Politik

Diskussion um Nancy Faeser: Eine unaufrichtige Debatte

Der AZ-Korrespondent überdie Diskussion um Nancy Faeser.


Von Stefan Lange

In Berlin heben gerade viele den Finger: Bundesinnenministerin sein und gleichzeitig SPD-Spitzenkandidatin in Hessen? Das geht doch nicht, schütteln sie den Kopf. An dieser Stelle durchaus der Hinweis, dass vor allem Männer zu den Bedenkenträgern gehören.

Die Debatte über Faeser ist mindestens abgehoben, man kann sie in Teilen als unaufrichtig bezeichnen. Denn das politische Spitzenpersonal kommt immer wieder in die Situation, Amt und Wahlkampf miteinander verbinden zu müssen. Angela Merkel zum Beispiel absolvierte als Bundeskanzlerin zahlreiche Wahlkampftermine - für sich selbst in ihrem eigenen Wahlkreis zu jeder Bundestagswahl und für die Partei insgesamt. Ihr Nachfolger Olaf Scholz hat gerade auffallend viele Termine in Berlin, um die SPD und ihre Spitzenkandidatin Franziska Giffey zur Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl zu unterstützen. Niemand käme auf die Idee, daraus eine Vernachlässigung der Regierungsgeschäfte abzuleiten. Spannend ist allenfalls die Frage, inwieweit Infrastruktur des Bundes - Hubschrauber, Dienstwagen und anderes - und damit Steuergeld für solche Auftritte genutzt wird.

Obwohl sie ihren Job nicht aufgeben will, geht Faeser ein Wagnis ein. Sie kann sich ziemlich blamieren, wenn sie und die SPD Hessen bei der Wahl am 8. Oktober untergehen.

Man könnte also zur Abwechslung durchaus mal Faesers Mut loben. Und darüber hinaus in Ruhe abwarten, wie sich die Sache entwickelt.