Altkanzler

Schröder darf trotz Russland-Nähe in SPD bleiben

Auch in zweiter Instanz sieht die SPD in der Russland-Nähe von Altkanzler Schröder keinen Parteiverstoß. Politisch betont die Partei jedoch die Distanz zu ihm. Wie isoliert ist Schröder in der SPD?


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Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Altkanzler Gerhard Schröder (78) darf trotz seiner engen Verbindungen zu Russland in der SPD bleiben. Die Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover wies heute alle Anträge aus der Partei auf Sanktionen gegen Schröder zurück.

Auch in zweiter Instanz kommt das juristisch einem Freispruch gleich. Politisch hat die Parteispitze Schröder schon vor Monaten für isoliert erklärt. Daran ändert sich durch die Entscheidung nichts.

Schröder selbst zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung, über die zuerst der "Spiegel" berichtete. Er sei "nicht überrascht" vom Ausgang des Berufungsverfahrens, zitierte ihn das Magazin "Stern". Der Beschluss sei "juristisch solide und überzeugend sowie politisch konsequent".

In der Begründung der Schiedskommission heißt es, es lasse sich "nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen", dass Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Parteiordnung verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht habe. Zwar räumt die Kommission ein: "Möglicherweise haben deutsche Spitzenpolitiker die Gefahren einer Abhängigkeit von russischen Energielieferungen in den vergangenen 25 Jahren falsch eingeschätzt." Das betreffe aber auch andere Politiker der SPD und anderer Parteien. "Eine solche Fehleinschätzung dem Antragsgegner vorzuwerfen, führt indes zu weit."

Auch der Argumentation der Schröder-Gegner, der frühere Kanzler habe die Kriegsverbrechen im ukrainischen Butscha öffentlich verharmlost, folgt die Schiedskommission nicht. Vielmehr habe Schröder vor Beginn des Krieges und in den ersten Wochen danach versucht, "seine Verbindungen dazu zu nutzen, den Krieg zu beenden".

Im März und Juli 2022 hatte sich Schröder in Moskau mit Russlands Präsident Wladimir Putin getroffen. Russland sei daran interessiert, den Krieg zu beenden, sagte er danach jeweils.

Die Haltung, in Konflikten zu vermitteln, sei bei "ehemaligen Politikern und insbesondere bei "Elder Statesmen" durchaus häufig anzutreffen", schreibt die Schiedskommission dazu. Eine interessante Wortwahl, schließlich hatte SPD-Chefin Saskia Esken im April 2022 gesagt: "Gerhard Schröder agiert seit vielen Jahren lediglich als Geschäftsmann, und wir sollten damit aufhören, ihn als Elder Statesman, als Altkanzler wahrzunehmen." Auf die Frage, ob Schröder aus der Partei austreten sollte, sagte Esken damals: "Das sollte er."

Ins Rollen gebracht hatten das Parteiordnungsverfahren zunächst 17 SPD-Gliederungen. In erster Instanz entschied der SPD-Unterbezirk Region Hannover dann im Sommer, dass Schröder nicht gegen die Parteiordnung verstoßen habe. Dagegen legten sieben SPD-Gliederungen Berufung ein. Die Verhandlung darüber fand Anfang Dezember statt.

Ein Ausschluss Schröders aus der SPD stand in den Verfahren im Raum. Aber auch mildere Strafen wie eine Rüge wären möglich gewesen.

Marco Mauer von der SPD-Abteilung Kollwitzplatz (Berlin-Pankow), einer der Parteigliederungen, die die Berufung beantragt hatten, reagierte enttäuscht auf die Entscheidung. "Die Schiedskommission scheint unwillens, den Sachverhalt vollständig aufzuklären und die fehlende Mitwirkung Schröders zu sanktionieren", sagte er.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil unterschied dagegen zwischen der rechtlichen und der politischen Bewertung. Rechtlich halte er es für nachvollziehbar, dass kein Verstoß Schröders gegen die Parteiordnung festgestellt wurde. Politisch aber sei Schröder "mit seinen Äußerungen zum Krieg in der Ukraine innerhalb der SPD vollkommen isoliert", sagte Weil. Baden-Württembergs SPD-Landeschef Andreas Stoch rief Schröder auf, die Partei freiwillig zu verlassen.

Von der Parteibasis in Hannover ist derweil zu hören, das öffentliche Interesse am Schröder-Verfahren sei größer als das der Genossen selbst. Da stünden andere Themen im Vordergrund als der Umgang mit dem Altkanzler. Klar ist aber auch: Als das Verfahren vor gut einem Jahr losging, waren beide Haltungen - pro und contra Schröder - in der SPD zu finden. Und viele Mitglieder sahen die Erfolgsaussichten derer, die Schröder loswerden wollten, als gering an.

Schröder gilt als enger Freund Putins und war über Jahre für russische Energiekonzerne aktiv. Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine erklärte Schröder zwar, es liege in der Verantwortung Russlands, den Krieg zu beenden. Allerdings dürften die Verbindungen zu Russland nicht komplett gekappt werden.

Die SPD-Gliederungen, die die Berufung beantragt hatten, könnten nun noch Berufung zur SPD-Bundesschiedskommission beantragen. Allerdings gilt es als eher unwahrscheinlich, dass eine weitere Berufung nach den einhelligen Entscheidungen der ersten Instanzen zugelassen würde.

Der Fall Schröder wird die SPD wohl dennoch noch länger beschäftigen. Immer wieder versuchen andere Parteien, die Sozialdemokraten insgesamt in Russlands Nähe zu rücken - von einer "Moskau-Connection" rund um Schröder ist dann etwa die Rede. CDU-Chef Friedrich Merz hielt sich in einer ersten Reaktion auf den neuen SPD-Beschluss aber mit Kritik zurück. "Ich bedauere, dass er auf einen solchen Weg geraten ist", sagte der Oppositionsführer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) über Schröder.

Bis zum Parteitag im Dezember will die SPD ihre außenpolitischen Grundlinien und damit auch die Haltung zu Russland neu definieren. Es ist der erste SPD-Parteitag seit Russlands Angriff auf die Ukraine und seit dem Zerwürfnis der Parteispitze mit Schröder. Normalerweise werden zu Parteitagen auch Ex-Vorsitzende eingeladen. Dass diesmal Schröder dabei sein wird, ist allerdings schwer vorstellbar.