Landshut

Attraktivität: Was ist das?

Beim Thema Martinsschule zeigt sich der Stadtrat einigermaßen zerrissen – zweite Lesung


Endlosthema Martinsschule: Ein ?Kreativquartier? ist vorerst vom Tisch, im September wird die Bewertungsmatrix für eine Ausschre

Endlosthema Martinsschule: Ein "Kreativquartier" ist vorerst vom Tisch, im September wird die Bewertungsmatrix für eine Ausschreibung erneut im Stadtrat behandelt.

Von Uli Karg

Stadtentwicklung: Kaum irgendwo stellt sich im Stadtrat die Frage nach einer Vorstellung davon, wie Landshut aussehen soll, deutlicher als bei diesem Thema. Beispielhaft zeigte sich dies im Plenum beim Thema Martinsschule, für die die Stadt einen Vergabewettbewerb ausschreiben wird. Nachdem sich der Liegenschaftssenat in dieser Woche bereits auf eine Bewertungsmatrix geeinigt hatte, landete das Thema auf Nachprüfungsantrag von Karina Habereder (Junge Liste) abermals im Stadtrat. Dort war man sich zwar einig, dass die Nutzung des Objekts die Attraktivität der oberen Neustadt steigern soll. Deutlich wurde aber auch: "Attraktivität" ist ein dehnbarer Begriff. Auf Antrag von Tilman von Kuepach (Landshuter Mitte) wird das Thema nun nach der Sommerpause in zweiter Lesung behandelt.

Wichtig: Parken, nicht so wichtig: Kunst und Vereine

Bevor man in die Diskussion einstieg, teilte Oberbürgermeister Alexander Putz mit, dass er eine Nachricht von Stephan Rebel vom Ostbayerischen Kulturforum erhalten hatte, Entwickler eines möglichen "Kreativquartiers" in der Martinsschule. Rebel habe ihm mitgeteilt, dass man sich aus dem Angebotsverfahren zurückziehe. "Das Ostbayerische Kulturforum e.V. sowie die ursprüngliche Stiftungskonstellation ist raus aus dem Rennen", heißt es in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt. Warum sich das Kulturforum zurückgezogen hat, vermochte Putz nicht zu beantworten.

Aus Äußerungen von SPD-Stadträten ließ sich jedoch schließen, dass die Investoren, die hinter dem Projekt standen und noch nicht genannt werden wollten, aufgrund der offenen Ablehnung, die dem "Kreativquartier" vonseiten des konservativen Lagers im Stadtrat entgegenschlug, alles andere als amused waren. Woraufhin Gerd Steinberger (SPD) die Situation für seine Fraktion wie folgt zusammenfasste: "Es ist uns wieder gelungen, einen interessanten Investor zu vergraulen."

Ganz und gar nicht so sah dies Dr. Thomas Haslinger, CSU-Kreisvorsitzender und Fraktionschef von JL/BfL - schließlich gebe es in der Stadt genügend große Unternehmer, die bereits kräftig investiert und stets zum Wohle der Stadt gehandelt hätten. Was die Bewerbungsmatrix betrifft, in der Pluspunkte für bestimmte Nutzungskonzepte vorgesehen sind, forderte er, dass der Punkt "Vereine/Künstler", der in der vom Liegenschaftssenat abgesegneten Vorlage der Verwaltung am höchsten bewertet wurde (15 Punkte je 100 Quadratmeter Baufläche), wesentlich niedriger anzusetzen sei. Vor Kurzem hatte die CSU noch ein "Haus der Vereine" in der Martinsschule gefordert.

Aus einem Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler ließ sich herauslesen, dass man in, um und unter der Martinsschule in Zukunft vor allem auch parken können sollte. Parkplätze, so hieß es in dem Antrag, seien für die "Entwicklung einer attraktiven Neustadt" unabdingbar. Eine "einmalige Gelegenheit für unterirdischen Parkraum" sieht angesichts einer Neuausrichtung der Martinsschule auch Haslinger.

"Was hier passiert, ist ein Eiertanz"

Für Prof. Thomas Küffner (Landshuter Mitte) gehören zu einer attraktiven Neustadt wiederum potente Gewerbesteuerzahler. Er gab zu bedenken, dass die Nutzung "Gewerbe" mit fünf Punkten wohl zu niedrig angesetzt sei. "Uns allen im Stadtrat geht es um die Attraktivität der Neustadt", sagte Küffner. "Ich weiß aber nicht, ob die durch Künstler und Vereine erhöht wird." Nicht zuletzt deshalb, weil die Gewerbesteuereinnahmen bei Freiberuflern eher bescheiden ausfielen.

In die Diskussion um Parkplätze und Gewerbesteuereinnahmen stellte Sigi Hagl (Grüne) die Frage, ob sich noch jemand daran erinnern könne, worum es bei der Frage, wie mit der Martinsschule zu verfahren sei, ursprünglich gegangen sei: "Ich dachte eigentlich, dass es darum geht, die Neustadt aufzuwerten." Davon sei allerdings, so Hagl, bei manchen Stadtratskollegen nichts mehr übriggeblieben. Stattdessen gehe es darum, die Bewerbungsmatrix möglichst investorenfreundlich hinzubiegen. "Was hier passiert, ist ein Eiertanz."

Nachdem sich Gerd Steinberger nochmals mit der Forderung zu Wort gemeldet hatte, die Nutzung "Wohnen" mit wesentlich mehr als fünf Punkten zu bewerten, gab Tilman von Kuepach Folgendes zu bedenken: "Ich vermisse in der Bewertung Punkte dafür, dass jemand eine möglichst interessante Mischung bietet." Eher kraftlos verwies Putz darauf, dass die Verwaltung auch dies beachtet hätte. Bei der Abstimmung über die zweite Lesung kamen genügend Stimmen zusammen. Im September wird neu verhandelt.