Politik

Mit "Care & Travel"gegen Pflegenotstand

CSU und Freie Wähler wollen mehr Fachkräfte gewinnen. Dafür setzen sie auf attraktivere Ausbildung - und Junge aus dem Ausland.


Ein Auslandssemester in der Pflegeausbildung? Das fordern CSU und Freie Wähler, um mehr junge Interessenten anzulocken.

Ein Auslandssemester in der Pflegeausbildung? Das fordern CSU und Freie Wähler, um mehr junge Interessenten anzulocken.

Von Lisa Marie Albrecht

Nach der Schule erstmal eine Auszeit nehmen, ein Freiwilliges Soziales Jahr machen, auf alle Fälle: reisen. Das wünschen sich viele junge Menschen. Diesem Wunsch wollen die bayerischen Regierungsparteien CSU und Freie Wähler zumindest ein wenig entgegenkommen, um die dringend benötigten Fachkräfte für Pflegeberufe zu gewinnen. "Care & Travel" nannte Bernhard Seidenath, gesundheitspolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, das Konzept am Freitag. Es ist Teil eines "Pflegepakets" aus 15 Anträgen, das die Regierungsparteien vorstellten.

Die Idee: Nachwuchs-Kräfte sollen einen Teil ihrer Pflegeausbildung - jeweils für drei, sechs, neun oder zwölf Monate - in einem frei wählbaren Partnerland ableisten können. Wenn es nach Seidenath geht, soll dieses Auslands-Model "so schnell wie möglich" kommen, am besten schon mit Start des neuen Ausbildungsjahrgangs im Herbst. Ein Auslandsjahr könnte ein wichtiges "Attraktivitäts-Plus" sein, hieß es.

Doch nicht nur sollen Auszubildende ins Ausland dürfen - auch Jugendliche vor allem aus dem südeuropäischen Ausland wollen CSU und Freie Wähler vermehrt in die deutsche Pflegeausbildung locken. Laut Peter Bauer (Freie Wähler), Pflegebeauftragter der Staatsregierung, könne man so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: In Ländern wie Spanien oder Griechenland werde steigende Jugendarbeitslosigkeit bekämpft, hierzulande könne man neue Fachkräfte gewinnen. Hier sei aber darauf zu achten, dass "nicht Pflegekräfte abgeworben werden, die in den betroffenen Ländern selbst für die Versorgung der Pflegebedürftigen dringend benötigt werden", heißt es im Antragspaket.

Attraktivität will man auch mit Geld schaffen: So sollen Pflegestudierende nach dem Willen der Regierungsparteien schon während des Studiums eine Vergütung erhalten - das ist etwa beim Hebammenstudium bereits der Fall. Damit sollen sich mehr Menschen für ein Pflegestudium begeistern. In Bayern ist hier noch Luft nach oben: Zwar gebe es im Freistaat derzeit 210 reine Pflege-Studienplätze, jedoch waren davon im Wintersemester 2021/2022 nur 98 belegt, räumte Beate Merk, stellvertretende gesundheitspolitische Sprecherin der CSU, am Freitag ein.

Um mehr Interesse zu wecken, wollen CSU und Freie Wähler außerdem eine "Charmeoffensive" starten und bereits an Schulen gezielt für den Pflegeberuf werben.

Mit dem Paket sollen aber auch schon im Berufsleben stehende Pflegekräfte länger im Job gehalten oder nach Auszeiten wieder zurückgeholt werden. Dazu soll der Landtag den Ausbau etwa von betrieblichem Gesundheitsmanagement beschließen. Derzeit verweile eine Pflegekraft gerade mal zwischen 5,8 und sieben Jahren in ihrem Beruf und ist häufiger krank als andere Arbeitnehmer.

Seidenath sieht hier enormes Potenzial: Im Schnitt hätten Arbeitnehmer in der Langzeitpflege bundesweit 24 krankheitsbedingte Fehltage, Beschäftigte in der Krankenpflege 18 Tage. Würde es nur gelingen, den Schnitt aller Arbeitnehmer von 16 Krankentagen zu erreichen, würden 16 000 Pflegekräfte mehr ins System kommen, so der CSU-Politiker. Er forderte zudem vom Bund Steuerfreiheit für Schichtzulagen, um das reale Gehalt der Pflegenden zu erhöhen.