Interview nach Jamaika-Entscheidung

Nicole Bauer: „Neuwahlen wären die allerletzte Lösung“


Die FDP-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Landshut, Nicole Bauer

Die FDP-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Landshut, Nicole Bauer

Von Stefan Karl

Wer sich nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen nicht so recht vorstellen kann, wie es im politischen Berlin nun weitergehen soll, dem geht es so wie manch beteiligtem Politiker. Auf die Frage nach den Perspektiven nach dem Verhandlungs-Fiasko muss auch die Landshuter FDP-Abgeordnete Nicole Bauer kurz überlegen. Das Thema Neuwahlen sieht die Ingenieurin, die als Listenkandidaten erstmals in den Bundestag eingezogen ist, vorerst noch nicht auf der Tagesordnung, sagt sie im Gespräch mit idowa.

Frau Bauer, Jamaika ist vorerst gescheitert. Wie geht's jetzt weiter?

Nicole Bauer: Das ist eine gute Frage. Ich denke, man muss jetzt alle Karten nochmal auf den Tisch legen und da ist jetzt vor allem die Bundeskanzlerin gefragt. Eine große Koalition ist immer noch möglich. Auch der Bundespräsident hat ja angemahnt, man solle sich das nochmal überlegen. Dann stehen da noch Themen im Raum wie Minderheitenregierung. Neuwahlen wären wirklich die allerletzte Lösung.

Woran sind aus Ihrer Sicht die Sondierungsgespräche letzten Endes gescheitert?

An den Inhalten. Als wir gewählt wurden, haben wir gesagt, dass wir einer möglichen Regierungsarbeit offen gegenüberstehen, wenn sie eine liberale Handschrift trägt und wir nicht komplett unsere Inhalte aufgeben müssen. Aber in den Gesprächen hatte sich herauskristallisiert, dass FDP-Inhalte wie ein Einwanderungsgesetz oder die Abschaffung des Soli immer wieder ins Wanken geraten sind. Wir möchten den Wählern das geben, wofür sie uns gewählt haben. Ein "Weiter so" sollte es mit uns auf keinen Fall geben.

Angenommen, es gibt Neuwahlen - was überwiegt da bei Ihnen, Zuversicht oder Sorge?

Im Endeffekt muss es mit dem Land weitergehen. Wir haben keine Angst vor Neuwahlen, aber sicherlich bleibt es auch spannend, wie sich diese Zeit seit den Wahlen dann im Wahlergebnis niederschlagen wird. Der Auftrag, dieses Land zu führen, richtet sich aber eigentlich an den jetzigen Bundestag.

Mit Blick auf die Region Ostbayern: War Jamaika eine vertane Chance oder gäbe es politische Alternativen, bei denen die Region besser weggekommen wäre?

Gerade unter den Abgeordneten aus der Region gab es große Gemeinsamkeiten, das ist auch bei Gesprächen beispielsweise mit Erhard Grundl (Abgeordneter aus Straubing, Anm. der Redaktion) deutlich geworden. Jamaika war eine Chance. Ich habe aber das Bündnis von Anfang an mit Bauchschmerzen gesehen, aus diversen Gründen. Thema Technologieverbote beispielsweise. Als Ingenieurin kann ich da nicht mitgehen. Aus niederbayerischer Sicht kann man weder im Energie- noch im Automobilbereich bestimmten Technologien wie Kohle oder Diesel Verbote erteilen. Vor allem dann nicht, wenn man keine brauchbare Ersatztechnologie hat. Für die Region Niederbayern bleibt die entscheidende Frage, wie wir zusammenarbeiten werden, so lange es zu keiner Neuwahl kommt. Ich freu' mich darauf, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen Niederbayern voranzubringen! Das Thema Neuwahlen sollten wir erst noch hinten anstellen.

Wie muss man sich die Tage im Bundestag derzeit vorstellen?

Wir haben jetzt gerade aktuell eine besonders spannende Woche. Es gibt einige Entscheidungen, die wir treffen müssen bezüglich des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte im Rahmen verschiedener Nato-Einsätzen. Afghanistan und Mali stehen da beispielsweise wieder auf der Tagesordnung. Wir haben am Dienstag und Mittwoch wieder Plenumssitzung, da wurde nichts vertagt oder verschoben. Der aktuelle Bundestag arbeitet also durchaus schon und stimmt auch über wichtige Themen ab.