Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage


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Ein ausgebranntes Auto in der schwer umkämpften Stadt Bachmut.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Gipfeltreffen des Verteidigungsbündnisses im Juli in Litauen teilnehmen. Dass dabei schon der Weg für eine Aufnahme des von Russland angegriffenen Landes in das westliche Militärbündnis freigemacht werden könnte, wie dies die Ukraine fordert, galt jedoch als sehr unwahrscheinlich.

"Ich habe ihn eingeladen, und ich freue mich, dass er die Einladung angenommen hat und am Nato-Gipfel in Vilnius teilnehmen wird", sagte Stoltenberg am Rande eines Treffens der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Militärhilfe für die Ukraine auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz.

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Ukrainische Soldaten feuern an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut eine Haubitze ab.

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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte in Ramstein deutlich, dass derzeit eine schnelle Aufnahme der Ukraine in die Nato nicht auf der Tagesordnung stehe.

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US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bekräftigte in Ramstein, dass man die Ukraine so lange wie nötig unterstützen werde.

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Ein ukrainischer in Bachmut.

Aus Russland kam am Freitag erneut Kritik an der Nato. "Die Nato setzt offensichtlich ihren Kurs fort, die Ukraine zu verschlingen und in das Bündnis zu ziehen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut Nachrichtenagentur Interfax. Mit Blick auf den vom russischen Präsidenten Wladimir Putin vor 14 Monaten angeordneten Einmarsch in die Ukraine sagte Peskow weiter: "All das zeigt einmal mehr jedem, der zumindest ein wenig Denkvermögen hat, die Richtigkeit der Entscheidung des Präsidenten über den Anfang dieser Operation."

Ein offizielles Kriegsziel des Kremls lautet, eine Nato-Mitgliedschaft des Nachbarlands zu verhindern - auch wenn dieses als souveräner Staat grundsätzlich das Recht auf freie Bündniswahl hat. Die Ukraine hat das Ziel des Nato-Beitritts seit 2019 in der Verfassung verankert. Dem ging unter anderem die russische Annexion der Halbinsel Krim 2014 voran. Ein Beitritt der Ukraine vor Beginn der russischen Invasion im Vorjahr stand keinesfalls unmittelbar bevor.

Stoltenberg, der am Donnerstag erstmals seit Beginn der russischen Invasion Kiew besucht hatte, sicherte Selenskyj dabei grundsätzlich Unterstützung für das Beitrittsgesuch zu. "Der Ukraine steht ein Platz in der Nato zu", sagte er. Allerdings war ein Beitritt schon auf dem Nato-Gipfel 2008 in Bukarest ins Auge gefasst worden, ohne jedoch einen Zeitplan zu nennen.

Stoltenberg machte in Ramstein deutlich, dass auch derzeit eine schnelle Aufnahme nicht auf der Tagesordnung stehe. "Jetzt geht es vor allem darum, dass die Ukraine siegt", sagte Stoltenberg. "Denn wenn sich die Ukraine nicht als souveräne unabhängige Nation in Europa durchsetzt, dann ist es sinnlos, über eine Mitgliedschaft zu diskutieren." Er sprach sich für weitere Gespräche über eine Abgabe westlicher Kampfjets an die Ukraine aus. Bislang hat Kiew aus dem Westen Kampfjets sowjetischer Bauart erhalten, wünscht sich aber Flugzeuge westlicher Bauart.

Auch die Bundesregierung stellte klar, dass es momentan keine Entscheidung über einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine gebe. Im Vordergrund stehe jetzt die weitere militärische, finanzielle und humanitäre Unterstützung des Landes, sagte eine Regierungssprecherin in Berlin. Darüber sei man sich mit den Partnern einig. "Es steht jetzt im Moment keine Entscheidung über einen Beitritt der Ukraine an". Im Kreis der Verbündeten werde das aber weiter besprochen.

Selenskyj forderte hingegen, auf dem Nato-Gipfel im Juli den Weg zur Aufnahme seines Landes ins westliche Militärbündnis freizumachen. Weder in der Ukraine noch in Europa noch in der Nato würde die Mehrheit der Bevölkerung verstehen, wenn Kiew keine "wohlverdiente Einladung" erhielte, sagte Selenskyj am Donnerstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Kaum jemand trage derzeit mehr zur euroatlantischen Sicherheit bei als die ukrainischen Soldaten. Kiew habe daher "alles getan, um sicherzustellen, dass unsere Anfrage erfüllt wird".

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kündigte die Lieferung von amerikanischen Abrams-Panzern nach Deutschland an, um ukrainische Soldaten daran auszubilden. US-Medien hatten zuvor unter Berufung auf das Pentagon berichtet, die Ausbildung von anfangs rund 250 Soldaten werde in den kommenden Wochen auf dem Truppenübungsplatz im bayerischen Grafenwöhr beginnen.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius zufolge sollen ab Ende Mai deutsche Leopard-Panzer, die im Ukraine-Krieg beschädigt wurden, künftig in Polen repariert werden und damit schneller zurück an die Front kommen.

Unterdessen griff Russland die Ukraine erneut mit Kampfdrohnen an. Acht der landesweit insgesamt zehn Angriffe hätten in der Nacht zum Freitag abgewehrt werden können, teilte der ukrainische Generalstab auf Facebook mit. Erstmals seit knapp einem Monat hätten russische Drohnen auch wieder die Hauptstadt Kiew beschossen. Zwischenzeitlich war nachts in der gesamten Ukraine Luftalarm ausgelöst worden. Über mögliche Opfer wurde zunächst nichts bekannt. An den Fronten im Osten und Süden des Landes ging der Stellungskrieg unterdessen weiter. Keine der beiden Seiten berichtete über größere Geländegewinne.

Ein russischer Kampfjet hat versehentlich die russische Großstadt Belgorod unweit der Grenze zur Ukraine beschossen. "Auf der Kreuzung einer der Hauptstraßen hat sich ein riesiger Krater mit einem Radius von 20 Metern gebildet", teilte der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, am Donnerstagabend mit. Drei Menschen seien verletzt worden. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau habe der Kampfjet "ungeplant Munition abgeschossen".

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