"Ein ungeheuerlicher Vorgang"

Steuerverschwendung: Strombetriebene ÖPNV-Fahrzeuge


In Augsburg fahren keine Elektro-, sondern Erdgas-Busse - wie diese Modelle von Mercedes-Benz.

In Augsburg fahren keine Elektro-, sondern Erdgas-Busse - wie diese Modelle von Mercedes-Benz.

Von Sven Geißelhardt

Durch die hohe finanzielle Unterstützung für strombetriebene ÖPNV-Fahrzeuge verschwenden EU und Bundesregierung viele Steuermillionen - der Effekt sei zweifelhaft, klagen Kritiker.

Stadtwerke, die einen Elektrobus anschaffen, können mit Förderung von bis zu 320.000 Euro aus den Mitteln des Bundesumweltministeriums rechnen. Bis 2022 steht dafür ein Topf von 300 Millionen Euro zur Verfügung. Rausgeschmissenes Geld, findet der Landshuter Hochschulprofessor und Ingenieur Ralph Pütz. Für ein Bruchteil dieser Summe könnte viel mehr viel schneller erreicht werden, würde die Politik nicht einer "unverantwortlichen Ideologie" folgen.

Elektrobusse werden kräftig gefördert

"Technologieoffenheit" ist ein Begriff, den viele Politiker gerne im Mund führen. Das bedeutet: Wie die Industrie ein vorgegebenes Ziel - etwa Emissionsgrenz-werte - erreicht, ist ihr überlassen, Hauptsache, das Ergebnis stimmt. Doch bei der Elektromobilität gilt das offenbar nicht mehr. Sowohl die EU wie auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) geben mit ihrer Förderpolitik auch den technischen Weg zum Ziel vor: Elektrisch sollen die Nahverkehrsbusse fahren, dann werden sie kräftig gefördert.

Sogar feste Quoten werden diktiert, erregt sich Pütz, der auch Geschäftsführer des Instituts für angewandte Nutzfahrzeugtechnik (Belico GmbH) ist und außerdem bei der letzten Landtagswahl auf der niederbayerischen CSU-Liste kandidierte: "Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang, der die Maßgabe einer Technologieneutralität völlig ad absurdum führt und diese durch eine "Technologiediktatur" ersetzt".

Augsburger Stadtbusse fahren mit Biomethan

Wenn es um lokale Emissionen geht, dann braucht man keine E-Busse im Nahverkehr, behauptet Pütz. Busse mit modernen abgasnachbehandelten Verbrennungsmotoren der Stufe Euro VI seien "lokal hoch sauber und weisen ein Nahe-Null-Emissionsniveau auf".

Dass dies keine professorale Theorie ist, beweisen die Stadtwerke Augsburg. Seit 2011 fahren sämtliche fast 100 städtische Busse ausschließlich mit Biomethan, das in seinen Eigenschaften mit Erdgas identisch ist. Der Unterschied: Biomethan entsteht durch Vergärung von Stroh und anderen landwirtschaftlichen Abfallstoffen, so dass bei der Verbrennung kein zusätzliches Kohlendioxid (CO2) entsteht.

"Der Elektrobus ist nicht das Maß aller Dinge", ist daher der Chef des Augsburger Stadtwerke-Fuhrparks, Klaus Röder, überzeugt. "Elektrobusse kosten viel, sind aber reine Symbolik", behauptet Timm Kehler, Vorstand der Lobbyorganisation "Zukunft Erdgas".

Erdgasbusse werden in Bayern mit 10.000 Euro gefördert

Als Augsburg das saubere Biomethan-Zeitalter einleitete, war die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) von der Fuggerstadt als "Modellstadt für Erdgas" begeistert. Doch heute ist der Bundesregierung jede Alternative zur Elektromobilität scheinbar lästig. Immerhin: Aus den Fördertöpfen des Freistaats Bayern werden emissionsarme Antriebe wie Erdgasbusse mit etwa 10.000 Euro gefördert - ein Klacks gegen das, was die amtierende Bundesumweltministerin für E-Busse anbietet.

So ist zum Beispiel in Nürnberg schon die Entscheidung für die Umstellung auf E-Betrieb gefallen, obwohl fast die Hälfte der Flotte dort derzeit gasbetrieben ist. Da sich der Preis für Bioerdgas nach oben bewegt habe, fahre man jetzt wieder mit Erdgas, hieß es: "Sollte der Preis wieder sinken, würden wir die Entscheidung sicherlich wieder überdenken".

Elektrisch betriebene ÖPNV-Busse wären ohne Bezuschussung ein ziemlich teurer Spaß: Der Preisaufschlag zu Diesel- und Gas-Bussen liegt zwischen 61 bis 156 Prozent. Noch dazu kann ein Batterie-Bus einen Verbrenner-Omnibus wegen seiner geringeren Reichweite nicht eins zu eins ersetzen.

Problematik der E-Busse

Der E-Bus weist nach den Untersuchungen von Pütz eine viel geringere Reichweite oder geringere Fahrgastkapazität auf. Zur morgendlichen Rush-Hour brauche man zwei über Nacht aufgeladene Elektrobusse, um einen Dieselkollegen zu ersetzen. Im Winter verschärften sich die Probleme mit der reduzierten Reichweite von E-Bussen noch zusätzlich. Wenn man - wie in Berlin - in Elektrobussen eine Dieselbrennerheizung einsetze, könne von lokaler Nullemission nicht mehr die Rede sein.

Mehr noch: Die Nachtlade-Infrastruktur für eine Busflotte wie sie etwa die Stadt Augsburg betreibt, kostet Pütz zufolge etwa 30 Millionen Euro. Würde man die Flotte auf Elektrobetrieb umstellen, müsste man ein eigenes Kraftwerk aufbauen, um zu verhindern, dass in der näheren Umgebung die Lichter ausgehen, sagt der Augsburger Praktiker Klaus Röder.

Und dann ist auch noch die Frage, woher der Strom für die Busse kommt. Selbst wenn unter optimistischen Annahmen der Anteil der erneuerbaren Energien in einigen Jahren 45 Prozent erreichen sollte, seien Biogas-Busse immer noch "die beste ökologische Option", sagt Professor Pütz.

Umstellung bei ÖPNV-Flotten auf Biogas wäre kostengünstiger

Die Bundesregierung blende völlig aus, dass man nicht nur die Emissionen im Fahrbetrieb, sondern auch bei der Kraftstoffbereitstellung und Fahrzeugproduktion betrachtet werden müssten. Dies einbezogen sei Elektromobilität in Deutschland heute ökologisch klar im Nachteil.

Die Umstellung kommunaler ÖPNV-Flotten auf Betrieb mit Biogas wäre demnach schneller und vor allem kostengünstiger als die Anschaffung vieler Tausender Elektrobusse. Das würde bis 2030 um die 30 Milliarden Euro kosten, was "unweigerlich zum Anstieg von Fahrpreisen oder Einsparungen in anderen Bereichen führen muss", meint Pütz.

Der bayerische Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) sieht keine Möglichkeit, das einseitig auf E-Mobilität ausgerichtete Förderkonzept der Bundesumweltministerin zu beeinflussen. Eine entsprechende Beteiligung der Länder bei den Förderprogrammen zur Elektromobilität des Bundes "erfolgte nicht", hieß es. Reichhart bekennt sich allerdings zur Technologieneutralität: "Wir sollten uns nicht nur auf eine Antriebstechnologie festlegen, sondern Raum für Kreativität und Erfinderreichtum lassen".