing und Werbung liegt jetzt komplett bei Riedl. Damit sind die Berührungspunkte zwischen Reimann und Riedl deutlich reduziert. Das Preis-Konzept strukturiert die SAUV neu. Preis selbst fungiert als Vorsitzender der Geschäftsführung. Damit ist nun er der Chef der SAUV.

Dass zwei Führungskräfte nicht miteinander können, kommt immer wieder vor. In diesem Jahr machte der Führungsstreit im Magazin Focus Schlagzeilen. Dort war der neue Chefredakteur an der alten Hausmacht gescheitert, es war, so kommentierte die Süddeutsche Zeitung, "ein Ende mit Schrecken". Solche Dinge kommen vor, doch irgendwann sind sie entschieden. In Straubing ist der Konflikt im achten Jahr. Der erste ernsthafte Lösungsversuch läuft jetzt. Wie er enden wird, ist unklar.
Eine Entspannung des Konflikts durch eine Abzug des Beamten Riedl kam nicht in Frage. Max Riedl als Volksfestorganisator gilt dem Großteil des Aufsichtsrats als unverzichtbar, gerade vor dem Jubiläumsvolksfest. Hier zeigt sich ein erster Grundfehler in der Aufstellung der SAUV. Das Volksfest ist ihr Kerngeschäft. Man wird schwerlich eine Firma finden, deren Kerngeschäft ausschließlich an einem Mann hängt. Bisher hatte der Aufsichtsrat dass mehrheitlich ignoriert. Nun werden Riedl zwei Mitarbeiter beigestellt. "Riedl muss", sagt ein Aufsichtsrat, "die Alleinherrschaft abgeben."Die SAUV will einen potentiellen Nachfolger.

"Man hat das nicht ernst genommen"
Reimann muss noch etwas mehr abgeben. Er bleibt Mitglied der Geschäftsführung, muss aber hinter Roman Preis zurücktreten. "Ich muss das akzeptieren", sagt Günter Reimann, "und hoffe, dass der erfolgreiche Weg der Firma sich fortsetzen wird." Damit meint er die Zahlen. Die wirt­schaftliche Entwicklung unter Reimann war gut, unter ihm sanken die Verbindlich­keiten um 35 Prozent, die Eigenkapitalquote stieg von 13 auf 21 Prozent, die zuvor rückläuf­ige Belegung der Stadthalle stieg um 30 Prozent. Seine Rückstufung ist die Konsequenz aus der Tatsache, dass er den Konflikt mit Riedl nicht lösen konnte.

Die Ursache dafür sieht der ÖDP-Aufsichtsrat Karl Dengler auch in der Politik: "Von Anfang an war die Begleitung des neuen Ge­schäftsführers nicht gegeben", sagt Dengler, "man hat halt gesagt, 'mei, die zwei können halt nicht miteinander'." Das Problem wurde wahrgenommen, aber unterschätzt, der Aufsichtsrat bezog nie klar eine gemeinsame Position, zu lange suchte er nicht ernsthaft eine Lösung. Die CSU stand hinter Riedl, die SPD hinter Reimann. Das verhinderte eine klare Entscheidung, es war faktisch ein Patt. "Was an Konflikt entstanden ist", sagt Dengler, "sehe ich auch in der Verantwortung der Oberbürger­meister und des Aufsichtsrats. Man hat das nicht ernst genommen."

Die ÖDP hatte die Ansiedlung des Stadtmarketings in der SAUV von Beginn an für einen Fehler gehalten. Dass es tatsächlich einer war, bestreitet kaum einer heute ernsthaft mehr. Die einzige Absicht damals war, Reimanns Stadtmarketing über die SAUV zu finanzieren. Damit entstand ein Aufgabenbereich, vor dem die ÖDP bereits damals warnte: zu groß, zu viel, zu gegensätzlich. "Gewünscht wurde die eierlegende Wollmilchsau", sagt Karl Dengler, "verlangt worden sind Dinge, die ein Mensch allein gar nicht leisten kann."

Pannermayrs schwierige Lage
Die CSU hatte sich früh gegen Reimann positioniert. Reimann war Perlaks Mann, die CSU setzte auf Riedl. Der Streit mit Riedl war vor Jahren erstmals durch gezielte CSU-Indiskre­tionen gegen Reimann in die Öffentlichkeit gekommen, Teile der Presse brachten ausschließ­lich Reimann-feindliche Berichte; in ihrem jüngsten Kabarettprogramm schossen Rasch und Kulzer auf eine Art, die auch Nicht-Parteigänger Reimanns als unter der Gürtellinie empfan­den. "Reimann", sagt Karl Dengler, "hat nicht nur Freunde. Das weiß man, das spürt man."

Diese Vorgeschichte bringt OB Markus Pannermayr nun in eine schwierige Lage. 2013 läuft Max Riedls Abstellung aus dem Rathaus in die SAUV aus, dann wird man entscheiden müssen, ob Riedls Zeit noch einmal verlängert wird. Das größere Problem kommt bereits im nächsten Jahr. Schon 2012 muss über Günter Reimanns Vertrag gesprochen werden. Es gibt Spekulationen, dass ein Vertragsangebot kommen könnte, das Reimann nicht annehmen kann. "Ich befürchte, dass es so kommen könnte", sagt Bürgermeister Hans Lohmeier, der für die SPD im Aufsichtsrat sitzt.

Pannermayr weiß, dass Teile der CSU damals die Presse gefüttert hatten, er hatte sich damals öffentlich dafür entschuldigt. Auch innerparteilich hatte es Konsequenzen gegeben, es war ein Zeichen an seine Partei. Glaubwürdigkeit ist ein erklärtes Ziel von Pannermayrs Politik. Ein neues Angebot an Reimann wird nach Stand heute anders sein müssen als der bisherige Vertrag, doch falls Reimann nicht annimmt, wird spekuliert werden, ob die Reimann-Gegner ein Scheinangebot durchgesetzt haben. Das ist die Lage nach acht Jahren Warten.

"Alle Optionen offen"
"Geredet worden ist lang genug", sagt Pannermayr. Nun ist zumindest ein Lösungsversuch da, den der Aufsichtsrat einstimmig mitträgt. Pannermayr weiß auch, dass dieser Konflikt früher hätte gelöst werden müssen, jeder weiß das. Er hat den Konflikt von Reinhold Perlak geerbt und er hat mehr als ein Jahr gebraucht, bis er ihn anging. Pannermayr kann für sich in Anspruch nehmen, dass er neu ins Amt kam in einer Zeit, als brisante Themen geradezu niederprasselten, vom Geschäftsführer-Skandal in Wallmühle bis zu Solarpark und Hochschul-Thema; das Thema SAUV stand da nicht ganz weit oben in der To-Do-Liste. Aber jetzt müssen Entscheidungen her, denn nach fast acht Jahren ist die Lage so, wie sie ist.

2009 hatte es eine erste Analyse durch Unternehmensberater gegeben, ab 2010 folgte ein Versuch mit einem Mediator. Der Versuch scheiterte, nun schickte der OB Roman Preis. Die Hoffnung ist, dass die strukturelle Entzerrung von Reimann und Riedl der richtige Weg ist. Es kann nur eine Übergangslösung sein. Ein dritter Schritt wird folgen müssen. Irgendwann wird Roman Preis die SAUV wieder abgeben, er ist der Stadtkämmerer, er hat genug zu tun. Dann wird ein neuer Geschäftsführer kommen.

Die Stadtmarketing-Aktionen sollen auch künftig aus der SAUV finanziert werden. Stadtmarketing und Volksfestorganisation sind auch räumlich unter einem gemeinsamen Dach. Die Stadt wird entscheiden müssen, ob das Stadtmarketing bleibt, und wenn ja, ob es langfristig ein Teil der SAUV bleibt oder als eigene Abteilung ins Rathaus kommt. "Alle Optionen sind offen", sagt der OB nach acht Jahren Streit in der SAUV.

Wie vermint der Hagen dann noch ist
Der Straubinger Handel hält Stadtmarketing für unverzichtbar. In der Geschäftswelt hat Reimann deutlich mehr Freunde als in der Politik. "Erstklassig", nennt Johannes Zeindlmeier von der Werbegemeinschaft Reimanns Arbeit, während man in der Politik gelegentlich den einen oder anderen fragen hört, ob es Stadtmarketing überhaupt braucht. Doch gelegentlich muss sich auch die Politik fragen lassen, ob es "das alles" braucht; angesichts der Entwicklung in der SAUV stellt Aufsichtsrat Karl Dengler sogar die Frage nach dem Sinn eines Aufsichtsrats in der derzeitigen Form.

"Als Stadtrat, der das ehrenamtlich macht, ist man da überfordert", sagt Dengler, "man hat gar nicht die Zeit, sich intensiv in die Struktur einer Gesellschaft wie der SAUV einzuarbeiten." Eine tatsächliche Aufsichtsfunktion hält er nur mit so hohem Zeitaufwand für möglich, dass ein Aufsichtsrat dafür seine berufliche Arbeitszeit verkürzen müsste. "Oder", sagt Dengler, "Politiker raus aus Aufsichtsräten. Da hätte ich auch nichts dagegen." Doch beides ginge nur, wenn aus dem Ehrenamt eine bezahlte Teilzeit-Tätigkeit werden würde. Finanziell dürfte das allerdings teuer werden; immerhin ist die Stadt an rund einem Dutzend Tochtergesellschaften mit Aufsichtsräten beteiligt.

In etwa einem halben Jahr wird sich der Aufsichtsrat wieder mit dem Thema SAUV beschäftigen. Dann wird Roman Preis berichten, wie sich die Lage entwickelt hat, ob das Kind noch immer tief im Brunnen liegt, und am Tagungsort wird man ablesen können, wie vermint der Hagen dann noch ist. Und egal, wer nach Roman Preis Geschäftsführer wird: Er wird eine Mehrheit im Aufsichtsrat brauchen. Das wäre bereits ein Fortschritt.