München/Schrobenhausen

BRK fordert Entschädigung für Verdienstausfall der Flüchtlingshelfer


Der frühere Präsident des bayerischen Sparkassenverbandes und amtierende Präsident des BRK, Theo Zellner (CSU).

Der frühere Präsident des bayerischen Sparkassenverbandes und amtierende Präsident des BRK, Theo Zellner (CSU).

Von Katharina Binder

Fast 4.000 freiwillige Helfer des Bayerischen Roten Kreuzes haben in der Flüchtlingskrise bisher zusammengerechnet 150.000 Stunden gearbeitet. Sie sind am Ende ihrer Kräfte, sagt BRK-Präsident Zellner. Doch soll kein Migrant in der Kälte frieren müssen.

Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) fordert vom Staat eine Entschädigung für den Verdienstausfall seiner Tausenden freiwilligen Helfer in der Flüchtlingskrise. Zudem sollten die Geschäftsstellen der Hilfsorganisation mehr hauptamtliche Stellen bekommen, sagte BRK-Präsident Theo Zellner im Interview der Deutschen Presse-Agentur. 3800 ehrenamtlich tätige Helfer haben seit Sommer 2014 an die 150 000 Stunden für Migranten gearbeitet. Dafür fehlen viele am eigentlichen Arbeitsplatz. Bei der BRK-Landesversammlung an diesem Samstag in Schrobenhausen will Zellner Forderungen an die Politik stellen.

Die Bewältigung der Flüchtlingskrise wäre ohne ehrenamtliche Helfer nicht möglich. Wie viele BRK-Helfer waren bisher im Einsatz?
Theo Zellner: Unsere Leute sind ja seit Sommer 2014 quasi im Dauereinsatz in der Ertüchtigung von Notunterkünften, Erstaufnahmeeinrichtungen und Unterkünften des Winternotfallplanes der Staatsregierung. Dabei waren über 3800 unserer Helferinnen und Helfer im direkten Einsatz.

Wo liegen die Schwerpunkte?
Zellner: Seit dem Spätsommer 2015 hat sich der Schwerpunkt unserer Arbeit in die Grenzregionen zu Österreich verlagert. Hier sind in den Landkreisen Berchtesgadener Land, Passau, Rottal-Inn und Freyung-Grafenau in den Spitzenzeiten Nacht für Nacht etwa 500 Helferinnen und Helfer des BRK im Einsatz.

Wie viele Stunden haben die ehrenamtlichen Helfer zusammengerechnet schon geleistet?
Zellner: Wir haben keine vollständige Erfassung, weil viele unserer Leute einfach helfen und keine Stempelkarte ausfüllen. Aber es sind gewiss über 150 000 ehrenamtliche Helferstunden, die unsere Leute geleistet haben.

Wie lauten Ihre Forderungen an die Politik zur Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise?
Zellner: Von der Politik fordern wir zunächst einmal eine vernünftige Begrenzung der Flüchtlingszahlen, um auch künftig unsere humanitäre Hilfe leisten zu können. Eine weitere Forderung ist, dass der Grenzübertritt von Österreich nach Bayern in geordneten Bahnen verläuft und das Chaos an den Übergangsstellen aufhört.

Brauchen Sie mehr Leute zur Bewältigung der Flüchtlingskrise?

Zellner: Wir fordern eine vernünftige Ausstattung mit hauptamtlichen Stellen in jedem BRK-Kreisverband und eine unbürokratische Entschädigung der ehrenamtlichen Helfer für ihren Verdienstausfall.

Bekommen die Helfer zunehmend Probleme, für die ehrenamtliche Tätigkeit von ihrer eigentlichen Arbeit freigestellt zu werden?
Zellner: Die Dauer dieses Einsatzes macht uns allen zu schaffen. Anders als im Rettungsdienst und bei den Feuerwehren haben die Asylhelfer keinen gesetzlichen Freistellungsanspruch. Die Arbeitgeber waren lange Zeit sehr geduldig und verständnisvoll, das kippt aber gerade.

Verlieren die Arbeitgeber die Geduld?
Zellner: Unsere Leute berichten, dass ihre Chefs zunehmend darauf drängen, dass unsere Helferinnen und Helfer wieder an die Arbeitsplätze zurückkehren, für die Einsätze Urlaub nehmen oder nur noch am Wochenende einspringen. Deshalb fordern wir von der Politik auch mehr hauptamtliche Kräfte.

Wie lange können Ihre Leute noch durchhalten?
Zellner: Wir sind schon langsam am Ende unserer Kräfte, vor allem in den Grenzregionen. Hier beruhigt sich die Situation zwar etwas, aber der Winter hat noch nicht einmal angefangen. Trotz aller Belastung werden wir niemanden unversorgt in der Kälte stehen lassen. Auf das Rote Kreuz ist Verlass, unsere Leute haben einen sehr hohen Anspruch an sich selbst.

ZUR PERSON: Theo Zellner (66) ist seit 2014 BRK-Präsident. Zuvor war der Oberpfälzer Präsident des Sparkassenverbandes Bayern. Von 1996 bis 2010 war der verheiratete Familienvater Landrat in seinem Heimatlandkreis Cham, von 2000 bis 2010 Präsident des Bayerischen Landkreistages. Dem BRK gehört Zellner seit 1989 an.