Plattling/Deggendorf

Vegan ist in: "Der Mensch braucht nicht immer Fleisch"


(Symbolbild: Fredrik von Erichsen/dpa)

(Symbolbild: Fredrik von Erichsen/dpa)

Nachdem der "Vegane Papst", wie Attila Hildmann in Kennerkreisen genannt wird, 2011 den Bestseller "Vegan vor Fun" veröffentlichte, verschreiben sich immer mehr Menschen der veganen Ernährung. Anders als Vegetarier verzichten Veganer nicht nur auf Fleisch, sondern auf alle Lebensmittel tierischen Ursprungs.

Der Stephansposchinger Jérôme Gebhard tourt demnächst mit einem so genannten Vegan Food Truck durch die Lande und bietet seine "grüne" Kost feil. Aus diesem Grund haben wir bei Ärzten, Ernährungsberatern und Veganern nachgefragt. Die Meinungen über eine derartige Ernährung gehen allerdings auseinander.

Sonja Ertl aus Hengersberg ernährt sich seit einem Jahr vegan und sieht viele Vorteile in der rein pflanzlichen Ernährungsweise. "Als Veganer achte ich viel mehr darauf, welche Lebensmittel und Produkte ich kaufe und zu mir nehme. Außerdem bin ich in der Zubereitungsweise kreativer und probiere neue Sachen aus", erzählt die Mutter einer elfjährigen Tochter. Bevor sie zur Veganerin wurde, ernährte sie sich jahrelang vegetarisch. Mit dem Gedanken komplett auf tierische Lebensmittel zu verzichten, spielte die 37-Jährige schon länger. "Ausschlaggebend war dann ein Erlebnis auf einem Fest in München, an dem kleine Kinder auf ihre Vollmilchschokolade verzichteten, weil sie von ihren Eltern vegan erzogen wurden. Da dachte ich mir, wenn diese Kinder das können, dann kannst du auch auf deinen heiß geliebten Milchkaffee verzichten", schmunzelt sie. Ertl ernährt sich seitdem ausschließlich vegan und macht auch keine Ausnahme, wenn sie bei Bekannten zum Essen eingeladen ist.

Vitamin B12 durch Zahnpasta

Es sei ein weit verbreiteter Irrglaube, dass sich Veganer nur von Obst und Gemüse ernähren könnten. "Auch Nougatcreme, Müsli oder Kekse gibt es heutzutage vegan zu kaufen", weiß Ertl. Das Vitamin B12, welches ausschließlich in tierischen Produkten wie Fisch, Fleisch, Milch und Eiern enthalten ist, nimmt sie über eine Zahnpasta zu sich. "Über diese Zahnpasta kann ich meinen Stoffwechselhaushalt regulieren und brauche deshalb keine Nahrungsergänzungsmittel", sagt die Erzieherin.

Ganz unproblematisch sei eine rein vegane Ernährung jedoch nicht, erklärt die Diplom-Ökotrophologin und AOK-Ernährungsberaterin Christa Katzdobler. "Das Vitamin B12, welches nur in tierischen Produkten enthalten ist, ist maßgeblich an der Zellteilung und Blutbildung beteiligt. Gerade bei schwangeren Frauen kann sich dieser Mangel auf das ungeborene Kind auswirken und Störungen in seiner Entwicklung hervorrufen", erklärt sie. Ernähre man sich dagegen überwiegend vegan, esse aber immer mal wieder tierische Produkte, sei die Ernährungsweise unbedenklich. "Problematisch wird es nur bei den Hardlinern", betont Katzdobler.

Gefahr einer Mangelernährung

Für die Kinder- und Jugendärztin Dr. Maria Schröter-Büchl aus Moos ist eine "ausgewogene, vollwertige Mischkost" der einzige Weg, um sich gesund zu ernähren. "Der Mensch braucht nicht immer Fleisch", betont die Ärztin. Trotzdem sei es wichtig, seinem Körper Nährstoffe wie Eiweiß und Vitamin B 12 nicht vorzuenthalten, da sonst die Gefahr einer Mangelernährung entstehe. Viele Veganer fühlten sich durch ihre Ernährung fitter und leistungsfähiger. Diese Menschen würden in der Regel aber nicht nur auf ihre Ernährung achten, sondern einen gesunden Lebensstil praktizieren, indem sie sich viel bewegen und Sport treiben. "Dieses Wohlbefinden lässt sich deshalb nicht nur der veganen Ernährung zuschreiben", weiß Schröter-Büchl. Grundsätzlich sei der Lebensstil jedoch eine Einstellungssache. "Viele Veganer verzichten auf tierische Produkte, da sie mit ihrer Lebensweise für eine artgerechte Tierhaltung einstehen wollen", hebt die Kinderärztin hervor.

Dr. Gabriela Hang, Allgemeinmedizinerin aus Dingolfing, ernährt sich selbst seit drei Jahren vegan und "sieht keinen gesundheitlichen Aspekt, warum man Fleisch essen sollte", wie sie sagt.

Volkskrankheiten vorbeugen

"Gerade durch die vegane Ernährung kann man Volkskrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck und zu hohen Cholesterinwerten vorbeugen", weiß Dr. Hang
. Die vegane Ernährung sei rein pflanzlicher Art. Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkorn- und Sojaprodukte werden in der veganen Küche besonders gerne verwendet. "Auch in Nüssen steckt eine Menge Eiweiß", betont die Veganerin. Zudem sei es jederzeit möglich, dem Körper fehlende Nährstoffe über so genannte Nahrungsergänzungsmittel zuzuführen. "In Form von Kapseln oder Tabletten kann dem Körper das fehlende Vitamin B12 verabreicht werden", erklärt sie.

André Richter, der als Koch im Mund-Art in Deggendorf arbeitet, bietet seit einiger Zeit sogar vegane Gerichte in seinem Restaurant an. "Die Nachfrage ist einfach da", erklärt er gegenüber dem Plattlinger Anzeiger. Vegane Burritos oder Enchiladas würden bei den Gästen ebenso gut ankommen, wie vegane Burger und Fleischpflanzerl. Für ihn als Koch sei es eine schöne Herausforderung auf vegane Art zu kochen. "Jeder weiß ja, dass Sahne und Butter Geschmacksträger sind, diese Zutaten jetzt wegzulassen und ein leckeres Gericht zu zaubern, ist für jeden Koch schwierig", erzählt Richter. Er selbst ist positiv überrascht von der guten veganen Küche und kann nur jedem empfehlen unvoreingenommen an diese heranzugehen und vegane Gerichte einmal zu probieren.

Ihre Erfahrungen

Haben auch Sie bereits positive oder auch negative Erfahrungen mit der veganen Lebensweise gemacht? Teilen Sie uns diese mit, indem Sie eine Email an redaktion@plattlinger-anzeiger.de mit dem Betreff "Vegane Ernährung" schicken.

Ernährung und weist auf eine mögliche Mangelernährung hin. Diplom-Ökotrophologin Christa Katzdobler kennt die Risiken der veganen

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