Selbstbestimmtes Sterben

Worauf es bei der Patientenverfügung ankommt


Ein Mann spricht mit seinem Doktor. Der Hausarzt sollte mit ins Boot geholt werden, wenn man eine Patientenverfügung verfassen möchte.

Ein Mann spricht mit seinem Doktor. Der Hausarzt sollte mit ins Boot geholt werden, wenn man eine Patientenverfügung verfassen möchte.

Von Michael Schreiber

Wann dürfen Ärzte lebenserhaltende Maßnahmen einstellen? Das kann die Patientenverfügung beantworten. AZ zeigt, was es dabei zu beachten gilt.

München - Es sind Zeiten, in denen viele Menschen tief in sich hineinhören. Die Ablenkung von außen ist durch Ausgangsbeschränkungen abgeschirmt. Einige nutzen diese Zwangspause, um sich ganz genau zu überlegen, was sie wirklich wollen - auch in Bereichen, die man im hektischen Alltag gerne weit weg schiebt: Krankheit, Unfälle oder gar den Tod.

Viele fürchten, im Ernstfall ihre Wünsche nicht mehr klar äußern zu können, etwa, wenn sie einen Schlaganfall erleiden und nicht mehr sprechen können. Sie haben Angst, dass dann medizinische Behandlungen vorgenommen werden, die sie nicht möchten, oder dass im Fall einer schweren, unheilbaren Krankheit durch lebensverlängernde Maßnahmen ihr Leiden unnötig verlängert wird.

Szenarien, die sich mithilfe einer Patientenverfügung verhindern lassen

Diese Szenarien lassen sich verhindern - mit einer Patientenverfügung. Ein solches Dokument gibt Sicherheit und garantiert, dass man bis zuletzt selbst über sich und seinen Körper bestimmt. "Mit einem solchen Schriftstück kann jeder seinen Willen bekunden, wie er in dem Fall, in dem er sich nicht dazu äußern kann, medizinisch behandelt werden möchte", erklärt Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

Liegt eine Patientenverfügung nicht vor, müssen entweder Angehörige und Ärzte beziehungsweise ein möglicher Bevollmächtigter oder Betreuer und ein Arzt den mutmaßlichen Willen des Betroffenen erörtern.

Mediziner müssen Willen der Patienten respektieren

Gibt es eine Verfügung, müssen Mediziner den dort niedergeschriebenen Willen respektieren, so Brysch. "Eine Patientenverfügung sollte jeder Mensch ab dem 18. Lebensjahr haben." Doch was muss ich beachten, wenn ich ein solches Dokument aufsetzen möchte? "Eine Patientenverfügung gliedert sich in zwei Teile", erklärt der Rechtsanwalt Dietmar Kurze aus Berlin.

Im ersten Teil ist aufgelistet, für welche Situationen die Patientenverfügung gilt: das letzte Stadium im Sterbeprozess, eine unheilbare Krankheit, Demenz im fortgeschrittenen Stadium oder Wachkoma. Im zweiten Teil werden die jeweiligen Wünsche genannt. So kann etwa festgelegt werden, ob eine künstliche Beatmung oder eine künstliche Ernährung gewünscht ist oder ob Wiederbelebungsmaßnahmen ergriffen werden sollen.

Worauf es bei einer Patientenverfügung ankommt

  • Aufschreiben: Generell gilt: Eine Patientenverfügung erfolgt immer schriftlich. "Sie kann handschriftlich abgefasst oder am PC erstellt werden", erklärt Rechtsanwalt Kurze, der auch Vorstand des Vereins Vorsorge-Anwalt ist.
  • Konkret formulieren: Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (DPU) weist darauf hin, dass man möglichst genau festlegen sollte, welche medizinischen Maßnahmen man wünscht oder unter welchen Bedingungen auf ärztliche Maßnahmen verzichtet werden soll.
  • Wichtig sei, dass diese Festlegung für eine bestimmte Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Formulierungen wie etwa: "Ich will keine künstlichen Maßnahmen zur Lebensverlängerung, wenn ganz offensichtlich die Situation eingetreten ist, dass das Ende bevorsteht" seien zu allgemein.
  • Hilfreich sei es, persönliche Erlebnisse zu schildern, so Christoph Kranich von der Verbraucherzentrale Hamburg - etwa, warum man eine Patientenverfügung erstellt. "So kann etwa niedergeschrieben werden, dass man eine bestimmte Behandlung nicht möchte, weil man erlebt hat, dass eine nahe Angehörige darunter sehr gelitten hatte."
  • Mit Angehörigen sprechen: Empfehlenswert ist es laut DPU auch, über die Vorstellungen und Wünsche mit Angehörigen, Freunden und Vertrauten zu sprechen. Und auch ein Gespräch mit dem Hausarzt kann sinnvoll sein, etwa, wenn man bestimmte Erkrankungen hat, die sich schrittweise verschlimmern, ergänzt der Gesundheitsladen München.
  • Sinnvoll ist es laut Rechtsanwalt Kurze, sich auf dem Dokument am besten vom Hausarzt bestätigen zu lassen, dass der Verfasser zum Zeitpunkt der Erstellung im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war. Nicht nötig ist es laut Patientenschützer Brysch, die Verfügung notariell beglaubigen zu lassen.
  • Schnelle Verfügbarkeit: Eine Patientenverfügung ist nur hilfreich, wenn sie im Notfall schnell gefunden werden kann. Hilfreich kann sein, einen Zettel an die Tür zu kleben, auf dem steht, wo die Verfügung zu finden ist.
  • Ergänzende Dokumente: Sinnvoll sind zusätzlich zur Patientenverfügung die Vorsorgedokumente der Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung, erklärt die DPU. Diese geben einer ausgewählten Person oder einem rechtlichen Betreuer die Befugnis, Ihre Wünsche durchzusetzen, wenn Sie das selbst nicht mehr tun können.

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