Zwischen Schönheit und Schmerz

International anerkannte Textilkünstlerin aus Rudelzhausen ist tot


Von Redaktion Moosburg

"Textilkunst - zwischen Schönheit und Schmerz", so fasste Inge Stahl ihre Kunst mit eigenen Worten zusammen. Ihre Kleidobjekte und textilen Skulpturen soll man nicht tragen, sie tragen schon selbst eine Menge an Geschichten und Emotionen; sieht man sie an, kann man es fühlen. Meistens kreisen die Themen um Frauenrechte und Feminismus.

Was andere ein langes Künstlerleben nicht schaffen, gelang Inge Stahl in nur kurzer Zeit. Erst mit 45 Jahren hatte sich die 1946 in Frankfurt am Main geborene Künstlerin dafür entschieden, Textilkunst zu machen und erreichte damit Galerien und Sammler im In- und Ausland. Auch in der Region rund um ihre Wohn- und Wirkungsstätte Rudelzhausen stellte Inge Stahl ihre Kunstwerke aus und blickte am Ende ihres Lebens auf rund 100 Ausstellungen in 19 Ländern.

1997 wurde sie in Luxemburg beim Salon de Printemps mit dem ersten Preis der Jury ausgezeichnet, 2011 nahm sie an der 6th WTA Biennial in Mexiko teil, der internationalen zeitgenössischen Textilbiennale, bei der sie den Prize of Excellence erhielt. Auch in Frankreich und Belgien wurden ihr Preise verliehen. In ihren Objekten verarbeitete Inge Stahl unterschiedliche Materialien. Zum Beispiel Spiegelteile, Fell und Holz in dem Hemd-artigen "Kristallid", das 2023 als Schenkung an das Musée de la Tapisserie de Tournai (TAMAT) in Belgien ging. Oder Stickgarn, Glasstäbe und Metallgitter in einem weißen langen Kleid mit dem Titel "Ja, ich will". Das oben gezeigte Kleidobjekt "Herzbeklemmung" besteht aus Mieder, Baumwollnessel und synthetischem Garn. Dem Kleid, das ebenfalls an das TAMAT ging, stellte Inge Stahl ein Zitat der englischen Schriftstellerin George Eliot zur Seite: "Ein Frauenherz muss diesen Umfang haben, und nicht größer, sonst muss es zusammengepresst werden, wie chinesische Füße." Neben dem belgischen Museum sind Inge Stahls Kunstwerke in den Frauenmuseen in Bonn und Fürth ausgestellt.

Nach Stationen in Texas, USA, und in Freising lebte die Künstlerin mit ihren drei Kindern, ihrem zweiten Mann und dessen vier Kindern in Rudelzhausen. Am 14. April ist Inge Stahl mit 76 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben.