Landkreis Landshut

Ein ewiger Zankapfel – Zuhörer vor der Tür

Gemeinderäte diskutierten Standort für Sondergebiet Einzelhandel/Tankstelle


Der Bebauungsplan des Sondergebiets Einzelhandel/Tankstelle. Das Gebäude im Westen wäre der Supermarkt, die Gebäude im Nordosten

Der Bebauungsplan des Sondergebiets Einzelhandel/Tankstelle. Das Gebäude im Westen wäre der Supermarkt, die Gebäude im Nordosten Tankstelle und Waschanlage und das über Eck angeordnete Haus im Osten das Wohn- und Geschäftsgebäude mit der Abtreppung im Süden. Die gelb markierte Fläche soll im Flächennutzungsplan erst einmal als landwirtschaftliche Fläche deklariert werden.

An die 20 Zuhörer finden sich in der Regel zu den Gemeinderatssitzungen in Adlkofen ein. Nicht selten bekommen sie heftige Diskussionen geboten. Auch in der Sitzung in der vergangenen Woche ging es wieder zur Sache. Zankapfel war erneut das Sondergebiet, das am östlichen Ortsrand Richtung Santing entstehen soll – mit einem Supermarkt, einer Tankstelle mit Waschanlage und einem Wohn- und Geschäftshaus. Eigentlich schienen die Planungen auf einem guten Weg. Doch nun wurden plötzlich wieder Stimmen laut, ob es nicht einen besseren Standort gäbe. Das wiederum führte dazu, dass die besagten Zuschauer wegen einer nichtöffentlichen Aussprache mitten in der eigentlich öffentlichen Sitzung für eine knappe halbe Stunde vor die Tür geschickt wurden.

Es ist ein ewiges Hin und Her. Schon lange gibt es in der Gemeinde Bemühungen um eine Tankstelle. Auch ein anderer Standort war schon einmal geplant, wurde aber nie verwirklicht. Als sich der Investor nach der Prüfung mehrerer Standorte und zum Teil problematischer Grundstücksverhandlungen schließlich auf den Standort am östlichen Ortsrand festgelegt hatte, signalisierte der Gemeinderat seine Zustimmung und stieg in die Bauleitplanung ein. Streitpunkt waren zuletzt die Öffnungszeiten der Waschanlage am Sonntag (wir berichteten).

Nun wurde in den vergangenen Wochen die frühzeitige Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung zum Flächennutzungsplan durchgeführt. In der jüngsten Sitzung wurden die eingegangenen Stellungnahmen dazu besprochen. Franz Pezold vom gleichnamigen Architekturbüro erklärte, dass es für das Sondergebiet mit dem Supermarkt landesplanerische Vorgaben gibt. So kann ein Supermarkt in dieser Größe – geplant sind 1200 Quadratmeter Verkaufsfläche – nur dort gebaut werden, wo er auch von Wohngebieten umgeben und der Markt fußläufig erreichbar ist.

Kritik von Anwohnern

Was für viele Adlkofener ein Vorteil ist, stößt bei den direkten Anwohnern auf wenig Begeisterung. Sie befürchten vor allem Lärm. Deshalb gab es neben den Anmerkungen der Behörden auch zahlreiche Bürger, die eine Stellungnahme abgaben. 47 Mal war ein Einwendungsschreiben in der Verwaltung eingegangen. Die Begründung lautete jedes Mal gleich, nur dass 47 Personen den Zettel unterschrieben und abgegeben haben, informierte Geschäftsleiter Johann Theiss.

Drei Argumente fügten sie gegen das Vorhaben an. Hauptkritikpunkte waren eben der befürchtete Lärm durch den Verkehr, aber auch durch das Vorhaben selbst und der aus Sicht der Einwender ungünstige Standort.

Im Flächennutzungsplan könne man, was den Lärm betrifft, noch nicht so viel festlegen wie im Bebauungsplan, erklärte Landschaftsplanerin Marion Linke (vom Büro Linke und Kerling), die bei den Planungen ebenso mit im Boot ist.

Im Flächennutzungsplan konnte Pezold nur durch eine Änderung auf die Anregung der Bevölkerung eingehen: Er hatte im Plan das Gebiet, in dem später die Gebäude entstehen sollen, entsprechend markiert und mit einer Darstellung versehen, in der es nun heißt „Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“.

Im Bebauungsplan Sondergebiet Einzelhandel/Tankstelle wird hingegen genauer auf die Emissionen eingegangen. Wie Andreas Kottermair, dessen Ingenieurbüro auf den Bereich Immissionsschutz spezialisiert ist, erklärte, gibt es für Sektoren bestimmte Emissionskontingente, die nach der Fläche berechnet werden. Diese können für die Sektoren jeweils unterschiedlich ausfallen, am Ende darf aber bei den zu beachtenden Immissionspunkten – sprich bei den umliegenden Wohngebäuden – nur so viel Lärm ankommen, wie das die Grenzwerte erlauben. In einem Wohngebiet sind das 55 db(A) am Tag und 40 db(A) in der Nacht. Das kann durch unterschiedliche Maßnahmen erreicht werden, beispielsweise durch die entsprechende Technik, durch die Einhausung, beispielsweise das geschlossene Tor bei der Trocknung in der Waschanlage oder auch durch die Regelung, dass zwischen 22 und 6 Uhr kein Anliefer- und Publikumsverkehr auf dem Gelände stattfindet, so hieß es in der öffentlichen Sitzung.

Zweifel am Standort

Die vielen Stellungnahmen der Bürger und auch viele Gespräche mit den Bürgern veranlassten einige Gemeinderäte dazu, allen voran die der CSU-Fraktion, für die Bernhard Westermeier das Wort ergriff, am Standort zu zweifeln. Er fragte, ob nicht doch ein Standort mehr Richtung Landshut sinnvoller wäre.

Bürgermeisterin Rosa Maria Maurer schien aus allen Wolken zu fallen. Nach einer Haushaltsbefragung, in der sich laut Maurer 75 Prozent der teilnehmenden Bürger für den Supermarkt plus Tankstelle ausgesprochen hatten, und nachdem der Gemeinderat den Flächennutzungsplan ja bereits aufgestellt hat, konnte sie nun dieses Umschwenken nicht verstehen. Dafür gebe es doch die Öffentlichkeitsbeteiligung, meinte wiederum Hubertus Werner (SPD): um sich dann noch einmal Gedanken zu machen. Die zweifelnden Gemeinderäte wollten nur noch einmal sicher gehen, ob nicht doch ein anderer Standort umgesetzt werden könnte.

Der Investor, der den Supermarkt bauen will, und im Vorfeld auch die Grundstücksverhandlungen geführt hat, war unter den Zuhörern. Er berichtete, dass mit Netto bereits ein Mietvertrag abgeschlossen sei. Um allerdings über die problematischen Grundstücksverhandlungen Auskunft geben zu können, musste Maurer die Nichtöffentlichkeit herstellen, und so wurden alle Zuhörer vor die Tür geschickt. Etwa eine halbe Stunde lang mussten die sich gedulden, ehe die Gemeinderäte fertig diskutiert hatten. Am Ende wurden die in der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung erteilten Anregungen in den Flächennutzungsplan aufgenommen und der Plan mit 8:5 Stimmen beschlossen.

Beim Bebauungsplan ging Pezold auf die Wandhöhen und vor allem auf das geplante Wohn- und Geschäftshaus ein. Dieses dient wegen der topographischen Beschaffenheit zum Teil auch als Stütze für das Gelände. Auf der Seite Richtung Süden ist laut Bebauungsplan eine Abtreppung vorgesehen. Der Boden darf lediglich bis 1,50 Meter in die Tiefe abgetragen werden. Das sei nötig, damit die Wohnungen Richtung Süden dann auch auf einer Ebene aneinandergereiht werden können. Besprochen wurde hierbei auch das Sicherstellen von ausreichend Stellplätzen und die Verkehrsführung. Eine Zufahrt soll später nur von der Landshuter Straße und nicht von Straßen der umliegenden Siedlungen möglich sein. Dem Bebauungsplan stimmten am Ende zwölf Gemeinderäte zu (bei einer Gegenstimme).

Die Gemeinderätinnen Alexandra und Christa Passek waren zu Beginn der Besprechung dieses Punktes von der Beratung ausgeschlossen worden. Das hatte die Kommunalaufsicht der Gemeinde geraten. Als Frau und Schwester des Besitzers des aktuellen Netto-Geländes seien sie in der Sache persönlich betroffen. Eine mögliche Entscheidung gegen die Planungen zum Sondergebiet hätte ihnen womöglich einen Vorteil verschafft, so die Begründung der Kommunalaufsicht, die Maurer verlas.