Cham

Trend im Napf: Tierhalter stehen für ihre Vierbeiner in der Küche, um zu barfen


Das Ei kommt gleich komplett in den Mixer.

Das Ei kommt gleich komplett in den Mixer.

Von Stephanie Paa

Zwei Pastinaken, Fenchel, ein Apfel, eine Birne, eine Rote Bete, Kräuter, zwei Eier, Rapsöl ... was sich auf der Anrichte von Karin Paa (39) in Roding vor dem Mixer eingefunden hat, könnten auch Zutaten für einen Gemüse-Obst-Salat sein. Doch wer da schon ganz freudig an diesen Zutaten schnuppert, ist ein Nachfahre des Wolfes, Husky "Cusco" (3). So vegetarisch die Zusammenstellung zunächst auch anmutet, sie ist ein wichtiger Bestandteil einer derzeit in Hundebesitzerkreisen sehr beliebten Fütterungsart, die Wolf und Fuchs abgeschaut ist und kurz mit BARF (Biologisches Artgerechtes Rohes Futter) umschrieben wird. Zum oben genannten Mix gesellen sich nach kurzer Zeit einige rohe Putenfleischbrocken vom Bauernmarkt.

Das richtige Konzept?
Man könnte Paa, die Heilpraktikerin und Osteopathin ist, nun Übertreibung bezüglich gesunder Ernährung unterstellen. Paa hält sich auch als Mensch an ein gesundes Ernährungskonzept. Aber dass sie jetzt auch noch den Hund bekocht... Paa plädiert für eine entspannte Haltung gegenüber verschiedenen Meinungen innerhalb der Barf-Szene. Da wird gestritten, ob Getreide ins Futter darf oder nicht oder ob das richtige Verhältnis Fleisch: Grünzeug 60:40 oder doch lieber 80:20 sein sollte.

"Ich weiß auch nicht ob meines das richtige ist, aber Cuscos Blutwerte sind top! Klar ist auch, dass der Hund viel mehr Karnivore (Fleischfresser) ist, als der Mensch." Welpen bekommen etwa fünf bis zehn Prozent ihres Körpergewichts Gesamtfuttermenge, Paas erwachsener Husky zwei bis drei Prozent des Körpergewichts. Ein Hund mit 40 Kilo bekommt etwa 1200 Gramm Gesamtfuttermenge, davon etwa ein Kilo Fleisch sowie 200 Gramm Kräutermischung.

Kräuter wie aus dem Pansen
Eine Wissenschaft für sich. Doch nicht nur bei medizinisch vorbelasteten Tierhaltern kommt Chappy und Pedigree und Whiskas und Sheba nicht mehr in den Napf. Wer kein Tier besitzt, fragt sich: Was bewegt Menschen dazu, für die Ernährung ihrer Haustiere mehr zu tun als andere für die Ernährung ihrer Kinder? Paa erläutert ihre Meinung, warum heute immer mehr Tiere futtern wie bei Muttern: "Das ist dem Fressverhalten von Wolf und Fuchs abgeschaut. Wölfe gehen zuallererst an den Pansen (Vormagen von Wiederkäuern), denn der Wolf benötigt die Enzyme der im Pansen befindlichen, vorverdauten Kräuter um das Eiweiß aufspalten zu können." Die Theorie: Das Reh frisst viele Kräuter, Löwenzahn, Brennnessel, Gras - Grünfutter. Bei der Verdauung bilden sich Enzyme im Pansen des Beutetieres und die helfen wiederum dem Raubtier bei der Verdauung.

Grüne Medizin
Die Vorteile des Grünzeugs im selbst bereiteten Tierfutter sieht Paa nicht nur in der offenkundigen artgerechten Ernährung ohne die oft in konventionellem Hunde- und Katzenfutter enthaltenen Geschmacksverstärker. Sie ermögliche auch die Anwendung grüner Medizin für ihren Vierbeiner.

So könne sie einem Hund, der ein etwas zu großes oder spitziges Knochenstück hinuntergewürgt hätte, mit Sauerkraut zu einer schnellen Ausleitung des Gegenstandes auf seinem Weg durch den Darm helfen. "Wenn ein Hund natürlich nie Grünzeug bekommen hat, wird er auch kein Sauerkraut fressen." Bei Husten kriegt Cusco Zwiebeln mit ins Fressen, bei Hautproblemen Brennnessel, bei Blähungen Kurkuma und wenn er überdreht ist Basilikum. Wurmbefall könne man durch Beigabe von Kokosflocken oder auch Karotten verringern. "Ein guter Mixer ist das A und O", gibt Paa einen Tipp. Das Gerät muss auch holzigere Teile gut zerkleinern können, da oft gerade die äußeren Teile etwa von Fenchel und Salat ins Hundefutter kommen - also das, was man normalerweise wegwirft.

Ein Rote-Bete-Rammel
Und wie hat Cusco sein Barf-Fressen geschmeckt? Ausgezeichnet, wie es scheint. Nach nicht einmal einer Minute ist der Napf leer, ein Rote-Bete-Rammel zeugt noch von der Schlabberei und mit dem Nachtisch - einem Rehbein samt Fell und Hufen - hat er sich schon zurückgezogen an ein sonniges Plätzchen zum gemütlichen Knabbern.

Samt Fell und Hufen? "Gut für die Verdauung", schmunzelt Paa. Was für Wölfe gut ist, kann für Hunde nicht schlecht sein. Na, wenn's schmeckt!

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Die Rote Bete sorgen für die rote Farbe im Futter.

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Zum Dessert gibt es ein schönes, haariges Rehbein für die Verdauung.

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In Null-Komma-Nichts ist der Napf ausgefressen.

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Kein Milch- sondern ein Rote-Bete-Bart.

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Das Ei kommt gleich komplett in den Mixer.