Kriminalität

Nach Messerattacke im Zug: Justizsenatorin gerät unter Druck

Der mutmaßliche Messer-Angreifer aus dem Regionalzug bei Brokstedt soll sich in der Haft mit dem Berliner Breitscheidplatz-Attentäter verglichen haben. Das bringt Justizsenatorin Gallina in Bedrängnis.


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Kerzen und Blumen im Bahnhof Brokstedt: Bei der Messerattacke in einem Regionalzug wurden zwei junge Menschen getötet und fünf verletzt.

Nach dem Bekanntwerden von möglicherweise extremistischen Äußerungen des mutmaßlichen Messerangreifers von Brokstedt, Ibrahim A., gerät Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina unter Druck. Die Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft, dem Landesparlament, legte der Grünen-Politikerin geschlossen den Rücktritt nahe.

"Wenn es sich bewahrheitet, dass Ibrahim A. in der Haft mit Attentaten drohen konnte und trotzdem ohne Konsequenzen auf freien Fuß gesetzt wurde, wird Justizsenatorin Gallina nun endgültig nicht mehr zu halten sein", erklärte CDU-Fraktionschef Dennis Thering.

Auf einer Sondersitzung des Justizausschusses müsse Gallina erneut Stellung nehmen, forderte Thering. Der Ausschuss hatte bereits am vergangenen Donnerstag getagt. Auch die zusammen mit den Grünen regierende SPD-Fraktion hält eine Sondersitzung für sinnvoll. Schließlich erklärte auch Gallinas Grünen-Fraktion, eine solche Sitzung sei angebracht.

Ibrahim A. soll sich wenige Monate vor seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft in Hamburg mit dem Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, verglichen haben. "Es gibt nicht nur einen Anis Amri, es gibt mehrere, ich bin auch einer", habe er zu Bediensteten gesagt, wie die Justizbehörde am Sonntag mitgeteilt hatte. Die Äußerung vom August 2022 sei in einem sogenannten Wahrnehmungsbogen in der Gefangenenpersonalakte festgehalten worden.

Zudem gehe daraus hervor, dass Ibrahim A. am 6. August 2022 bei der Vorbereitung für die Freistunde auf dem Hof nach Wahrnehmung eines Bediensteten "vor sich hinstammelte": "Großes Auto, Berlin, das ist die Wahrheit". Gegenüber einem weiteren Bediensteten äußerte er den Angaben zufolge auf dem Weg zum Hof zwei Mal, ob dieser auch "unter die Reifen" wolle.

Der 33 Jahre alte Palästinenser Ibrahim A. soll am 25. Januar in einem Regionalzug auf der Fahrt von Kiel nach Hamburg bei Brokstedt mit einem Messer auf andere Fahrgäste eingestochen haben. Zwei junge Menschen starben, fünf weitere wurden verletzt. Anis Amri hatte am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert. 13 Menschen wurden getötet.

Aus Sicht des justizpolitischen Sprechers der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Urs Tabbert, stellen sich nun eine Reihe von Fragen zum Meldewesen in den Haftanstalten, zur Einschätzung von extremistischen Tätern und zur Unterrichtung des Verfassungsschutzes. "Es ist bedauerlich, dass die Information dazu nicht bereits letzte Woche erfolgt ist - wenn jedoch der Information des Parlamentes ermittlungstaktische Überlegungen im Weg standen, ist dies nachvollziehbar", erklärte Tabbert.

Die justizpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Cansu Özdemir, kritisierte, dass in der Sitzung des Justizausschusses am Donnerstag der Opposition und der Öffentlichkeit relevante Informationen vorenthalten worden seien. Sie rief Gallina auf, Konsequenzen zu ziehen: "Es reicht jetzt." AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann forderte: "Alles muss auf den Tisch." Der Fall Ibrahim A. werde immer mehr zum Hamburger Justizversagen. "Wie kann es sein, dass ein mehrfacher Straftäter im Stile eines Anis Amri Attentatspläne ausspricht und die Behörden nicht alarmiert sind?", fragte Nockemann.