Zusammenhalt und Eigeninitiative

Das Bilderbuchdorf


Der Dorfplatz gibt ein idyllisches Bild ab. Damit das so bleibt, melden sich immer wieder Freiwillige, um den Rasen zu mähen.

Der Dorfplatz gibt ein idyllisches Bild ab. Damit das so bleibt, melden sich immer wieder Freiwillige, um den Rasen zu mähen.

Blühende Bäume, Ameisen, die über eine Holzbank krabbeln, und grüner Rasen, der geradewegs aus England kommen könnte. Dazu ein weiter Ausblick auf Wald, Felder, nur wenige Häuser. Am Horizont steigen Berge empor. Ohne Probleme könnte man in dieser idyllischen Kulisse einen Heimatfilm drehen. Und das ist hauptsächlich das Verdienst der Einwohner.

Sommersberg gehört zur Gemeinde Kirchberg im Wald im Kreis Regen. Das kleine Dorf zählt etwa 230 Einwohner, hat weder Einkaufsmöglichkeiten noch einen Arzt. Trotzdem sind neue Bauplätze sofort vergeben, der Bedarf nie gedeckt. Leerstand? Ein Fremdwort.

Das Geheimnis von Sommersberg: der Zusammenhalt der Dorfbewohner. Der führt auf Fußballer und einen Wettbewerb zurück. Hobbymäßig habe man sich früher zum Fußballspielen getroffen und sei danach noch zusammengesessen – mehrmals die Woche. Daran erinnert sich Johann Ertl. 1990/91 haben die Sommersberger einen Dorfausschuss mit Hauptmann gegründet. Der Startschuss für das organisierte Dorfleben. Gemeinsam habe man beschlossen, an dem Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ mitzumachen. „Das hat dann irgendwann eine Eigendynamik bekommen, das ganze Dorf hat mitgemacht“, erinnert sich Ertl, der damals im Dorfausschuss war. Hausfassaden wurden gestrichen, Hoftore erneuert, Pflaster verlegt, Bäume gepflanzt und Rasen angelegt. Alles in Eigenregie und aus eigener Tasche. Schön wollte man es haben. „Da hat man gesehen, was alles geht, wenn man zusammenhält. Da kann man schon stolz drauf sein.“

Schmuckstück Dorfkapelle

Seitdem kennen die Tatkraft und der Zusammenhalt der Sommersberger keine Grenzen mehr. Vor drei Jahren beispielsweise haben die Dorfbewohner zusammen die kleine Kapelle auf dem Dorfplatz saniert. „Da haben alle zusammengeholfen, der Jüngste war 14, der Älteste 78“, erzählt Anton Ertl, Mitglied des Dorfausschusses. Ein neues Dach, eine eigens geschreinerte Tür, von der Glasfachschule in Zwiesel kunstvoll gestaltete Fenster und ein Glas-Kreuzweg an den Wänden – all das macht die kleine Kapelle nun zum Schmuckstück des Dorfes.

Und selbst eine Straße zu asphaltieren, ist für die Sommersberger kein Problem. Um Geld einzunehmen, organisierten sie erst eine große Faschingshochzeit. Die eigentliche Arbeit an der Straße war innerhalb von zwei Wochenenden erledigt. „So viel Eigeninitiative kann man sich nur freuen“, sagt Alois Wenig, Bürgermeister der Gemeinde Kirchberg im Wald. Danach wurde der eigene Erfolg bei einem gemütlichen Zusammensein gefeiert.

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Der Preis, den Sommersberg beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ gewonnen hat, hat einen Ehrenplatz in der Hütte.

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Am oberen Dorfrand trifft sich die Sommersberger Jugend.

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Bürgermeister Alois Wenig und die Dorfbewohner Josef Wittenzellner, Anton Ertl und Johann Ertl vor dem beliebtesten Treffpunkt Sommersbergs: der selbst gebauten Hütte.

Vom Container in die Hütte

Das Beisammensein hat überhaupt einen großen Wert in Sommersberg. Dafür wurde eigens eine Hütte errichtet, der es an nichts fehlt. Bar, Kühlschrank, gemütliche Bänke – und jede Menge Auszeichnungen an der Wand, die die Erfolge der Sommersberger dokumentieren.

Der Nachwuchs hat seinen eigenen Treffpunkt: einen umgebauten Container am oberen Rand des Dorfes. „Das ist der Kreislauf von Sommersberg: Erst ist man oben im Container, dann kommt man langsam runter in die Hütte“, erklärt Josef Wittenzellner, ein jüngeres Mitglied des Dorfausschusses. „Es gibt hier kein Wirtshaus mehr, aber Treffpunkte sind enorm wichtig für das Dorfleben“, bestätigt auch Bürgermeister Wenig. Daher seien Container und Hütte essenziell für den Zusammenhalt.

Und auch für die Kleinsten gibt es die Möglichkeit, sich zu engagieren. Ein Krippenspiel, das auch im Hauptdorf Kirchberg im Wald aufgeführt wird, bringt die Kinder des Ortes zusammen. „Da sind sie mit Feuereifer dabei“, erklärt Ertl.

Die Ideen gehen nicht aus

Eine derart vorbildliche Eigeninitiative hat allerdings auch ihre Nachteile. Meist bemühe man sich vergebens um Fördergelder oder Maßnahmen. Derzeit bewirbt sich Sommersberg für das geförderte Projekt „Einfache Dorferneuerung“. Denn es gibt immer noch ein paar unbefestigte Straßen im Dorf, die die Einwohner gerne asphaltiert hätten. „Aber das können wir finanziell selbst einfach nicht stemmen“, erklärt Anton Ertl.

Und auch sonst gehen den Sommersbergern die Ideen nicht aus. Schon seit Längerem denken die Dorfbewohner darüber nach, wie sie energieautark werden können. Nachdem ein Windrad wegen der Abstandsbestimmungen nicht mehr infrage kommt, liebäugeln die Sommersberger nun mit einem Blockheizkraftwerk.

Aber nun steht in Sommersberg erst einmal das jährliche Dorffest an. Es soll das nächste Projekt finanzieren: Der Weg zur Kapelle soll geschottert werden. Denn zwei Mal am Tag läutet eine Dorfbewohnerin per Hand die Glocke. Um ihr auch bei schlechtem Wetter einen sicheren Weg zur etwas höher gelegenen Kapelle zu ermöglichen, legen die Sommersberger wieder Hand an. Alle gemeinsam.