Politik

Grüner wohnen: Ökologie gegen den Wohnungsmangel

Bauministerin Geywitz steht enorm unter Druck. Ihre neue Strategie: Ökologie gegen den Wohnungsmangel. Ob dieser Plan aufgeht?


Eine Frau liegt entspannt auf einem Hausdach in München - so beruhigt dürften die wenigsten sein wenn es um das Thema Wohnraum geht. Bundesbauministerin Klara Geywitz kümmert sich aber nun erstmal um das Thema klimafreundliches Bauen.

Eine Frau liegt entspannt auf einem Hausdach in München - so beruhigt dürften die wenigsten sein wenn es um das Thema Wohnraum geht. Bundesbauministerin Klara Geywitz kümmert sich aber nun erstmal um das Thema klimafreundliches Bauen.

Von Stefan Lange

Grüner wohnen

Ist der Traum vom freistehenden Eigenheim unter der Ampel-Regierung bald ausgeträumt? Bundesbauministerin Klara Geywitz gibt darauf zunächst die politisch korrekte Antwort. Niemand könne oder wolle das Einfamilienhaus verbieten, sagt die SPD-Politikerin gestern in Berlin, um dann mahnend den Finger zu heben: Heutige Einfamilienhäuser seien "Lebensabschnittsgebäude" - passend gebaut für die Familie mit Kindern, eine zu große Last nach deren Auszug.

Neben Geywitz sitzt Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne), und wenn auch in diesen Tagen viel über den Streit in der Ampel berichtet wird, passt beim Thema Bauen zwischen beide Ministerinnen kein Blatt Katasterauszug. Die Regierung ist sich einig, dass die Klimaschutzziele nur durch "Nachhaltiges Bauen" eingehalten werden können.

Es gibt neben viel Theorie ein paar griffige Merkmale für die nachhaltige Art des Bauens. Holz und Lehm etwa sind demnach bessere Baustoffe als Zement, der bei der Produktion viel CO2 verursacht. Außerdem hat das Neubaugebiet nach Lesart der Ampel weitestgehend ausgedient. Neue Häuser soll es weiterhin geben, doch Geywitz hält eine "Kultur des Umbauens" für sinnvoller, wünscht sich den "Einstieg in eine Nachnutzungskultur".

Lemke pflichtet dem bei, weist darauf hin, dass jedes Bauteil, mit dem weiter gebaut werde, nicht recycelt werden müsse. Die Grünen-Politikerin weiß um die Befindlichkeit der Deutschen, von denen etwa jeder und jede Dritte einen Bausparvertrag hat. Ein Eigenheim, mindestens ein Reihenendhaus, ist eben doch noch der Traum vieler Menschen.

Nach Lemkes Meinung haben sich viele von ihnen aber "die Größe der Aufgabe" noch nicht klargemacht, das gelte auch für die Kommunen.

Die große Aufgabe ist natürlich der Kampf gegen den Klimawandel. Die Bauwirtschaft sei dabei ein entscheidender Faktor, sagt der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner im Beisein der Ministerinnen. Die Branche setzt 345 Milliarden Euro im Jahr um, vieles ist wie in Beton gegossen, in Berlin beispielsweise schießt eine Bausünde nach der anderen aus dem Boden: Langweilige, sich ähnelnde Gebäude mit großen Glasflächen, die sich in den tropischen Sommern aufheizen.

Zur Behebung der Missstände hat Messners Behörde zusammen mit der Kommission Nachhaltiges Bauen ein Positionspapier geschrieben, das Grundlage für eine gesellschaftliche Debatte sein soll. Messner kann eindrucksvolle Zahlen präsentieren. So werden in Deutschland jeden Tag 54 Hektar Fläche versiegelt, das entspricht 76 Fußballfeldern. Mittelfristig soll der Flächenverbrauch um 30 Hektar, langfristig auf Null gesenkt werden.

Das kann beispielsweise gelingen, wenn Gebäude aufgestockt werden. Das sei eindeutig die "Präferenz zu Neubausiedlungen", sagt Messner.

Der Umbau bestehender Gebäude spart Energie, Abfälle und Treibhausgase, auch das zahlt aufs Klimakonto ein. Wenn da nur nicht die Macht der Gewohnheit wäre. Alle wollten, sagt Messner, zwar das 1,5 Grad umsetzen, hätten jedoch immer wieder angeblich gute Gründe zu sagen: "Im Moment geht das aber nicht." So werde das nichts mit den Klimazielen, mahnt der Experte, das Zeitfenster sei eng. Ob Wohnen in Zukunft dann aber überhaupt noch bezahlbar ist? Geywitz bekommt die Frage nicht zum ersten Mal gestellt.

Man sei "in einer großen Transformation", sagt sie, und das klingt eher nach teuer. Förderprogramme mit dem Titel "Klimafreundlicher Neubau" und andere helfen zwar. Klar ist aber auch, dass die Ampel den Traum vom Eigenheim eher für einen Albtraum hält.

Immerhin: Die vom Umweltbundesamt vorgeschlagene Primärbaustoffsteuer auf Kies, Sand und Naturgips, die Recyclingbaustoffe wettbewerbsfähiger machen würden, kommt nicht.