Cham

Bier gibt‘s nur noch für Reisende


Ein Sixpack an der Tanke gibt es ab 20 Uhr nur noch für Reisende. (Foto: dpa)

Ein Sixpack an der Tanke gibt es ab 20 Uhr nur noch für Reisende. (Foto: dpa)

Von Redaktion idowa

Von Bastian Schreiner
Kühlschrank leer, Chips alle, Bier aus - Retter in der Not ist die Tankstelle. Seit neuestem aber nur, wenn man mit dem Auto kommt. So steht es im neuen Vollzugshinweis zum Ladenschlussgesetz vom bayerischen Sozialministerium. Demnach dürfen Tankstellenpächter nach 20 Uhr Getränke und Lebensmittel nur noch an Autofahrer und in kleinen Mengen verkaufen. Fahrradfahrer und Fußgänger gehen hingegen leer aus.

"Rechtlich ist der Verkauf an Tankstellen eigentlich schon seit 1996 geregelt", betont Norbert Wittmann, Leiter der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung am Landratsamt. Das Ministerium habe in seinem Vollzugshinweis nun konkretisiert, was unter den im Gesetz genannten "Lebens- und Genussmitteln in kleineren Mengen" und "Reisender" zu verstehen ist:

"Tankstellen ohne Gaststättenerlaubnis dürfen nach Ladenschluss kleinere Mengen an Lebens- und Genussmitteln an Reisende verkaufen, um deren Versorgungsbedürfnis zu befriedigen und den Erhalt der Mobilität auch während der allgemeinen Ladenschlusszeiten zu gewährleisten. Als Reisende hat das Bundesverwaltungsgericht Kraftfahrer und Mitfahrer des Kraftfahrzeugverkehrs definiert."

Kein Vorteil gegenüber anderen Geschäften


Die "upgedatete" Version des Gesetzes sei nun seit 1. Juni in Kraft. "Die Eingrenzung des Kundenkreises dient nach Aussage des Ministeriums der Wettbewerbsneutralität", berichtet Wittmann. Die Tankstellenbetreiber sollten keinen zu großen Vorteil gegenüber anderen Geschäften haben. Denn diese unterliegen dem gesetzlichen Ladenschluss um 20 Uhr. "Man will zeigen, dass die Tankstelle kein Supermarkt ist, der rund um die Uhr geöffnet hat", sagt er.

Bis zu einem Alkoholgehalt von acht Prozent seien zwei Liter pro Person erlaubt. Das seien beispielsweise zwei Liter Cola oder Mineralwasser. "Aber auch vier Halbe Bier", merkt Wittman an. Bei Getränken zwischen acht und 14 Prozent wie Wein oder Sekt dürfe der Tankstellenbetreiber nur einen Liter pro Person verkaufen. Bei Schnaps gebe es nur eine 0,1-Liter-Flasche.

Das Landratsamt, aber auch die Gemeinden seien die Aufsichtsbehörden. "Wir haben alle Tankstellen im Landkreis sowie die Polizei und Gemeinden benachrichtigt und auf die aktuellen Regelungen hingewiesen", teilt er mit. Bis jetzt sei noch kein Pächter angezeigt worden. Im schlimmstes Fall, so Wittmann, müsse der Tankstellenbetreiber mit einer Geldstrafe von 500 Euro rechnen. Tankstellen mit Gaststättenkonzession seien von dieser Regelung ausgenommen. "Im Landkreis Cham gibt es zwei Tanken mit dieser Lizenz", berichtet er. Aber: Die Genehmigung erlaubt den Verzehr nur an Ort und Stelle. Lebensmittel mitnehmen dürfen Nichtreisende dadurch auch nicht.

Die meisten Tankstellen würden in erster Linie vom Verkauf von Getränken und Lebensmitteln und nicht so sehr von der Abgabe des Treibsstoffs leben. Natürlich verstehe Wittmann, dass der neue Vollzugshinweis bei vielen Tankstellenbetreibern auf Unverständnis trifft. "Doch ein Sturm der Entrüstung, den es am vergangenen Wochenende in anderen Teilen Bayerns gab, ist bei uns im Landkreis noch nicht eingetreten", versichert er.

Laut Wittmann sei das "Vorglühen" an der Tanke nun nicht mehr so einfach für die Jugendlichen. "Die Betreiber sollen weiterhin genau kontrollieren", appelliert er.

Umsatzeinbußen als Folge des Gesetzes


Bei der Jet-Tankstelle in Cham trifft die strenge Auslegung des Ladenschlussgesetzes auf Unverständnis, wie Mitarbeiterin Tanja Simml berichtet: "Wir können weniger verkaufen und haben somit Umsatzeinbußen." Die Angestellten ziehen sich auch den Unmut der Kunden zu. "Doch wir können nichts ändern, das Gesetz ist nunmal so", meint Simml. Seit August gibt die Jet-Tankstelle Getränke und Lebensmittel nur noch in den vorgeschriebenen Mengen aus. "Wir kontrollieren die Kunden auch, ob sie mit dem Auto da sind oder nicht", betont sie. Denn auf der anderen Seite werde der Tankstelle von den Behörden auch genau auf die Finger geschaut.

Eine gewisse Benachteiligung entsteht

Werner Nowack, Inhaber der gleichnamigen Tankstelle in Cham-Süd, sieht einen gewissen Nachteil für die Tankstellenbetreiber. Ihn persönlich tangiert die Neuregelung jedoch nicht. "Wir schließen an Werktagen ohnehin um 20 Uhr", erklärt er. Wie stark die anderen Tanken davon betroffen sind, vermag er nicht zu beurteilen. Vielmehr spricht er ein grundsätzliches Problem an: "Die Leute wollen 24 Stunden, Tag und Nacht, einkaufen, aber keiner will zu diesen Zeiten arbeiten."

Auch in der Aral-Tankstelle Schmidbauer in Roding ist man unzufrieden mit dem Vollzugshinweis. "Häufig kommen Leute abends vorbei und wollen noch schnell etwas einkaufen", sagt eine Mitarbeiterin. Logischerweise seien damit Umsatzeinbußen vorprogrammiert. Außerdem sei es schwierig zu kontrollieren, ob der Kunde Reisender ist.

Für Johanna Wanninger von der Avia-Tankstelle in Furth im Wald ist die neue Regelung "Käse". Sie hat das Schreiben vom Landratsamt erhalten und sieht vor allem für die großen Tankstellen einen Nachteil. "Uns betrifft das nur geringfügig, da wir bereits um 20.30 Uhr schließen", erläutert sie. Viele Kunden seien verwundert, wenn sie ab 20 Uhr nichts mehr kaufen können.