Verkehr

Mehr als 30 Blockaden in Berlin - Staus durch Klimaproteste


Mehrere Straßenblockaden der Klimagruppe Letzte Generation haben zum Wochenstart zu Staus und Behinderungen auf Berlins Straßen geführt. Die Polizei sprach am Vormittag von mehr als 30 Aktionen im Stadtgebiet, an denen Klimaaktivistinnen und -aktivisten auf der Straße standen, dort festgeklebt waren oder Transparente hielten.

Auf der A100 wurde der Verkehr zeitweise lahmgelegt. Autofahrer standen zwischen Dreieck Charlottenburg und Kreuz Schöneberg bis zu zwei Stunden im Stau, wie die Verkehrsinformationszentrale (VIZ) bei Twitter mitteilte.

Laut Berliner Feuerwehr gab es in der Stadt "unzählige Behinderungen" für Rettungsfahrzeuge. Teils seien andere Fahrzeuge rausgeschickt worden, weil andere nicht weiter kamen, sagte ein Sprecher. Konkrete Zahlen dazu nannte die Feuerwehr zunächst nicht.

sized

Auch der Ernst-Reuter-Platz wird von den Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation am Morgen blockiert.

Die Berliner Polizei war nach eigenen Angaben mit bis zu 500 Beamten und einem Hubschrauber im Stadtgebiet unterwegs, um die Blockaden zu verhindern beziehungsweise schnell zu beenden. Nach Angaben einer Polizeisprecherin dauerte es teils jedoch länger, festgeklebte Demonstranten von Straßen zu lösen, weil diese einen anderen Kleber verwendeten. Bei Loslösen der Menschen komme es deshalb teils zu Beschädigungen des Asphalts.

Die Bundesregierung kritisierte die verstärkten Aktionen der Klimagruppe Letzte Generation. "Wir unterstützen solche Protestformen selbstverständlich nicht", so Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Er betonte, diese Bundesregierung habe so viel für den Klimaschutz getan wie keine Regierung vor ihr. In einer parlamentarischen Demokratie gebe es Möglichkeiten Kritik zu äußern. "Solche massiven Störungen der öffentlichen Ordnung (...), da habe ich meinen Zweifel, ob das der Sache dient."

Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums verwies auf frühere Äußerungen von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Dieser habe bereits mehrfach gesagt, was er von "den rechtswidrigen Blockaden und Nötigungsversuchen" der Aktivisten halte. Der Minister will sich am 2. Mai mit Vertretern der Gruppe treffen. "Sie können davon ausgehen, dass Herr Wissing auf die Verhältnismäßigkeit solcher Aktionen hinweisen wird in dem Gespräch und das sehr deutlich machen wird", sagte der Sprecher.

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour hält die Aktionen für wenig zielführend. Sie führten zu einer Ablenkung von Klimaschutzdebatten, die dringend notwendig seien. "Und deshalb ist es nicht besonders hilfreich, für unsere Arbeit sicher nicht", sagte der Parteichef am Montag in Berlin.

"Ich verstehe die Verzweiflung der Leute", betonte Nouripour mit Blick auf die Forderungen der Letzten Generation nach einem entschiedeneren Klimaschutz. Er stellte aber in Frage, dass die genutzten Protestmethoden zu mehr Akzeptanz dafür führten. Menschenleben dürften nicht gefährdet werden, sagte Nouripour. "Da ist mehr als eine rote Linie. Das darf nie passieren."

Autofahrer reagierten teils aggressiv auf die Blockaden. Auf der A100 in Höhe Abfahrt Kurfürstendamm hatten Klimaaktivisten in Richtung Schöneberg den Verkehr mit drei Fahrzeugen ausgebremst. Nachdem sie erst langsam gefahren waren, stoppten sie laut dpa-Reporter die Autos ganz und stiegen aus, um sich auf die Autobahn zu setzen. Wütende Autofahrer versuchten sie, von der Straße zu zerren.

Der Polizei seien einzelne entsprechende Fälle bekannt, sagte die Polizeisprecherin. Sie appellierte erneut an Verkehrsteilnehmer, nicht zur Selbstjustiz zu greifen, weil sie sich dadurch selbst strafbar machen würden. "Wir kommen und wir lösen die Situation", betonte die Sprecherin.

Von der Verkehrsinformationszentrale hieß es, aufgrund der Proteste komme es auch im Busverkehr zur zahlreichen Verspätungen, Umleitungen, Ausfällen oder Einstellungen. Empfohlen wurde, auf S- und U-Bahnen auszuweichen.

Die Klimagruppe Letzte Generation hatte angekündigt, sie wolle versuchen, von heute an die gesamte Hauptstadt lahmzulegen. Bis zu 800 Unterstützer sollten an Aktionen und Blockaden teilnehmen. Seit vergangenen Mittwoch ist die Gruppe wieder verstärkt in Berlin aktiv. Am Wochenende gab es verschiedene Aktionen. Die Gruppe beklagt fehlenden Klimaschutz und verlangt die Einsetzung eines Gesellschaftsrats mit gelosten Mitgliedern. Sie fordert von der Politik einen Plan zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels, mit dem die schlimmsten Folgen der Erderwärmung verhindert werden sollen.

"Wir nehmen nicht mehr hin, dass diese Regierung sich nicht an unsere Verfassung hält. Wir nehmen nicht länger hin, dass die Regierung keinen Plan hat, wie die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen gestoppt werden kann. Wir leisten jetzt Widerstand!", hieß es Montag von der Letzten Generation. Die Gruppe Scientist Rebellion erklärte ihre Solidarität mit der Letzten Generation.

Scharfe Kritik kam von der Gewerkschaft der Polizei (GdP): Bei den "Guerilla-Aktionen" handele es sich um gezielte Straftaten. "Unser demokratischer Rechtsstaat ist nicht verhandelbar, auch nicht, wenn man seine Taten versucht, mit dem für uns alle relevanten Klimawandel zu legitimieren."

Auch in London legten aus Protest gegen fossile Energien wie Öl und Gas heute Dutzende Klimaaktivistinnen und -aktivisten den Verkehr im Zentrum stundenlang lahm. Mitglieder der Gruppe Just Stop Oil forderten auf Transparenten und in Sprechchören die britische Regierung auf, keine neuen Öl- und Gasprojekte zu genehmigen und stoppten Autos und Busse. Fahrer reagierten teils mit wütendem Gehupe und Beleidigungen.