Was bewegt diese Generation?

Shell Jugendstudie: Ängste und Perspektiven


Die Jugendlichen zeigen sich 2019 EU-freundlich, optimistisch und aufgeschlossen - aber sie haben auch Sorgen. (Symbolbild)

Die Jugendlichen zeigen sich 2019 EU-freundlich, optimistisch und aufgeschlossen - aber sie haben auch Sorgen. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

"Jugendliche melden sich zu Wort" ist das Motto der 18. "Shell Jugendstudie", die der Mineralölkonzern am Dienstag veröffentlichte. Welche Perspektiven sehen Teenager in Deutschland also heutzutage?

Das zentrale Ergebnis der Erhebung: Jugendliche artikulieren ihre Interessen und Ansprüche nicht nur untereinander, sondern zunehmend auch gegenüber Politik, Gesellschaft und Arbeitgebern. Die meisten Jugendlichen blicken demnach eher positiv in die Zukunft, sie sind zufrieden mit der Demokratie und nehmen die EU "überwiegend positiv wahr". Dennoch gibt es für diese Generation auch einen Schatten am Horizont: die Angst vor Umweltzerstörung.

Die Studie wurde von drei Professorinnen und Professoren zusammen mit einem Expertenteam des Münchner Forschungsinstituts Kantar von Januar bis März 2019 durchgeführt. Insgesamt 2.572 Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren wurden hierzu befragt. Hinzu kam eine "qualitative" Studie, in der nochmals 20 Jugendliche zwei- bis dreistündige Interviews abgaben.

"Zunehmendes Umwelt- und Klimabewusstsein"

"Bereits im Jahr 2015 hatten viele Jugendliche ein größeres Engagement für politische und gesellschaftliche Themen gezeigt", sagt Studienleiter Prof. Dr. Mathias Albert von der Universität Bielefeld. "Dieses Engagement verstärken sie inzwischen durch ein zunehmendes Umwelt- und Klimabewusstsein. Obwohl die Jugendlichen optimistisch in ihre persönliche und die gesellschaftliche Zukunft blicken, sehen sie doch, dass es Zeit ist, zu handeln". Es sei die Aufforderung an die ältere Generation spürbar, jetzt etwas zu tun.

Das gestiegene Bewusstsein junger Menschen für Umweltprobleme und ihre Bereitschaft, Unmut darüber kundzutun, sind zentrale Ergebnisse der Studie.

Das gestiegene Bewusstsein junger Menschen für Umweltprobleme und ihre Bereitschaft, Unmut darüber kundzutun, sind zentrale Ergebnisse der Studie.

"Es geht nur gemeinsam mit den Jugendlichen"

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Franziska Giffey (SPD), sagte: "Die aktuelle Shell Jugendstudie zeigt, dass junge Menschen sich einbringen wollen und dass viele auf die Demokratie, eine offene Gesellschaft und ein geeintes Europa setzen. Dieses Vertrauen dürfen wir nicht verspielen. Es geht nur gemeinsam mit den Jugendlichen."

Die wichtigsten Einzelergebnisse der Studie hat idowa im Folgenden für Sie zusammengefasst:

1. Die Jugendlichen interessieren sich auch weiterhin sehr für Politik und meinen, politisches Engagement habe eine hohe Bedeutung. Besonders bei den Mädchen nimmt diese Auffassung stark zu, bleibt allerdings auf höher Gebildete beschränkt.

2. Ängste haben besonders in Bezug auf die Umweltprobleme zugenommen. Im Rahmen der Migrationsdebatte sorgen sich die Jugendlichen zudem stark um Ausländerfeindlichkeit - und deutlich weniger um Zuwanderung.

3. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen sowohl in West- wie auch in Ostdeutschland sieht die gesellschaftliche Zukunft eher positiv. 59 Prozent finden, dass es in Deutschland insgesamt gerecht zugeht.

4. 50 Prozent der Jugendlichen stehen der EU insgesamt positiv, nur acht Prozent bewerten sie negativ. Das Vertrauen in die Staatengemeinschaft hat eher zugenommen, sie steht bei Jugendlichen für Freizügigkeit, kulturelle Vielfalt und Frieden - aber auch zunehmend für wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Absicherung.

5. Jugendliche stimmen bestimmten rechtspopulistischen Botschaften zu - zwei Drittel etwa der Aussage, man dürfe nichts Negatives über Ausländer sagen, ohne als Rassist bezeichnet zu werden. Besser gebildete und westdeutsche Jugendliche sind etwas weltoffener als geringer gebildete Ostdeutsche.

6. Die Ablehnungswerte gegenüber verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Minderheiten liegen unter 20 Prozent, die Jugendlichen zeigen sich also sehr tolerant und einer "bunten Gesellschaft" gegenüber aufgeschlossen.

Demokratie, Religion und Bildung

Jugendliche zeigen sich auch 2019 familienorientiert und verstehen sich gut mit ihren Eltern. Allerdings hängen auch ihre Bildungschancen sehr von ihrem Elternhaus ab.

Jugendliche zeigen sich auch 2019 familienorientiert und verstehen sich gut mit ihren Eltern. Allerdings hängen auch ihre Bildungschancen sehr von ihrem Elternhaus ab.

7. Mehr als drei Viertel der Jugendlichen sind mit der Demokratie zufrieden, etwa zwei Drittel kritisieren jedoch auch, dass die Politiker sich nicht um ihre Belange kümmern, was als Ursache für Politikverdrossenheit gesehen werden kann. Die Polizei, das Bundesverfassungsgericht und Umweltschutzgruppen genießen bei den jungen Menschen großes Vertrauen - Großunternehmen, Kirchen, Parteien und Banken dagegen weniger.

8. Die wichtigsten Werte sind für die Jugendlichen nach wie vor Freundschaft, Partnerschaft und Familie. Ein hoher Lebensstandard gilt als immer weniger wichtig, zugunsten von idealistischen, sinnstiftenden Werten. Allerdings steht auch persönliche Durchsetzungskraft hoch im Kurs.

9. Junge Menschen sind familienorientiert, sie verstehen sich gut mit ihren Eltern und sehen sie als Erziehungsvorbilder. Der Kinderwunsch ist stabil, zudem wünschen sich vor allem westdeutsche Männer und Frauen, dass der Mann der Haupt- oder Alleinversorger der Familie ist.

10. Weniger Jugendliche als 2015, aber mehr als 2002 sind Mitglied einer Religionsgemeinschaft. Der Islam und andere nicht-christliche Konfessionen werden dabei dem Christentum gegenüber wichtiger, der Anteil der Konfessionslosen stagniert. Nur für ein Drittel der Befragten ist der Glaube an einen Gott aber auch tatsächlich wichtig.

11. Das Gymnasium ist unangefochten die populärste Schulform und unter den Mädchen sogar schon die Schule, die von einer absoluten Mehrheit besucht wird. Entsprechend ist das Abitur der mit Abstand am häufigsten angestrebte Schulabschluss und der Trend zur akademischen Bildung nimmt weiter zu. Integrierte Schulformen, die in fast allen Bundesländern eingeführt wurden, verzeichnen die stärksten Zuwächse seit 2015, entsprechend weniger Jugendliche gehen auf eine Haupt- oder Realschule.

12. Die soziale Herkunft bestimmt nach wie vor in hohem Maße den Bildungserfolg: Bei Jugendlichen aus bildungsfernen Elternhäusern ist es nur halb so wahrscheinlich, dass sie das Abitur erreichen wie bei Jugendlichen aus gebildeten Elternhäusern. Allerdings ist die Bildungspolitik der letzten Jahre insofern erfolgreich, dass auch Jugendliche aus bildungsfernen Schichten das Abitur mittlerweile deutlich häufiger erreichen als früher.